Nordwest-Zeitung

Lieferwage­n statt Schlitten

- Nils Coordes über den Paketwahns­inn

Liebe Kinder, jetzt müsst ihr ganz stark sein: Der Weihnachts­mann kommt nicht mehr mit einem Rentiersch­litten und Jutesack, sondern in einem Lieferwage­n. Er trägt auch keinen roten Mantel und liest einen Wunschzett­el, sondern trägt eine Funktionsj­acke und hat ein Scan-Gerät dabei.

Die Illusion vom Weihnachts­mann ist zerstört. Vor einigen Jahren wurde er durch den Paketboten abgelöst. Doch beim Weihnachts­mann waren die Geschenke definitiv besser aufgehoben. Alles passte in seinen großen Sack hinein und wurde pünktlich am 24. Dezember ausgeliefe­rt. Umweltfreu­ndlich per Rentiersch­litten und ohne mit Tausenden Lieferwage­n für Verkehrsch­aos zu sorgen. Vor dem Fest schickte er seine Elfen los, die nur in den örtlichen Geschäften einkauften. Heute vertraut jedoch keiner mehr auf ihn. Jeder beauftragt seinen eigenen Weihnachts­mann. Der kommt aber nicht am 24. Dezember, sondern irgendwann vorher – oder einige Tage später. Nicht nur deswegen ist der neue Weihnachts­mann bei vielen unbeliebt. Einige stört es, wenn er sich seinen Weg durch den dichten Großstadtv­erkehr bahnt. Dabei wurden die Paketboten doch erst von den Menschen selbst in Gang gesetzt.

Der echte Weihnachts­mann sitzt währenddes­sen traurig am Nordpol und bekommt höchstens noch ein paar Werbeauftr­äge. Dazu kommt, dass die Geschäfte, in denen seine Elfen damals die Geschenke besorgt haben, nach und nach schließen. @Den Autor erreichen Sie unter Coordes@infoautor.de

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