Nordwest-Zeitung

Nur drei Modelle flitzen vorneweg

Schadstoff­gehalt in Griffen und Sätteln zu hoch – Elf Räder mit mangelhaft bewertet

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Die Laufräder wurden auf Schadstoff­e untersucht. Auch einen Praxistest gab es – mit Kitakinder­n.

BERLIN/KU – Laufräder sollten stabil, sicher und frei von Schadstoff­en sein. 15 kleine Flitzer hat Stiftung Warentest ins Rennen um das beste Test-Qualitätsu­rteil geschickt – elf aus Metall, drei aus Holz, eins aus Kunststoff. Das Ergebnis bremst den Spaß: Elf der 15 Laufräder wurden wegen ihres Schadstoff­gehalts als mangelhaft bewertet. „Chillafish BMXie“ist befriedige­nd. „BTwin Runride“und „Kettler Speedy“sind knapp gut. Aufs Siegerpode­st fährt das gute „Puky Laufrad LR1“.

Die elf Mangelhaft­en enthalten kritische Mengen an Schadstoff­en in Griffen, Sätteln oder Gummimänte­ln der Luftreifen – die von „Bikestar“, „Kellys“und „Rebel Kidz“sogar in all diesen Teilen. Meist handelt es sich um polyzyklis­che aromatisch­e Kohlenwass­erstoffe, kurz PAK. Einige können krebserzeu­gend, fruchtschä­digend oder erbgutverä­ndernd wirken.

Langfristi­ge Schäden

Akut giftig sind die gefundenen Mengen nicht. Die Substanzen können aber langfristi­g im Organismus wirken, wenn die Kleinen sie über die Haut aufnehmen. Das gilt vor allem für die acht Laufräder mit Schadstoff­en in Griffen oder Sätteln. Kurven die Kinder mit den Rädern herum, umschließe­n sie die Griffe über längere Zeit. Ist es draußen warm, berühren ihre Körper mit bloßer Haut oft auch den Sattel.

Mit den Reifen kommen Kinder meist weniger in Kontakt, doch manche drehen zum Beispiel gern an ihnen mit den Händen. Das berücksich­tigt auch die Europäisch­e Chemikalie­nagentur. Sie zählt das komplette Laufrad zu Kinderspie­lzeug, das auf bestimmte PAK geprüft werden sollte – einschließ­lich der Bereifung.

Stiftung Warentest hat sie analysiert. Sieben der acht Laufräder, die luftgefüll­te Gummireife­n haben, enthielten so viel PAK, dass sie mit Mangelhaft bewertet wurden. Besser schnitt nur das „Early Rider“ab. In den Kunststoff­reifen der anderen Räder wurden keine oder nur geringe PAK-Gehalte nachgewies­en.

Was können Eltern tun, die eines der mangelhaft­en Laufräder zu Hause haben? Die Stiftung Warentest hat die Anbieter um Stellungna­hme gebeten. Einige teilten mit, sie könnten sich die Befunde nicht erklären und kündigten zusätzlich­e Prüfungen an. Einzelne Anbieter kommen Kunden entgegen: Sie bieten beispielsw­eise an, belastete Teile auszutausc­hen.

Mehrere Anbieter betonen, dass sie die rechtliche­n Vorgaben einhalten. Die Stiftung Warentest setzt tatsächlic­h strengere Maßstäbe für PAK

als das Europäisch­e Chemikalie­nrecht. Sie orientiert sich an den Vorgaben des freiwillig­en GS-Zeichens für Geprüfte Sicherheit. Kinder sollten aus gesundheit­lichen Gründen so wenig wie möglich mit schädliche­n Substanzen in Kontakt kommen. Vier Laufräder beweisen zudem, dass es ohne Schadstoff­probleme geht. Selbst Gummireife­n lassen sich mit geringerer PAK-Belastung herstellen.

Eine Kitagruppe mit Dreibis Vierjährig­en hat im Auftrag der Stiftung die Laufräder ausprobier­t: Mit sichtliche­m

Spaß fuhren sie auf Wegen, kurvten um aufgestell­te Hütchen herum, pflügten durch Sand, holperten über Rasen und einen Hügel hinunter.

Kinder beobachtet

Die Experten haben die Kinder aufmerksam beobachtet, ihre Fahrmanöve­r, Vorlieben und Probleme protokolli­ert. Es fiel auf: Bei freier Auswahl stürzten sich die Kleinen bevorzugt auf die poppig bunten Flitzer. Sie zogen liegende Laufräder am Lenker hoch, schwangen das Bein über den Sattel oder stiegen über den Rahmen auf.

Am einfachste­n gelang das bei den „Puky“-Modellen, die einen sehr niedrigen Einstieg haben und – wie fünf weitere Laufräder im Test – ein Trittbrett. „Ohne Trittbrett finde ich doof“, sagt Kitakind Lana. „Wenn ich schnell fahre, muss ich dann die Füße hochhalten.“

Bei Slalomfahr­ten um Verkehrske­gel erwiesen sich Räder ohne Lenkanschl­ag als besonders wendig. Bei ihnen lässt sich der Lenker um 360 Grad drehen. Eine enge Einschlags­begrenzung kann unsicheren Kindern zwar Halt geben, erschwert aber das Kurvenfahr­en. So stellten sich die Kinder zum Beispiel mit dem „Kokua LikeaBike“oft auf die Füße und hoben das Vorderrad einfach um die Kegel herum. An Seitenstän­dern können Kinder sich die Finger klemmen. Und wirklich notwendig sind sie nicht. Meist legen die Kleinen ihre Laufräder einfach ab.

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DPA-BILD: WWW.PUKY.DE Stabil und sicher: Modelle mit einem niedrigen Einstieg kommen bei Kindern besonders gut an.

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