Minister schwärmt in Oldenburg von Osnabrück
Boris Pistorius diskutiert mit Fans und Funktionären 2 Zwei Halbzeiten mit Bratwurst-Pause
BOWLING STATT FUßBALL: Liverpools Teammanager Jürgen Klopp hat sich nach dem 3:1-Erfolg in der Premier League am Mittwochabend beim FC Burnley über die harte Gangart des Gegners beschwert. „Burnley hatte den spezifischen Plan, wirklich aggressiv und wirklich körperlich gegen uns zu spielen“, sagte der ehemalige Meistertrainer von Borussia Dortmund: „Das ist wie Bowling. Man bekommt den Ball, aber man trifft auch den Spieler. Das ist vier- oder fünfmal passiert.“Opfer der harten Spielweise war Liverpools Joe Gomez, der nach einem Tackling von Ben Mee bereits nach 23 Minuten verletzt ausgewechselt werden musste. OLDENBURG 2 In der zweiten Halbzeit wurde das Spiel munterer. Beim Besuch des niedersächsischen Innenund Sportministers Boris Pistorius (58/SPD), der am Donnerstagabend im Oldenburger Sportpark Donnerschwee mit Vertretern aus dem Fußball über die Entwicklungen in der Sportart diskutierte, ging es vor allem in den zweiten 45 Minuten verbal engagiert zur Sache. Die knapp zweistündige Veranstaltung, zu der rund 40 Besucher kamen, war in zwei Hälften (jeweils plus Nachsprechzeit) sowie eine 15-minütige Pause mit Bratwurst-Verpflegung aufgeteilt.
Pistorius wollte – es lief etwa die 60. Minute – den Vorwurf, die Politik engagiere sich möglicherweise mehr gegen Pyrotechnik im Stadion als gegen Rechtsextremismus, nicht auf sich sitzen lassen. Diskutierten über Fußball und seine Ausprägungen (von links): Ulrich Bernstorf, Detlef Dierks, Gerd Wagner, Boris Pistorius, Raimund Kropp und Pierre Groen
Diesen Einwand hatte Gerd Wagner von der Koordinationsstelle Fanprojekte (KOS) aus Frankfurt vorgebracht. „Nirgendwo wird so viel gegen Rechtsextremismus getan wie in Niedersachsen“, sagte Pistorius. Zudem sei er einer der Länder-Innenminister, die es
ablehnten, das Abbrennen von Pyrotechnik zu einem Straftatbestand zu machen. Damit wolle er dieses Phänomen aus den Stadien keinesfalls gutheißen und warnte vor den Gefahren. „Aber ich will auch verhindern, dass die Polizisten in den Fanblock hineingehen müssen, um den Verursacher herauszuziehen“, sagte er. Das würde große Risiken mit sich bringen.
Unter der Leitung von Moderator Ulrich Bernstorf hatten zuvor Detlef Dierks (Vorstandsmitglied VfB Oldenburg), der VfB-Fanbeauftragte Raimund Kropp und VfB-Mitglied und -Fan Pierre Groen über die Ausprägungen der Kommerzialisierung gesprochen. Als eine Form des Protests gegen diese Entwicklung nannte Wagner den HFC Falke. Diesen Hamburger Amateurclub hatten Fans des HSV gegründet, die sich beim einstigen Europapokalsieger nicht mehr wohl fühlten. „Eine echte Alternative ist das aber auch nicht“, sagte Pistorius. Denn beim HFC Falke werde ja nicht Profifußball auf andere Art aufgezogen, sondern eben unterklassiger Amateurfußball. Vielmehr sei dies eine Abwendung vom Profifußball als der Versuch, diesen anders zu gestalten.
Kropp beklagte, dass der VfB Oldenburg in der Regionalliga so oft gegen zweite Mannschaften von Proficlubs spielen müsse. Von einer Wettbewerbsverzerrung sprach in diesem Zusammenhang Groen. Schließlich würden diese Reserveteams der großen Clubs über ganz andere finanzielle Möglichkeiten verfügen als Vereine wie beispielsweise der VfB.
Bereits in der ersten Hälfte hatte Pistorius ein Beispiel aus seiner Heimatstadt dafür geliefert, dass „nicht alles nur vom Geld abhängt“. Der VfL Osnabrück, dessen Anhänger er sei, stehe mit einem vergleichsweise kleinen Etat von 3,4 Millionen Euro derzeit an der Tabellenspitze der 3. Liga. Und in der vergangenen Saison habe der Club – bei einem ähnlichen Etat – gegen den Abstieg gekämpft.