Isoliert vor aller Augen
Warum US-Präsident Trump bei der Bush-Trauerfeier geschnitten wurde
Offiziell ging es bei der Trauerfeier für George H.W. Bush in der Nationalkathedrale einmal nicht um Donald Trump. Die amerikanischen Medien sind sich in der Nachbetrachtung einig: Der Abschied vom 41. Präsidenten der USA, der in Texas beigesetzt wurde, war eine „perfekte zivilisierte Veranstaltung“, wie es das Magazin „politico“am Donnerstag beschrieb – frei von allen sonst vorhandenen politischen Spannungen. Dazu trugen auch die Reden bei, von denen vor allem der emotionale Abschied des Sohnes George W. Bush und dessen Tränen zum Ende der Ansprache in Erinnerung bleiben werden.
Und doch befand sich der amtierende Präsident, in der ersten Reihe direkt am Gang sitzend, während der gesamten Trauerfeier unter der Lupe der Beobachter vor Ort und von Millionen US-Bürgern. Das begann schon mit der Ankunft Trumps und der First Lady – als letzte der geladenen Gäste. Ein kurzer Händedruck Trumps mit seinem Vorgänger Barack Obama, den das Protokoll direkt neben Melania Trump platziert hatte. Es war der erste direkte Kontakt zweier Männer, die zwei Jahre lang nichteinander gesprochen hatten und deren gegenseitige tiefe Abneigung im Allwusst tag immer wieder hervorgetreten war. Von Bill Clinton – den Trump einst als FrauenMissbraucher gebrandmarkt hatte – gab es nur den Anflug eines Nickens, während Hillary Clinton – für die Trump bei Wahlkampfauftritten immer
wieder die Inhaftierung gefordert hatte – starr geradeaus blickte. Es war das Vermeiden von Augen- und Körperkontakt um jeden Preis – und ein eiskalter Moment, der sich so scharf von den warmherzigen Trauerreden abgrenzte.
Präsident Trump sei von Anfang an „ein Außenseiter“gewesen, bilanzierte die „Washington Post“. In der Tat hob er sich von seinen Amtsvorgängern und deren First Ladies immer wieder auch durch seine Körpersprache ab. Als die anderen ein Gebet sprachen, stand Trump stoisch und sagte kein Wort. Die meiste Zeit saß er jedoch, die Arme vor der Brust verschränkt. So, als wolle er die Worte, die vorne von den Trauerrednern gesprochen wurden, nicht zu nah an sich herankommen lassen: Begriffe wie Integrität, Charakterstärke, Ehrlichkeit und Mitgefühl. Nie fiel bei diesen Reden das Wort „Trump“, und be- sei auch von niemandem auf ihn Bezug genommen worden, hieß es später. Doch es war unmöglich, bei diesen Ansprachen nicht auch Vergleiche mit dem Status quo im Weißen Haus zu ziehen. So, als der Bush-Biograf und Memoirenschreiber Jon Meacham sagte: Die rote Linie im Leben des 41. Präsidenten sei gewesen, die Wahrheit zu sagen, nicht die Schuld bei anderen zu suchen, vergeben zu können und stets das Beste zu geben.
Selbst Trump wohlgesinnte Medien wie der Sender Fox News gaben sich am Ende keine Mühe mehr, die Außenseiter-Rolle des Präsidenten schön zu reden. „Es war, als hätte sich eine Eiseskälte auf die erste Reihe niedergelegt“, bemerkte Fox-Moderator Chris Wallace. Nur ein einziges Mal, gleich am Anfang, gab es einen kurzen heiteren Moment – bei dem Donald Trump keine Rolle spielte. Als George W. Bush die anderen Präsidentenpaare begrüßte, steckte er Michelle Obama ein Bonbon zu. Bush hatte dies bereits während der Trauerfeier für den Senator John McCain getan, und Michelle Obama hatte hinterher kommentiert: Bei offiziellen Funktionen sitze sie stets neben Bush, der „ein wunderbarer Mann, ein witziger Mann“sei.