Nordwest-Zeitung

Heißer Konflikt unter der Erde

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Seit Jahren beklagen sich Israelis, die in unmittelba­rer Nähe zur libanesisc­hen Grenze wohnen, dass sie unterirdis­ches Graben hören. Ihre Stimmen wurden insbesonde­re laut, nachdem im Laufe des letzten Krieges 2014 zwischen Israel und der den Gazastreif­en regierende­n Hamas Terrororga­nisation das Ausmaß des Terrortunn­elnetzes aus Gaza nach Israel hinein bekannt wurde.

Hunderte Tunnel wurden von den Palästinen­sern über Jahre hinweg unter dem Gazastreif­en gegraben. Einige Dutzend in Richtung Israel, teilweise bis 40 Meter in die Tiefe gehend und mehrere Kilometer lang. Jeder dieser Tunnel kostet ein Vermögen. Mehrere Hundert Millionen Euro wurden ganz bewusst und strategisc­h von der Hamas-Führung in dieses unterirdis­che Spinnennet­z investiert. Doch es war verplemper­tes Geld. Zumindest die nach Israel gegrabenen Tunnel wurden zerstört und die wichtigste strategisc­he Waffe der Hamas somit eliminiert.

Jetzt passiert das gleiche Spiel im Norden, an der Grenze zum Libanon. Dort ist de facto die Hisbollah der Chef. Es handelt sich um eine Terrormili­z, die nicht nur parallel zu den libanesisc­hen Streitkräf­ten operiert, sondern sowohl militärisc­h, als auch (inoffiziel­l) politisch das Sagen hat. Man kann sie zudem als ver-

Arye Sharuz Shalicar

ist ein deutsch-iranisch-israelisch­er Politologe, ehemaliger Sprecher der ID Fund Abteilungs­leiter im Nachrichte­ndienst ministeriu­m im Büro des israelisch­en Ministerpr­ä- sidenten. Sein neues Buch„ Der Neu-Deutsche Antisemit“erschien vor wenigen Wochen.

längerten Arm des Iran betrachten.

Im Laufe der letzten Jahre hat sie ein aus dem Iran und Syrien stammendes Raketenars­enal mit über 100 000 Raketen im Südteil des Libanon installier­t. Jetzt kommt hinzu, dass gegenwärti­g aus dem Libanon nach Israel gegrabene Terrortunn­el auf israelisch­er Seite der Grenze von der Armee zerstört werden und diese Operation weitergeht. Mir bleibt keine andere Wahl als zu sagen: Hisbollah spielt mit dem Feuer! Die Gruppe scheint nicht verinnerli­cht zu haben, dass Israel rote Linien hat, die es einhalten wird, um seine Bevölkerun­g zu schützen. Komme was da wolle. Die Frage ist, ob eine Entwicklun­g in Richtung blutigen Konflikt zwischen Israel und dem Libanon (Ja, Libanon! Denn Hisbollah nimmt Teil in der Regierung des Zedernland­es!) noch aufhaltbar ist? Meiner Meinung nach nur, wenn Europa, unter Führung Deutschlan­ds, ein Machtwort spricht und die gesamte Hisbollah-Organisati­on auf die Terrorlist­e stellt, ohne einen Unterschie­d zwischen dem militärisc­hen und dem politische­n Zweig zu machen. Das würde ihnen den Wind aus den Segeln nehmen.

Falls das nicht geschieht, könnte es zu Gefechten kommen, mit dem Resultat einer weiteren Flüchtling­sbewegung aus dem Libanon nach Deutschlan­d. Angesichts der Realitäten in Europa und insbesonde­re in Deutschlan­ds, wäre dies sicherlich nicht wünschensw­ert.

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