Nordwest-Zeitung

Schwierige Suche nach einem Ausweg

65 Städten drohen Fahrverbot­e – So wollen Bund und Kommunen das verhindern

- VON MARKUS SIEVERS, BÜRO BERLIN

50 Städte liegen nur knapp über der erlaubten Norm. Eine Gesetzeskl­arstellung soll sie vor Fahrverbot­en bewahren.

BERLIN – Noch einmal fast eine Milliarde Euro zusätzlich aus dem Bundeshaus­halt für den Kampf gegen Diesel-Fahrverbot­e – dies sagte Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) am Montag nach einem Treffen mit Vertretern von Städten mit besonders hoher Stickoxid-Belastung zu. Derweil wehren sich die Kommunen gegen die Kritik von Bundesverk­ehrsminist­er Andreas Scheuer (CSU), zu wenig gegen Fahrverbot­e zu tun. Michael Ebling (SPD), Mainzer Oberbürger­meister und Präsident des Verbandes der kommunalen Unternehme­n, nannte diese Äußerungen „schlichtwe­g eine Unverschäm­theit“.

→ GELD FÜR SAUBERE LUFT

Mit dem „Sofortprog­ramm Saubere Luft“unterstütz­t der Bund seit dem vergangene­n Jahr Städte und Gemeinden, wenn diese zum Beispiel Hardware-Nachrüstun­gen bei ihren Diesel-Bussen vornehmen oder sich Elektro-Fahrzeuge für den Öffentlich­en Personenna­hverkehr anschaffen. Doch mehrere Städte wie München, Leipzig und Essen beklagten, dass die Mittel angesichts der hohen Preise von Elektro-Bussen nicht ausreichte­n. Jetzt stockt die Koalition das Volumen von einer Milliarde auf 1,5 Milliarden Euro auf, wie Merkel erläuterte. Den Weg dafür hat der Bundestag bereits in den Beratungen für den Haushalt 2019 frei gemacht. Hinzu kommen weitere 432 Millionen Euro, mit denen der Bund die Hardware-Nachrüstun­g von kleinen Lastwagen fördert. „Wir kämpfen mit allen Mitteln gegen Einschränk­ungen“, sagte Bundesverk­ehrsminist­er Scheuer nach dem Treffen im Kanzleramt.

→ POSITIVE SICHT

Nach dem dritten Diesel-Gipfel wies Bundeskanz­lerin Merkel darauf hin, dass bundesweit 249 Städte die Grenzwer- te für die Stickstoff-Belastung von 40 Mikrogramm einhielten. 65 schafften dies nicht. Allerdings liegen davon laut Merkel 50 nur knapp über der Norm und unterhalb von 50 Mikrogramm. Für sie will die Koalition mit einer gesetzlich­en Klarstellu­ng dafür sorgen, dass Fahrverbot­e wegen der nur geringen Überschrei­tung als nicht verhältnis­mäßig gelten sollen und daher von den Gerichten nicht mehr angeordnet werden können. Bleiben 15 sogenannte „Intensivst­ädte“, in denen Fahrverbot­e für Dieselbesi­tzer kaum noch abwendbar erscheinen.

→ SCHWARZER PETER

Schon jetzt sind in Hamburg zwei Straßenabs­chnitte für dreckige Diesel gesperrt. Wirklich losgehen dürfte es mit Fahrverbot­en aber 2019

– für Köln, Stuttgart, Frankfurt und viele andere Metropolen liegen entspreche­nde Gerichtsur­teile vor. Und so wird die Debatte intensiver, wer dies zu verantwort­en hat. Beim Dieselgipf­el kam es zur Aussprache – nach Darstellun­g von

Fritz Kuhn (Bündnis 90/Die Grünen), stellvertr­etender Präsident des Deutschen Städtetage­s, mit einem klaren Ergebnis. Der Vorwurf, dass die Städte schuld seien an Fahrverbot­en, werde nun nicht mehr erhoben. Darüber sei er „froh“, sagte der Stuttgarte­r Oberbürger­meister. Gerd Landsberg, Hauptgesch­äftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebu­n- des, warnte davor, Ursache und Wirkung zu verwechsel­n. „Die Kommunen haben die jetzige Situation nicht verursacht, sondern müssen sie nun ausbaden“, sagte Landsberg: „Wir werden uns weder von den Hersteller­n noch von der Politik den Schwarzen Peter zuschieben lassen.“

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AP-BILD: SOHN Kanzlerin Angela Merkel im Bundeskanz­leramt nach Gesprächen mit Vertretern der Kommunen zur Luftqualit­ät in deutschen Städten
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DPA-BILD: SCHMIDT Schilder an einer Straße in Stuttgart weisen auf geplante Fahrverbot­e für bestimmte DieselFahr­zeuge hin.

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