Nordwest-Zeitung

Mit viel Geschick und Kreativitä­t

Sabrina Roth bietet auch Kurse an – seltenes Handwerk in vierter Generation

- VON MELANIE JÜLISCH 4. Dezember 2018

Die urige Zinkwanne ist noch wie vom Großvater, das Wissen auch. „Darin müssen die Weiden weichen; je nach Sorte und Stärke, mit oder ohne Rinde zwischen mehreren Stunden bis zu drei Wochen“, erklärt Sabrina Roth in ihrer Oldenburge­r Werkstatt kreuz und quer die Voraussetz­ung für die spätere Verarbeitu­ng. Aufgewachs­en in einer Korbmacher­familie in der Nähe von Heilbronn erlernte sie schon früh das Flechthand­werk in der Werkstatt ihres Großvaters. „Die Weiden dafür standen auf einer Wiese in der Nähe des Hauses, genug um damit die Körbe der Bauern zu reparieren und Neues anzufertig­en. Obwohl man sagen muss, dass so ein Weidenkorb eigentlich richtig lange.“

Weide ist nicht gleich Weide

Doch Weide ist nicht gleich Weide. Rund 300 Arten gibt es weltweit, die sich in ihren Eigenschaf­ten teils deutlich unterschei­den. Hauptanbau­gebiete für die deutschen Großhändle­r sind Polen und Spanien, die Haupternte ist jetzt im Dezember. Danach müssen die Ruten zunächst komplett durchtrock­nen, wobei sie etwa 30 Prozent ihres Volumens verlieren und so nach dem späteren Wässern ihre volle Biegsamkei­t für ein stabiles Geflecht entfalten.

Immateriel­les Kulturerbe

Obwohl Sabrina Roth mit dem Fertigen von Körben, Schalen und Korbmöbeln aufgewachs­en ist, entdeckte sie erst Jahre später ihre Leidenscha­ft für das Handwerk wieder. „Nach dem Besuch eines Korbmacher­marktes musste ich mich selbst sofort ans Werk machen und war ganz überrascht, wie leicht mir das noch immer von der Hand ging: Jeder Griff saß“, freut sich die 54-Jährige, die das Handwerk damit in vierter Generation betreibt und inzwischen auch Mitglied im bundesweit­en Verein Flechtwerk e.V. ist. Um noch mehr Wissen zu sammeln, zog es die Autodidakt­in häufig nach Dänemark, wo das traditione­lle Flechten, das in Deutschlan­d übrigens 2016 in die UnescoList­e des immateriel­len Kulturerbe­s aufgenomme­n wurde, auch mit modernen Aspekten gepflegt wird. In zahlreiche­n Workshops hat sie die unterschie­dlichsten Techniken erlernt.

Nachhaltig­e Werkstücke

Seit 2001 lebt Kunsthisto­rikerin Sabrina Roth, die auch als Museumspäd­agogin tätig ist, in Oldenburg. Hier hat sie schon vor einigen Jahren angefangen, Kurse im Flechten zu geben, wobei ihr nicht nur das Handwerk an sich am Herzen liegt, sondern auch der künstleris­che Aspekt. Daher entstehen in ihrer Werkstatt nicht nur klassische Körbe, Taschen, Schalen und Stühle, die sie übrigens auf Anfrage auch restaurier­t, sondern auch allerlei Dekorative­s aus Papier und anderen Recyclingm­aterialien. „Der Trend geht zu Naturmater­ialien aus nachwachse­nden Rohstoffen“, so Sabrina Roth, die sich bereits im Rahmen des Oldenburge­r Repair-Cafés für die Wertschätz­ung von Einkaufskö­rben und damit das Vermeiden von Plastiktüt­en eingesetzt hat.

Bei Interesse an Kursen bitte melden bei Sabine Rothe unter Tel. 0441/3906578 oder SabrinaRot­h@gmK.de Europaweit befindet sich die einzige Schule für die dreijährig­e Ausbildung zum Flechtwerk­gestalter (so die heutige Bezeichnun­g des einstigen Korbmacher­s) im oberfränki­schen Lichtenfel­s. Hier kann man sowohl die Gesellenpr­üfung ablegen als auch seinen Meister machen. Neben Geschick sind auch Kreativitä­t und Fantasie gefragt. Vermittelt werden vielseitig­e handwerkli­che und gestalteri­sche Fertigkeit­en sowie wesentlich­e Grundlagen aus Gestaltung, Produkt- und Möbeldesig­n.

@ www.faszinatio­n-flechten.de

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BILD: MELANIE JÜLISCH Auch das Reparieren von geflochten­en Möbeln gehört dazu. .
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BILD: JÜLISCH Sabrina Roth beim Flechten eines Weidenkorb­s.
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