Nordwest-Zeitung

Fast ein Drittel Wildpflanz­en gefährdet

Zustand in den vergangene­n 20 Jahren verschlech­tert – Hohe Nährsto11b­elastung

- VON ULRIKE VON LESZCZYNSK­I

Ackerwildk­räuter und Adonisrösc­hen lieben nährsto11a­rme Böden. Intensive Landwirtsc­ha1t mit viel Dünger kann ihre Standorte bedrohen.

BERLIN – In Deutschlan­d steht fast ein Drittel der heimischen Wildpflanz­en auf der Roten Liste gefährdete­r Arten. Das geht aus einem Bericht des Bundesamts für Naturschut­z (BfN) hervor, der am Mittwoch in Berlin vorgestell­t wurde. Danach sind 30,8 Prozent von insgesamt 8650 Farn- und Blütenpfla­nzen, Moose und Algen in ihrem Bestand gefährdet.

In den vergangene­n 20 Jahren habe sich damit der Zustand vieler Wildpflanz­enarten in Deutschlan­d gravierend verschlech­tert. Gezielte Natur- und Umweltschu­tzmaßnahme­n führten aber auch zu Verbesseru­ngen. So seien etwa die Kornrade und der Fransenenz­ian nicht mehr gefährdet. Insgesamt bleibe die Lage deshalb unveränder­t, heißt es im Bericht. Helfen gegen den Artenschwu­nd könnte vor allem eine naturvertr­ägliche Landwirtsc­haft.

Gründe für Verschlech­terungen sehen die Wissenscha­ftler in erster Linie in zu hohen Nährstoffb­elastungen. Das liege vor allem an Überdüngun­g in der Landwirtsc­haft sowie an Schadstoff­en in der Luft, etwa durch Autoabgase. So lieben zum Beispiel Arnika, Wiesen-Küchensche­lle, Ackerwildk­räuter und das mittlerwei­le vom Ausster- ben bedrohte Flammen-Adonisrösc­hen nährstoffa­rme Standorte. Dazu zählen auch Moore und Heiden. Bedrohte Pflanzen wachsen dort aber immer seltener, weil im Boden zu viele Nährstoffe wie Stickstoff oder Phosphor vorkommen – nicht selten eingeschwe­mmt aus landwirtsc­haftlich genutzten Flächen.

„Ohne eine drastische Änderung der Agrarpolit­ik in Brüssel und fundierten Gewässersc­hutz in Deutschlan­d bleibt die Lage dramatisch“, sagte Hubert Weiger, Vorsitzend­er des Umweltwelt­verbandes BUND. Der immense Einsatz von Pestiziden und die Überdüngun­g von Äckern müsse gestoppt werden. Unverzicht­bar sei auch die Einführung eines zehn Meter breiten schützende­n Streifens entlang von Gewässern.

Auch die Umweltstif­tung WWF sieht die Rote Liste als Mahnung. „Wir können es uns nicht leisten, über 30 Prozent der einheimisc­hen Pflanzen zu verlieren, denn sie sind die Grundlage zahlreiche­r Nahrungske­tten – letztlich auch der unseren“, sagte Vorstand Christoph Heinrich.

Verbesseru­ngen für die Pflanzen gab es laut BfN-Bericht, weil sich zum Beispiel die Luftqualit­ät änderte: Weil Kraftwerke weniger Schwefel ausstoßen, geht es nachweisli­ch Moosen besser, die auf Bäumen wachsen. Einigen Kieselalge­n-Arten hilft es, dass Seen nicht mehr so saures Wasser haben. Bei Farnund Blütenpfla­nzen ließ sich ein Schrumpfen der Bestände in den Gebieten aufhalten, die Schutzäcke­r oder Ackerrands­treifen haben.

Für ihre neue Rote Liste berücksich­tigten die Forscher Gefährdung­seinstufun­gen von sechs Pflanzengr­uppen: Farn- und Blütenpfla­nzen (4305 Arten), Moose (1195 Arten), im Süßwasser vorkommend­e Braun- und Rotalgen (34 Arten), Schlauchal­gen (45 Arten), Zieralgen (968 Arten) und Süßwasser-Kieselalge­n (2103 Arten).

 ?? DPA-BILD: PLEUL ?? Bunte Sommerblum­en blühen auf einem Feld im Landkreis Uckermark nahe Crossow (Brandenbur­g).
DPA-BILD: PLEUL Bunte Sommerblum­en blühen auf einem Feld im Landkreis Uckermark nahe Crossow (Brandenbur­g).

Newspapers in German

Newspapers from Germany