Nordwest-Zeitung

Auf der Suche nach Amerika

Bestseller­autor Klaus Modick zum 50. Todestag von <ohn Steinbeck

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ELF EINFLUSSRE­ICHE Frankfurte­r Bürger bieten der Stadt an, den Bau eines neuen Opernhause­s voranzutre­iben. Sie wollen dafür eine Stiftung gründen und 50 Millionen Euro als Eigenkapit­al beisteuern. Die „FAZ“hatte am Freitag darüber berichtet. Zu den Initiatore­n zählten „einige der bekanntest­en Frankfurte­r Persönlich­keiten“. FORSCHER des Österreich­ischen Archäologi­schen Instituts (ÖAI) haben das Rätsel um die Reliquie vom Hemmaberg in Kärnten gelöst. Bei den rund 1800 Jahre alten Knochenres­ten, die 1991 unter dem Altar einer Kirche entdeckt wurden, handele es sich um die bislang älteste Heilige Österreich­s, meldet die Presseagen­tur Kathpress. Demnach stammt die Reliquie von einer Frau, die im 1. oder 2. Jahrhunder­t in der Zeit der frühen Christenve­rfolgungen in der Region lebte. Das Todesalter konnte auf 35 bis 50 Jahre festgelegt werden.

.–einbeck schuf „Früchte des Zorns“und kämpfte vehement gegen den USKapitali­smus. Später im Leben traf er eine falsche Entscheidu­ng – er starb verbittert und isoliert 1968 in New York.

OLDENBURG/NEW YORK – Parallel zur Niederschr­ift seines Romans „Jenseits von Eden“führte John Steinbeck 1951 ein Arbeitsjou­rnal, in dem er notierte, Schreiben sei „der unbeholfen­e Versuch, Zeichen für das Wortlose zu finden“.

Mit dem Wortlosen waren Natur, Mensch und Dingwelt in ihren Zusammenhä­ngen und Widersprüc­hen gemeint. Steinbeck, geboren 1902 im kalifornis­chen Salinas, hatte Meeresbiol­ogie studiert, und als er 1939 an einer meeresbiol­ogischen Exkursion teilnahm, bezeichnet­e er deren Intention folgenderm­aßen: „Wir wollten alles sehen, was in unsere Augen hineinging, um dabei zu denken, soviel wir konnten, und aus der beobachtet­en, eingefange­nen Realität so etwas wie einen Bau errichten.“

Steinbecks literarisc­hes Werk verdankte seine Kraft genau diesem, an Darwin geschulten Blick auf alles Lebendige, ein Werk, das nicht nur Zeichen für das wortlose Dasein der Natur setzte, sondern auch denjenigen Stimme gab, die im kapitalist­ischen Konkurrenz­kampf nicht zu Wort und unter die Räder kamen: Ein gesellscha­ftskritisc­her Realismus, der dem herrschend­en Sozialdarw­inismus Amerikas entschiede­n widersprac­h.

So war es nur konsequent, dass bei Erscheinen des Romans „Früchte des Zorns“, mit dem Steinbeck 1939 der endgültige Durchbruch gelang, ein konservati­ver Politiker das Werk als „eine Lüge“beschimpft­e, als „die düstere, infernalis­che Ausgeburt eines verwirrten Geistes“. Die in der Tat düstere Geschichte von verzweifel­ten Wanderarbe­itern während der Großen Depression trug Steinbeck freilich 1962 den Nobelpreis ein.

Er war der epische Chronist seiner Heimat, der kalifornis­chen Monterey Bay, in der die meisten seiner Romane US-Autor und Nobelpreis­träger: John Steinbeck

Geschichte über die brutale Zerstörung eines bescheiden­en Lebenstrau­ms, ist das gelungenst­e Beispiel dafür, wie Steinbeck denjenigen Stimme gab, die um alles gebracht wurden.

Während des Zweiten Weltkriegs berichtete er als Kriegskorr­espondent aus England und dem Mittelmeer­raum und ließ sich anschließe­nd in New York nieder. Er verfasste mehrere Drehbücher, unter anderem für Elia Kazans „Viva Zapata!“(1952). Und Kazan war es auch, der Steinbecks Welterfolg „Jenseits von Eden“(1952) mit James Dean in der Hauptrolle verfilmte.

Steinbeck geriet in diesen Jahren in eine Krise, deren Klaus

Autor dieses Beitrages ist

(67). Er lebt als Schriftste­ller („Keyserling­s Geheimnis“, „Konzert ohne Dichter“) und Übersetzer aus dem Englischen in Oldenburg.

Modick angesiedel­t sind. Nach dem abgebroche­nen Studium hatte er einige Romane verfasst, die wenig Aufsehen erregten, bis 1937 „Von Mäusen und Menschen“zum ersten großen Erfolg wurde. Die rührende, aber in ihrer realistisc­hen Härte unsentimen­tale Ursache Kazan darin sah, dass der Autor in New York seine Wurzeln verloren hatte: „Er war im Westen zu Hause, auf dem Land mit Pferden oder auf einem Schiff. In der großen Stadt war er fehl am Platze.“

Steinbeck sah das Problem selbst: „Ich hatte zu lange nicht die Sprache Amerikas gehört, zu lange nicht den Geruch des Grases, der Bäume und der Abwasserka­näle wahrgenomm­en, die Berge und Gewässer nicht gesehen“– und so machte er sich in einem Wohnmobil, begleitet nur von seinem Hund, erneut auf die Suche nach Amerika. Auf dieser Reise kreuz und quer durch die USA kam Steinbeck zu der bemerkensw­erten Einsicht, dass sein Land kein nivelliere­nder Schmelztie­gel, sondern ein Flickentep­pich aus divergiere­nden Mentalität­en und Interessen ist.

Seinen Zenit hatte er freilich überschrit­ten. Als er den Nobelpreis bekam, zweifelte sogar die New York Times, ob das Komitee eine gute Entscheidu­ng getroffen hätte. Und als er schließlic­h noch einmal als Berichters­tatter in den Krieg zog und ungewohnt patriotisc­he Töne aus Vietnam hören ließ, demontiert­e er sich selbst und verriet seine liberale Vergangenh­eit.

John Steinbeck starb vor 50 Jahren, verbittert und isoliert, am 20. Dezember 1968 in New York.

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DPA-BILD: STRAUSS Eultur-Redaktion: 0441/99 88 2018 red.kultur@nwzmedien.de
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BILD: DPA
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