Nordwest-Zeitung

Es begann in England mit einem Knall

Die Ampel wird 150 Jahre alt – Damaliger Chef von Scotland Yard dafür verantwort­lich

- VON CORNELIA NEUMEYER UND FRANK CHRISTIANS­EN

Zas erste pasbetrieb­ene Exemplar stand in London und explodiert­e nach drei Wochen. Der Siegeszug begann später in den USA.

LONDON – Vor 150 Jahren stellte der Chef von Scotland Yard in London die erste Ampel der Welt auf. Zeitungen priesen sie als „hübsch“, andere nannten sie „elegant“. Gusseisern und gasbetrieb­en stand sie vor dem Parlament nahe der Themse. Am 10. Dezember 1868 nahm die Ampel den Betrieb auf, drei Wochen später explodiert­e sie.

Der Polizist, der die Ampel bediente, wurde durch die Explosion verletzt – einige Quellen schreiben sogar: getötet. Heute weist an der Stelle eine grüne Plakette auf den Erfinder der Ampel hin: John Peake Knight.

Knights Idee war es, Signale aus dem Schienenve­rkehr auf die Straße zu übertragen. Die Ampel ahmte einen Polizisten nach, der den Verkehrste­ilnehmern mit seinen Armen Zeichen gab. Nur hatte die Ampel drei davon: Zeigten sie nach oben, mussten Reiter und Kutschen anhalten, zeigten sie nach unten, war die Fahrt frei. Nachts leuchtete zusätzlich eine Laterne, in den heute noch gebräuchli­chen Farben Rot oder Grün.

Die Ampel wurde dort insschwert­e talliert, damit die Abgeordnet­en schneller über die Straße und ins Parlament gelangen

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erklärt Euch das Thema konnten. Bei den Londonern war die Ampel schnell unbeliebt. Ein Kutschfahr­er be- sich, dass sie „bloß eine weitere Erfindung ist, um uns arme Taxifahrer fertigzuma­chen“. Trotz der Explosion blieb sie bis 1872 in Betrieb. Dann verschwand die Signalleuc­hte und Londons Straßen waren für rund 50 Jahre ampelfrei.

Nach dem spektakulä­ren Misserfolg in London dauerte es 46 Jahre, bis die erste elektrisch­e Ampel 1914 in Cleveland im US-Bundesstaa­t Ohio in Betrieb ging – der Beginn eines weltweiten Siegeszuge­s – nachdem New York die Erfindung übernommen hatte.

1924 wurde in Berlin ein fünfeckige­r und acht Meter hoher Ampelturm errichtet. Auf dem Turm mit Kabine auf dem Potsdamer Platz, damals der verkehrsre­ichste Platz Europas, saß ein Polizist und steuerte das Signal per Hand. Der Turm gilt als erste Ampel Deutschlan­ds. „Es gab aber Probleme mit der Einsehbark­eit“, berichtet Frank Steinbeck vom Deutschen Technikmus­eum Berlin. „Der Potsdamer Platz wurde rasch aufgerüste­t.“

Die erste zentral gesteuerte Lichtsigna­lanlage stürzte Berlin dann zwei Jahre später in ein unglaublic­hes Verkehrsch­aos, da alle Ampeln gleichzeit­ig umsprangen. Erst die Schaltung einer „grünen Welle“schaffte Abhilfe.

„In Deutschlan­d hat die Ampel ihren Siegeszug erst nach dem Zweiten Weltkrieg angetreten“, berichtet der Historiker Christophe­r Kopper von der Uni Bielefeld. Vorher habe es einfach nicht so viel Verkehr gegeben. „Im Landkreis Lüchow-Dannenberg gab es bis 1982 keine einzige Ampel. Man hat schließlic­h doch eine gebaut – auf Druck der Aufsichtsb­ehörde, die meinte, für die Führersche­in-Anwärter müsse es eine Ampel geben.“

Inzwischen gehorchen weltweit Milliarden Menschen der Abfolge von rotem, gelbem und grünem Licht. Deutschlan­d soll sogar die höchste Ampeldicht­e der Welt haben. In den Nachbarlän­dern sah man schon bald den Kreisverke­hr als die oft bessere Lösung an: „Was Verflüssig­ung des Verkehrs und Unfallrisi­ko angeht, ist der Kreisel überlegen“, sagt Kopper. In den Innenstädt­en mit wenig Platz und vielen Fußgängern bewährt sich dagegen nach wie vor die Ampel. Erst in den 1990er Jahren habe die Aufrüstung Ampel-Deutschlan­ds nachgelass­en, berichtet Steinbeck.

Jetzt werden die „Pförtneram­pel“, die den Zufluss von Fahrzeugen auf überlastet­e Straßen begrenzt, und die „rote Welle“genutzt, um den Autoverkeh­r zu vergrämen oder zu dosieren. In einigen Städten räumen die Ampeln Bussen und Bahnen Vorrang ein.

Inzwischen beschäftig­en die Ampelmännc­hen die Menschen mehr als die Ampeln selbst. In Duisburg verrichtet seit Kurzem ein Bergmann mit Laterne seinen Dienst als Ampelmännc­hen.

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BILD: HISTORISCH­ES ARCHIV Die historisch­e Straßensze­ne zeigt den Ampelturm mit Kabine auf dem Potsdamer Platz.
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sah sie anders aus, als wir sie kennen. Sie hatte viele Zeiger und eine Lampe. Standen die Zeiger waagrecht, dann mussten Reiter und Kutschen stoppen. Zeigten sie schräg nach unten, dann durften sie fahren. Nachts leuchtete es auch zusätzlich in Rot und Grün.

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