Landtag weiterhin eine Großbaustelle
Nacharbeiten dauern voraussichtlich bis Sommer 2019
2654 45919 2671 56769 2696 12836 2656 12076 HANNOVER – Kurz glaubten die Mitarbeiter in der Poststelle des Landtags bei dem lauten Knall an einen Pistolenschuss. Nach dem ersten Schrecken wurde klar: Eine Glastür hatte mit Knalleffekt ihren Dienst quittiert. Auch mehr als ein Jahr nach der Eröffnung des runderneuerten Landtags in Hannovers Innenstadt ist das niedersächsische Parlament eine Baustelle: Hinter den Portikussäulen des Leineschlosses klemmt es noch an vielen Stellen.
Besucher hatten es schon mit streikenden Türen, stickiger Luft auf der Tribüne oder schlechter Akustik zu tun. Nichts Ungewöhnliches bei einem Projekt dieser Größenordnung, heißt es aus dem für das Baumanagement zuständigen Finanzministerium. Immerhin hatte der etwa dreijährige Umbau knapp 60 Millionen Euro gekostet – da sei „Nachjustierungsbedarf“normal. Bei dem Umbau wurden etwa 4000 Kubikmeter Beton, 350 Tonnen Stahl und 300 Kilometer Kabel verbaut. Das gesamte Innenleben des 1962 eröffneten und unter Denkmalschutz stehenden Saals war ausgetauscht worden, aus dem fensterlosen Klotz wurde ein lichtdurchflutetes Parlament. Insbesondere bei der Leittechnik muss nachprogrammiert werden. Ein Experte soll zudem klären, warum einige Türen immer wieder ein zickiges Eigenleben entwickeln.
Insgesamt gibt sich das Ministerium aber optimistisch: Von 75 ausgeschriebenen Einzelgewerken für den Plenarsaal stehe nur bei zweien noch die Schlussabnahme aus. Dabei gehe es um „Restleistungen bei den Wandbekleidungen sowie dem Tor zum Behindertenaufzug“, sagte eine Ministeriumssprecherin.
Wenn alle Gewerke schlussgerechnet seien, könne auch abgenommen werden. „Damit ist im Laufe des kommenden Jahres zu rechnen“, sagte die Sprecherin. Allerdings gibt es noch zahlreiche Mängel: Etwa 350 waren es zunächst, inzwischen seien „aktuell noch rund 50 in der Abarbeitung“. Teilweise geht es um Kleinkram wie kaputte Garderobenhaken, lose Trennschienen oder kleine Schäden an Wänden und Fußböden.
Es gibt aber auch größere Probleme: So müssen die Unterdecken in den Fluren noch mal überarbeitet werden: In ihnen verlaufen Leitungen, an deren Hitzebeständigkeit Zweifel bestehen. In der Sommerpause 2019 sollen die letzten Leitungen ausgetauscht werden. Dann dürfte auch die Bestuhlung im Plenarsaal überarbeitet werden. Die Stühle der Abgeordneten sind auf Schienen montiert, die den Sitz bei Nichtnutzung an den Tisch bugsieren. Doch das erweist sich als unpraktisch: Stehen die Parlamentarier beispielsweise für eine Gedenkminute auf, drückt der Stuhl gegen die Beine. Dieser Umbau ist aufwendig.
Der Steuerzahler soll dafür übrigens nicht zur Kasse gebeten werden: „Die Kosten werden den Verursachern des Mangels in Rechnung gestellt“, sagte die Ministeriumssprecherin. Apropos Geld: Offen ist noch ein großer Gerichtsstreit aus der Bauzeit. Der damalige Finanzminister Peter-Jürgen Schneider und der frühere Landtagspräsident Bernd Busemann hatten 2016 der ersten Lüftungsfirma gekündigt. Inzwischen stehen sich Land und Unternehmen vor dem Landgericht Hannover gegenüber. Ein Urteil dürfte aber erst fallen, wenn der Landtag längst fertig ist.