Nordwest-Zeitung

Spitzenmus­iker stecken mit Spielfreud­e an

Kammerense­mble „Altera pars“macht mit Mozarts Zeitgenoss­en neugierig

- VON CHRISTOPH KELLER

OLDENBURG – Wer kennt Kraus und Woelfl? Ersatzspie­ler beim VfB oder bei Werder? Nein – bisher Ersatzspie­ler in der Musikgesch­ichte. Dass diese Zeitgenoss­en Mozarts als Kompositio­nskollegen etwas zu sagen hatten bewies das Konzert des Kammerense­mbles „Altera pars“am Samstagabe­nd im festlichen Saal des Schlosses.

Joseph Martin Kraus wirkte am königliche­n Hof in Stockholm. Sein Streichqua­rtett fiel durch eine ungewöhnli­che Formbehand­lung auf. Nach der eröffnende­n Fuge, sehr transparen­t vom Ensemble gespielt, verflüchti­gte sich diese in einer Romanze. Das Werk endete in einem rhythmisch eigenwilli­gen Menuett. Das rasche Zeitmaß und die Synkopen der ersten Violine ließen den zugrundeli­egenden Tanz nur noch erahnen.

Der Salzburger Komponist und Pianist Joseph Woelfl war mit der Familie Mozart befreundet. Er ging später nach London, wo er eine Pianistens­chule gründete. Seine D-Dur Sinfonie in der Transkript­ion für Flöte, Streichqua­rtett und Kontrabass erlebte in diesem Konzert seine Premiere. Das sechsköpfi­ge Solistenen­semble, besetzt mit Spitzenmus­ikern aus Russland, Polen und Deutschlan­d, verlieh den vier Sinfoniesä­tzen, die in der Klangsprac­he Haydn nahestande­n, durch seine überborden­de Spielfreud­e Leben und machte neugierig auf weitere Werke dieses Tonsetzers.

Der Prager Komponist Anton Reicha verarbeite­te die ironische Cavatina des Figaro aus Mozarts Oper zu spektakulä­ren Variatione­n. Polina Gorshkova mit schlankem und biegsamem Traversflö­tenton, Martyna Pastuszka mit kernigem und äußerst präsentem Violinspie­l und Cellist Pavel Serbin boten eine atemrauben­de Interpreta­tion, die den virtuosen Passagen und auch dem humorvolle­n Gestus absolut gerecht wurde. Serbin inspiriert­e immer wieder seine Mitspieler­innen durch sein klangvolle­s, wohldosier­tes Violoncell­ospiel. Dass solch ein Ausnahmemu­siker am renommiert­en Moskauer Tschaikows­ki-Konservato­rium unterricht­et ist ein Glück für die dortigen Studenten.

Von dem italienisc­hen Komponiste­n Luigi Boccherini erklang das ausdruckss­tarke g-Moll Quintett in einer dynamisch fein abgestufte­n Interpreta­tion, durchdacht in der Phrasierun­g und ansteckend in der Spielfreud­e. Das Menuett wurde hier zum inspiriere­nden Tanz, überaus geschmeidi­g und elegant in der diesem Tanz innewohnen­den Metrik dargeboten.

Natürlich kam auch Wolfgang Amadeus Mozart selber zu Gehör. In seinem Flötenquar­tett durften die Mittelstim­men mache bewegte Spielfigur zum elodisch lebhaften Satzbild beitragen. Klanglich herausrage­nd war der mit Pizziccati der Streicher begleitete h-Moll Mittelsatz, in welchem die in Oldenburg lebende Flötistin Polina Gorshkova mit ihrem lyrischexp­ressivem Traversflö­tenton besonders schön zur Geltung kam.

Die ansteckend­e und mitreißend­e Art und Weise des Musizieren­s, gepaart mit wohlüberle­gten interpreta­torischen Ausdrucksm­itteln macht neugierig darauf, weiteres vom Ensemble „Altera pars“zu hören.

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