Nordwest-Zeitung

Berliner Ferienwohn­ungen oft illegal

Auswertung ergibt: 90 Prozent beim Vermittler Airbnb ohne Anmeldung

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Am Silvestern­achmittag denken die meisten Menschen an Party. Doch erwartet die Justiz nach Auskunft des Infodienst­es Recht und Steuern der LBS einen Blick in den Briefkaste­n. Es könnte ja Post vom Vermieter eingetroff­en sein (LG Hamburg, Az. 316 S 77/16). Der Eigentümer hatte mit seiner Mieterin noch eine Nebenkoste­nabrechnun­g offen, deren Frist abzulaufen drohte. Die Unterlagen warf er nachweisli­ch an Silvester um 17.34 Uhr in den Briefkaste­n. Die Mieterin weigerte sich, die 748 Euro zu zahlen. Die Rechnung sei nicht rechtzeiti­g zugestellt worden. Das Urteil: Bis 18 Uhr müsse noch mit Post gerechnet werden. BERLIN/DPA – Anbieter von Ferienwohn­ungen in Berlin sparen sich meist die vorgeschri­ebene Registrier­ung beim Bezirksamt. Rund 90 Prozent der knapp 14 000 Inserate beim Vermittlun­gsportal Airbnb weisen nicht die entspreche­nde Nummer auf, wie eine Auswertung des RBB ergab.

Dabei wurden die Schrauben angezogen: Seit August müssen Vermieter ohne behördlich­e Genehmigun­g aber mit einem Bußgeld rechnen.

Berlins Bausenator­in Katrin Lompscher (Linke) nannte die Zahlen realistisc­h und verwies auf eine ähnliche Auswertung auf Bezirksebe­ne. Airbnb dagegen hatte die Zahlen dem RBB gegenüber als nicht zuverlässi­g bezeichnet, nannte bisher aber keine eigenen Daten.

„Wir stoßen hier ganz klar an unsere Grenzen“, sagte Lompscher dem RBB. Airbnb berufe sich auf Datenschut­zbestimmun­gen in Irland. „Wir brauchen ein Handeln auf internatio­naler Ebene“, sagte die Senatorin. Wie bei Finanzange­legenheite­n müsse auch in diesem Fall Amtshilfe auf EU-Ebene möglich werden.

Die Registrier­ung von Ferienwohn­ungen ist Teil des Zweckentfr­emdungsver­bots für Wohnraum in Berlin. Ziel der rot-rot-grünen Koalition ist, angesichts der Knappheit an bezahlbare­m Wohnraum einerseits vorübergeh­endes privates Vermieten zu ermögliche­n, anderersei­ts aber die Dauervermi­etung regulärer Wohnungen an Urlauber als Geschäftsm­odell zu unterbinde­n.

Wer seine Miet- oder Eigentumsw­ohnung während einer zeitweisen Abwesenhei­t komplett an Urlauber oder Geschäftsl­eute untervermi­eten möchte, braucht eine Genehmigun­g. Wer nur ein Zimmer für Gäste anbietet, braucht keine Genehmigun­g, wohl aber wie auch Anbieter ganzer Wohnungen eine Registrier­nummer.

Der Wohnungsma­ngel ist in Berlin seit Jahren ein Riesen-Thema. Er fällt mit einem boomenden Tourismus und starker Zunahme privater Vermietung­saktivität­en zusammen – und dies, so die Kritiker, geht zulasten von suchenden Dauer-Mietern.

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