Bis „an den Rand einer Verrücktheit“gebracht
Oh-Ton-Ensemble überzeugt im Wilhelm 13 mit lebendigem und farbenreichem Klangbild
OLDENBURG – Es gluckst, kickst, blubbert, dazu geheimnisvoll geflüsterte englische Wortfetzen und ein rhythmisches Geräuschkontinuum mit Lichteffekten aus dem abgedunkelten Bühnenraum. Dies alles war zu erleben durch die Hornistin Delphine GauthierGuiche bei der Performance des Stückes „Not I“von Arthur Kampela.
Die im Jahr 2011 entstandene Komposition war das jüngste Werk beim Konzert des „oh ton“- Ensembles mit dem Titel „Neu gesehen“am Mittwochabend im Wilhelm 13. Die Intensität solch einer Performance bringt einen „bis an den Rand einer fassbaren persönlichen Verrücktheit“, so die Interpretin.
Ebenfalls grenzüberschreitend, allerdings in der Lautstärke, wurde es bei Enno Poppes Kammermusikwerk „Salz“, 2005 für die Salzburger Festspiele komponiert. Nach dem klanglich zerbrechlichen Beginn, mit rhythmisch prägnantem Dialog zwischen Bassflöte und Schlagzeug, wirkte die Musik wie durch einen Filter.
Dies wurde durch künstlich verstimmte elektronische Orgelklänge unterstützt, welche die sich immer weiter steigernden Klangwellen antrieben und zudem wie in einem psychedelischen Sog verfremdeten, bis hin zum schrillen, ohrenbetäubenden Finale.
Drei ganz unterschiedliche Werke der Avantgarde der 1980er Jahre bildeten den eigentlichen Schwerpunkt des Programms. Wolfgang Rihms „Chiffre I“führte in eine morbide Klangwelt. „Dérive 1“vom vor zwei Jahren gestorbenen französischen Dirigenten und Komponisten Pierre Boulez besticht durch ein Klangkontinuum, in welchem ständige Tremoli und Triller einen gleichbleibenden freitonalen Akkord zum Flimmern und Vibrieren bringen.
Boulez schöpfte seine kompositorischen Ideen immanent aus den Gegebenheiten der Musik und der Instrumente selber, genauso wie der polnische Komponist Witold Lutoslawski. Für sein Werk „Chain“war das komplette 16-köpfige „oh ton“-Ensemble auf der Bühne. Verschiedene Kompositionsabläufe verzahnten sich in „Chain“wie bei einer Kette.
Dies führte zu einem ungemein lebendigen und farbenreichen Klangbild, in welchem sich die chromatisch verzahnten Motive sowohl im kammermusikalischen Dialog als auch in sinfonisch verdichteter Klangpracht fortlaufend entwickelten.