Gallisches Leiden
W as für ein Aufruhr in Frankreich! Doch in der Gelbwesten-Revolte kollidieren nicht etwa grundsätzlich unterschiedliche Vorstellungen über den politischen Kurs. Es schlagen da vielmehr zwei Flügel des gleichen staatsgläubigen Grundkonsenses aufeinander ein und illustrieren damit, wie paradox es in der französischen Politik zugeht.
Präsident Emmanuel Macron will angeblich die verkrusteten Strukturen seines Landes aufbrechen. Dabei greift er jedoch tief in die Mottenkisten des Etatismus. Er erhöht Steuern. Das war noch immer das beste Mittel, private Initiative besonders effektiv zu unterbinden. Die Gelbwesten auf der anderen Seite – eine kuriose Querfront von Anarchisten bis Front National – sind gegen Steuererhöhung. Sie erwarten aber ein Füllhorn staatlicher Wohltaten, es geht da um Erhaltung und Ausbau üppiger Sozial- und Rentenleistungen. Darüber hinaus dreht es sich auch um tief verwurzelte Stil- und Klassenfragen. Macron nämlich hat sich als eine typische Gestalt des gallischen Politpanoptikums entpuppt: als abgehobener Bourgeois. Kaum etwas können gewisse Segmente des französischen Volkes, in denen der historische Geist des Aufruhrs noch brennt, weniger ertragen. Und so wartet das arme, sklerotische Frankreich noch immer auf den volksnahen Anti-Etatisten, der es schafft, ihm Beine zu machen.
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