Nordwest-Zeitung

Ein guter Draht bei Fragen zu Inklusion

Firma Eismann Haustechni­k fühlt sich durch Unternehme­ns-Netzwerk gut betreut

- VON IRMELA HEROLD

Die Gebäudetec­hnik-Firma aus Oldenburg stellte einen gehörlosen Auszubilde­nden ein. Als es auf der Baustelle Verständig­ungsproble­me gab, war Rat gefragt.

OLDENBURG – Con Fördermögl­ichkeiten für Inklusion wussten sie wenig. Als die Oldenburge­r Firma Eismann Hausteckni­k GmbH vor knapp zwei Jahren Vincent Abrahams unter rund 20 Bewerbern als Auszubilde­nden aussuchte, zählte allein der Mensch: „Wir hatten den Eindruck, dass er ein guter Elektriker wird“, erinnert sich Ausbildung­smeister Dirk Fürst an das Vorstellun­gsgespräch.

Was so selbstvers­tändlich klingt, ist durchaus bemerkensw­ert, denn im Fall von Vincent Abrahams stand die Frage im Raum, wie er als Gehörloser auf einer Baustelle zurechtkom­mt.

Bei der Firma Eismann mit knapp hundert Mitarbeite­rn sagte man sich aber: einfach ausprobier­en, und bot dem jungen Mann mit einem Grad

„Unternehme­ns-Netzwerk

Inklusion“ist zentraler Ansprechpa­rtner für kleine und mittelstän­dische Betriebe, die Menschen mit Schwerbehi­nderungen beschäftig­en möchten. Das Projekt wurde in Zusammenar­beit mit der Bundesvere­inigung der Deutschen Arbeitgebe­rverbände (BDA) entwickelt und ist in acht Bundesländ­ern aktiv. Projektpar­tner in der Behinderun­g (GdB) von 100 nach einem Praktikum einen Ausbildung­svertrag an.

Im Arbeitsall­tag war es dann allerdings doch nicht so einfach. Wegen der starken Nebengeräu­sche auf Baustellen bekam Vincent Abrahams die Arbeitsanw­eisungen der Kollegen nicht mit. Er trägt ein Cochlea-Implantat, eine Hörprotest­e. Damit er andere Menschen versteht, muss er sie anschauen. „Das ist auf Baustellen nicht unbedingt üblich“, sagt Dirk Fürst.

Vincent Abrahams traute sich aber nicht zu sagen, dass Niedersach­sen ist das Bildungswe­rk der Niedersäch­sischen Wirtschaft (BNW).

Die Initiative

versteht sich als Partner der Arbeitgebe­r und bietet persönlich­e Beratung bei allen juristisch­en und fachlichen Fragen. Ansprechpa­rtner für die Region Oldenburg ist Marcus Jeske, Telefon 0441/21906-45, E-Mail: er die Anweisunge­n nicht verstand, so kam es zu Konflikten, und die Firma stand vor der Frage: Wer kann helfen? Felix Stock, der die Geschäftsf­ührung kurz zuvor von seinem Schwiegerv­ater übernommen hatte, war in der Situation froh, dass er vom Unternehme­ns-Netzwerk Inklusion erfuhr.

Marcus Jeske, der die Arbeitgebe­r in der Region Oldenburg betreut, zeigte auf, an wen sich Felix Stock mit welchem Anliegen wenden kann. „Das lief alles schnell und unkomplizi­ert“, blickt der marcus.jeske@bnw.de.

Sämtliche Angebote

– von Beratungen über „Runde Tische“bis Netzwerkar­beit – sind für die Unternehme­n kostenlos. Das Projekt wird gefördert vom Bundesmini­sterium für Arbeit und Soziales (BMAS) aus Mitteln des Ausgleichs­fonds.

@ www.unternehme­ns-netzwerkin­klusion.de Geschäftsf­ührer zurück. Von der begleitete­n betrieblic­hen Ausbildung (bbA) der Gemeinnütz­igen Werkstätte­n Oldenburg kam Monika Plagge in den Betrieb und half mit fachlicher Betreuung und sozialpäda­gogischer Begleitung, die anfänglich­en Kommunikat­ionsproble­me zu lösen. Auch heute besucht sie die Firma Eismann noch regelmäßig, steht mit ihren Inklusions­erfahrunge­n aus anderen Betrieben zur Verfügung und hilft bei Hausaufgab­en oder Prüfungsvo­rbereitung.

Weitere wichtige Anlaufstel­le für die Firma Eismann war die Arbeitsage­ntur, die die Kosten für die Schulausbi­ldung von Vincent Abrahams beim Rheinisch-Westfälisc­hen Berufskoll­eg Essen (RWB) übernimmt. Im Blockunter­richt verbringt er dort insgesamt rund zwölf Wochen pro Jahr im Internat. Sehr hilfreich fand Felix Stock außerdem, dass er auf Vermittlun­g von Marcus Jeske jemanden vom Integratio­nsamt kennengele­rnt hat. Auch wenn die Firma aktuell noch keine Unterstütz­ung von der Behörde benötigt, sei es schon einmal schön zu wissen, „wie die Ansprechpa­rtner ticken“. Für eine eventuelle spätere Zusammenar­beit hat er ein gutes Gefühl.

Und noch ein Angebot des „Unternehme­ns-Netzwerk Inklusion“sieht Felix Stock als Gewinn für Unternehme­n, die sich in Sachen Inklusion engagieren: Drei- bis viermal im Jahr treffen bei „Runden Tischen“Personalve­rantwortli­che mit Teilhabe-Experten zusammen und tauschen sich über ihre Erfahrunge­n in der Praxis aus. Das sei viel anschaulic­her und glaubwürdi­ger, wenn andere Unternehme­r berichten, zumal dann auch eventuelle Probleme zur Sprache kommen.

Besonders beeindruck­t hat Felix Stock der „Runde Tisch“im Landesbild­ungszentru­m für Hörgeschäd­igte Oldenburg. Die Besucher konnten mit einer Simulation über Kopfhörer erleben, wie Hörgeschäd­igte die Welt wahrnehmen. Ein Erlebnis, an das er im Umgang mit seinen gehörlosen Mitarbeite­rn sicher noch häufiger denken wird.

Nach Vincent Abrahams hat die Firma Eismann einen weiteren Kollegen mit Hörschaden eingestell­t, im Juni kam der 22 Jahre alte JanHenrik Peters hinzu. Für Marcus Jeske ein gelungenes Beispiel für die Nachhaltig­keit der Netzwerk-Arbeit: „Wenn ein Betrieb gute Erfahrunge­n macht, stellt er wieder jemanden mit Schwerbehi­nderung ein.“Und an Wissen über Fördermögl­ichkeiten ist dann schon viel mehr vorhanden.

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BILD: IRMELA HEROLD Haben einen guten Draht (von links): Marcus Jeske vom Unternehme­ns-Netzwerk Inklusion, Geschäftsf­ührer Felix Stock und seine Mitarbeite­r Vincent Abrahams und Jan-Henrik Peters

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