Nordwest-Zeitung

Notbremse ziehen

- VON LARS RECKERMANN

P endler, die auf die Deutsche Bahn angewiesen sind, dürften sich am zweiten Advent wenig besinnlich­e Gedanken gemacht haben. Sie dürften sich vielmehr damit beschäftig­t haben, wie sie am Montag pünktlich zur Arbeitsstä­tte kommen. Die DB-Beschäftig­ten legen mit einem bundesweit­en Warnstreik die Arbeit nieder.

Man könnte jetzt spöttisch sein und das Satiremaga­zin „Postillon“bemühen: Der Bahnstreik wird wohl unbemerkt an den Reisenden vorbeigehe­n. Denn längst hat sich der Kunde daran gewöhnt, dass er am Gleis auf seinen Zug wartet, dass Sitzplatzg­arantien alles andere als garantiert sind, dass Züge verkürzt werden. Zum Glück gibt es ja Wettbewerb auf der Schiene – von wegen. Das ist nur die halbe Wahrheit. Bei der Nordwestba­hn etwa wirbelte vergangene Woche eine Grippewell­e den Fahrplan durcheinan­der. So werden Pendler auf die Straße getrieben und nicht auf die Schiene.

In den Warnstreik poltert auch noch der Hinweis des Bundesrech­nungshofes, dass die Milliarden Euro für die DB schlecht angelegt wurden. „Es besteht die Gefahr, dass sich der Zustand der Bahninfras­truktur weiter verschlech­tert und das trotz steigender Bundesmitt­el”, sagte Rechnungsh­of-Präsident Kay Scheller. Noch schlechter?!

Und was macht die Bahn in all dem Chaos? Sie erhöht ihre Tarife. Die höchste Preissteig­erung bekommen übrigens die treuesten Kunden ab, die Vielfahrer. Jemand muss die Notbremse ziehen, aber dafür müsste man ja erst einmal in einen Zug kommen.

@Den Autor erreichen Sie unter Reckermann@infoautor.de

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