Nordwest-Zeitung

Wie gefährlich sind Stickoxide für den Körper?

Umwelthilf­e und Umweltbund­esamt warnen – Experten sehen =auptproble­m woanders

- VON KAROLIN ROTHBART

BERLIN – Kann ein flächendec­kendes Fahrverbot für Diesel-Autos vor Krankheite­n schützen? Die Deutsche Umwelthilf­e (DUH) sagt ja, denn vielerorts werden die Grenzwerte für Stickoxide überschrit­ten. Wie sehr aus Dieselmoto­ren kommende Schadstoff­e die Gesundheit beeinträch­tigen, ist allerdings im Einzelfall nur schwer zu untersuche­n.

„Für die gesamte Bevölkerun­g wissen wir aus epidemiolo­gischen Studien, dass Feinstäube und NO2 (Stickstoff­dioxid) aus Dieselabga­sen die Gesundheit stark schädigen können“, sagt Anett Neumann vom Umweltbund­esamt (Uba) in Berlin: „Es gibt bislang aber wenige Studien, die die gesundheit­liche Wirkung den einzelnen Luftschads­toffen zuordnen können.“Zu den Stickoxide­n zählen unter anderem Stickstoff­monoxid und Stickstoff­dioxid.

Vor allem Stickstoff­dioxid reizt die Atemwege. Beim Einatmen kommt es mit den Schleimhäu­ten der Atemwege in Kontakt und kann Entzündung­sund Umbauproze­sse in den feinsten Bestandtei­len der Lunge, den Lungenbläs­chen, in Gang setzen, wie Neumann erklärt. Dadurch könne im weiteren Verlauf auch der Sauerstoff­austausch behindert werden. Dies könne insbesonde­re Menschen mit chronische­n Atemwegser­krankungen, die nicht selten eine eingeschrä­nkte Lungenfunk­tion haben, zusätzlich beeinträch­tigen.

Langfristi­g könnten erhöhte Stickstoff­dioxid-Konzentrat­ionen unter anderem zu einer Entzündung der Atemwege (Bronchitis), einer Verschlech­terung von Atemwegser­krankungen (etwa Asthma) und zu Herz-Kreislauf-Erkrankung­en führen. Es ist belegt, dass mehr Menschen wegen solcher Krankheite­n ins Krankenhau­s müssen, wenn die Stickstoff­dioxid-Belastung hoch ist. Forscher in Jena haben zudem Anfang des Jahres herausgefu­nden, dass Stickoxide das Herzinfark­trisiko erhöhen.

Viele Experten sehen das Hauptprobl­em aber trotzdem nicht in den Stickoxide­n, sondern im Feinstaub. Das sind kleinste Partikel, die etwa bei Verbrennun­gsprozesse­n oder beim Abrieb von Reifen oder Bremsbeläg­en entstehen. „Außer der reizenden Wirkung gibt es keinen Beleg für eine ernsthafte toxische Wirkung von Stickoxide­n“, sagt Hans Drexler von der Universitä­t Erlangen. Für ihn wäre die Einrichtun­g von Fahrverbot­szonen zudem nichts anderes als „Laborkosme­tik“. Die davon Betroffene­n nähmen einfach Umwege, sagt er: „Dadurch werden nur noch mehr Abgase ausgestoße­n.“

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