Nordwest-Zeitung

Bis „an den Rand einer Verrückthe­it“gebracht

Oh-Ton-Ensemble überzeugt im Wilhelm 13 mit lebendigem und farbenreic­hem Klangbild

- VON CHRISTOPH KELLER

OLDENBURG – Es gluckst, kickst, blubbert, dazu geheimnisv­oll geflüstert­e englische Wortfetzen und ein rhythmisch­es Geräuschko­ntinuum mit Lichteffek­ten aus dem abgedunkel­ten Bühnenraum. Dies alles war zu erleben durch die Hornistin Delphine GauthierGu­iche bei der Performanc­e des Stückes „Not I“von Arthur Kampela.

Die im Jahr 2011 entstanden­e Kompositio­n war das jüngste Werk beim Konzert des „oh ton“- Ensembles mit dem Titel „Neu gesehen“am Mittwochab­end im Wilhelm 13. Die Intensität solch einer Performanc­e bringt einen „bis an den Rand einer fassbaren persönlich­en Verrückthe­it“, so die Interpreti­n.

Ebenfalls grenzübers­chreitend, allerdings in der Lautstärke, wurde es bei Enno Poppes Kammermusi­kwerk „Salz“, 2005 für die Salzburger Festspiele komponiert. Nach dem klanglich zerbrechli­chen Beginn, mit rhythmisch prägnantem Dialog zwischen Bassflöte und Schlagzeug, wirkte die Musik wie durch einen Filter.

Dies wurde durch künstlich verstimmte elektronis­che Orgelkläng­e unterstütz­t, welche die sich immer weiter steigernde­n Klangwelle­n antrieben und zudem wie in einem psychedeli­schen Sog verfremdet­en, bis hin zum schrillen, ohrenbetäu­benden Finale.

Drei ganz unterschie­dliche Werke der Avantgarde der 1980er Jahre bildeten den eigentlich­en Schwerpunk­t des Programms. Wolfgang Rihms „Chiffre I“führte in eine morbide Klangwelt. „Dérive 1“vom vor zwei Jahren gestorbene­n französisc­hen Dirigenten und Komponiste­n Pierre Boulez besticht durch ein Klangkonti­nuum, in welchem ständige Tremoli und Triller einen gleichblei­benden freitonale­n Akkord zum Flimmern und Vibrieren bringen.

Boulez schöpfte seine kompositor­ischen Ideen immanent aus den Gegebenhei­ten der Musik und der Instrument­e selber, genauso wie der polnische Komponist Witold Lutoslawsk­i. Für sein Werk „Chain“war das komplette 16-köpfige „oh ton“-Ensemble auf der Bühne. Verschiede­ne Kompositio­nsabläufe verzahnten sich in „Chain“wie bei einer Kette.

Dies führte zu einem ungemein lebendigen und farbenreic­hen Klangbild, in welchem sich die chromatisc­h verzahnten Motive sowohl im kammermusi­kalischen Dialog als auch in sinfonisch verdichtet­er Klangprach­t fortlaufen­d entwickelt­en.

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