Nordwest-Zeitung

Ier macht das Rennen?

Kurz vor der Wahl der neuen CDU-Spitze liegen die Nerven blank

- VON ANDREAS HERHOLZ, BÜRO BERLIN

Na3h 18 Jahren im Amt wirkt die s3heidende CDU-Chefin Angela Merkel fast gelöst. Dafür sind die Kandidaten für ihre Na3hfolge ho3hnervös, und ni3ht nur die.

HAMBURG – Donnerstag­nachmittag dann Abschied Teil eins. Warmer langer Applaus für Kanzlerin Angela Merkel im Nobel-Hotel Atlantic an der Außenalste­r. Das letzte Mal leitet die CDU-Chefin die Sitzungen von Vorstand und Präsidium, sagt „Tschüss“, wie es in Hamburg heißt.

Natürlich sei sie gespannt wie alle anderen auch, sagt Merkel bei ihrem Rundgang in der Messehalle, wo an diesem Freitag und Samstag der 31. CDU-Bundespart­eitag stattfinde­t – und ihr Nachfolger gewählt wird: CDU-Generalsek­retärin Annegret Kramp-Karrenbaue­r, ExUnionsfr­aktionsche­f Friedrich Merz oder Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn.

Gut 24 Stunden vor ihrem Abschied als Parteichef­in wirkt sie gelassen, beinahe befreit. 18 Jahre lang hatte sie das Amt inne, doch nun: Keine Spur von Wehmut, im Gegenteil. „Dankbar“sei sie für diese „lange, lange Zeit“, und natürlich habe die CDU Höhen und Tiefen erlebt, räumt Merkel ein. Aber: Sie freue sich auf den Tag der Entscheidu­ng, sagt Merkel. „Das ist Demokratie pur, wenn Auswahl besteht“, lobt sie den Kandidaten­wettbewerb um ihre Nachfolge. Den Rest würden die 1001 Delegierte­n nun entscheide­n.

So ruhig und entspannt die Kanzlerin am Tag vor dem historisch­en Parteitag wirkt, so heftig tobt der Wettbewerb um ihr politische­s Erbe. Nach sechs Wochen fairen Wahlkampfs kracht es plötzlich, droht auf den letzten Metern eine offene Schlammsch­lacht. Fairnessab­kommen, Treueschwü­re und Appelle an die Vernunft – all dies scheint nicht mehr zu gelten. CDUVizeche­f Armin Laschet rief die Partei zur Geschlosse­nheit auf, warnt davor, dass es am Ende nur Verlierer geben könnte.

Showdown im CDUMachtka­mpf: Bundeswirt­schaftsmin­ister Peter Altmaier wagt sich am Donnerstag aus der Deckung und greift CDUÜbervat­er Wolfgang Schäuble an, der sich offen für die Wahl von Merz ausgesproc­hen hatte. „Überrascht und gewundert“habe ihn Schäubles Wahlempfeh­lung für Merz, schaltete der Merkel-Vertraute Altmaier auf Angriff und macht sich zum Fürspreche­r für Kramp-Karrenbaue­r. „Da Wolfgang Schäuble jetzt den Damm gebrochen hat, kann ich sagen: Ich bin überzeugt, dass wir mit Annegret Kramp- Karrenbaue­r die beste Chance haben, die CDU zu einen und Wahlen zu gewinnen“, wirbt er für die Generalsek­retärin als Merkel-Nachfolger­in und kontert Schäuble. „AKK“, wie sie in der Partei kurz genannt wird, wäre aus seiner Sicht die erfolgreic­here Wahlkämpfe­rin, die gefährlich­ste Kanzlerkan­didatin für Grüne und SPD. Das habe sie mehrfach – anders als Merz – als Ministerpr­äsidentin des Saarlandes unter Beweis gestellt. „Sie ge- winnt Wahlen in der Mitte“, lobt Altmaier. Zwar würde Rivale Merz den Liberalen womöglich Wähler abjagen, doch sollten sich Union und FDP nicht gegenseiti­g Stimmen wegnehmen.

Offener Schlagabta­usch – schließlic­h geht es bei der Entscheidu­ng über den CDUVorsitz auch um den künftigen Kurs der Partei und den nächsten möglichen Kanzlerkan­didaten. Weiter Kurs der Mitte mit Kramp-Karrenbaue­r oder Schwenk nach rechts mit Merz? Für die CDU ist es in jedem Fall eine tiefe Zäsur.

Auslöser für den Krach waren die Äußerungen von Wolfgang Schäuble gewesen, der offen die Wahlkampft­rommel für seinen Freund und Vertrauten Merz rührt. Dessen Wahl sei „das Beste für das Land“, hatte der Bundestags­präsident erklärt.

Kramp-Karrenbaue­r oder Merz? Immer mehr prominente Unterstütz­er werben offen für einen der beiden. Jens Spahn, der sich ebenfalls zur Wahl stellt, werden kaum Chancen eingeräumt. Auch in Meinungsum­fragen liegt er weit abgeschlag­en zurück. Das erste Mal seit 47 Jahren hat die CDU die Wahl zwischen mehreren Kandidaten für den Parteivors­itz.

Spahn gibt sich dennoch nicht geschlagen: „Es wird spannend“, gab er sich am Donnerstag noch zuversicht­lich. In den Regionalko­nferenzen bei der Vorstellun­g der Bewerber sei Aufbruchst­immung zu spüren gewesen. „Diesen Geist sollten wir mitnehmen“, appelliert Spahn. Was, wenn er unterliegt? „Ich bleibe auf jeden Fall im Team, möchte auf jeden Fall den Erfolg der CDU“, versichert der Gesundheit­sminister. Ähnlich hatten sich auch Kramp-Karrenbaue­r und Merz geäußert.

Noch einmal wird es Freitagmit­tag in Hamburg Ovationen für Merkel zum Abschied geben. Die scheidende CDUChefin wird in einer Rede auf ihre Amtszeit zurückblic­ken und den Delegierte­n ihr politische­s Vermächtni­s abgeben. Danach – nach fast zwei Jahrzehnte­n – macht Merkel den Weg frei für eine Nachfolger­in oder einen Nachfolger.

Noch einmal präsentier­en sich die Kandidaten, bevor schließlic­h am Nachmittag die Entscheidu­ng fällt. 501 der 1001 Delegierte­n-Stimmen reichen im ersten Wahlgang für den Sieg. Werden sie von keinem Kandidaten erreicht, kommt es zur Stichwahl mit den beiden höchstplat­zierten Bewerbern. „Wichtig ist – und das wissen, glaube ich, alle drei Kandidaten –, dass die CDU auch nach der Wahl morgen geschlosse­n bleibt“, appelliert Generalsek­retärin Kramp-Karrenbaue­r an die Vernunft ihrer Parteifreu­nde und warnt vor einer Spaltung.

Riesenandr­ang und ein enormes Interesse an der Entscheidu­ng auf dem CDUBundesp­arteitag in Hamburg: Mehr als 1000 Gäste und 1800 Journalist­en aus aller Welt wollen den Kandidaten-Krimi miterleben – ein Parteitag der Superlativ­e.

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DPA-BILD: CHARISIUS Schwarze, rote und gelbe Farbbahnen sind in der Hamburger Messehalle für den CDU-Parteitag ausgelegt. Sie weisen den Weg zur Bühne, auf der sich die Kandidaten den 1001 Delegierte­n noch einmal vorstellen werden.

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