Auf Anfängerglück folgt Euphoriebremse
Wie Werders Trainer Florian Kohfeldt versucht, den Hype um Joshua Sargent zu begrenzen
Der 18-Jährige hatte beim Debüt 86 Sekunden nach seiner Einwechslung zum 3:1 gegen Düsseldorf getroffen. Er selbst äußerte sich nur via Twitter.
BREMEN – Kurz nach seinem großen Auftritt verschwand Joshua Sargent in der Kabine. Kein Interview, keine Erzählung, wie der 18-jährige USAmerikaner sein BundesligaDebüt und sein Premierentor nicht einmal zwei Minuten nach seiner Einwechslung erlebt hatte. „Ich bitte da um Verständnis“, rechtfertigte Werder Bremens Trainer Florian Kohfeldt den Maulkorb nach dem 3:1-Sieg am Freitagabend gegen Fortuna Düsseldorf: „In so einem jungen Spieler ist jetzt einfach so viel drin. Das will ich ihm nicht zumuten, es gibt schon genug Aufregung um ihn.“
Nicht erst seit Freitag gibt es einen regelgerechten Hype um eines der größten Talente im US-Fußball. Vor einem Jahr lotste Sportchef Frank Baumann Sargent aus St. Louis vorbei an der europäischen Konkurrenz nach Bremen und war mächtig stolz darauf. Spielen durfte der Angreifer bis dato trotzdem nur in der Regionalliga Nord. In seiner Heimat gab man sich beim Umgang mit Sargent ohnehin nicht so zimperlich. Sechsmal spielte der Teenie bereits für das A-Team der USA und schoss dabei zwei Tore. In Werders zweiter Mannschaft schoss Sargent sieben Treffer in zwölf Spielen. Für das Spiel gegen die Fortuna fiel zudem der Japaner Yuya Osako krankheitsbedingt aus – und deswegen kam ab der 76. Minute Sargents großer Moment.
Mit dem ersten Ballkontakt im ersten Bundesliga-Spiel köpfte der Rotschopf 86 Sekunden später das Tor zum 3:1-Endstand nach zuvor fünf sieglosen Spielen. „Beginners luck“(Anfängerglück) twitterte Sargent später überglücklich und versetzte Werders Fans und seine Mitspieler in Euphorie.
„Das sind Geschichten, die nur der Fußball schreibt“, behauptete Abwehrspieler Marco Friedl. Und dessen Nebenmann in der Innenverteidigung, Sebastian Langkamp, prophezeite Sargent „eine große Perspektive, er ist ein guter Junge“. Sargent scheint sich schnell beliebt gemacht zu haben. Auffallend überschwänglich fielen seine Mitspieler ihm nach dem Treffer gegen Düsseldorf um den Hals. Langkamp formulierte zudem ein sonst eher ungewöhnliches Kompliment für einen Jung-Profi: „Man merkt, dass er aus einem guten Elternhaus kommt.“Und während Kapitän Max Kruse explizit den „Torriecher“seines Mitspielers lobte, verriet Kohfeldt, Sargent mache auch mal „Quatsch“in der Kabine. „Er ist unverbraucht und hat ein gesundes Selbstbewusstsein.“
Übrigens: Sargent ist Wiederholungstäter. Schon in Werders Reserve traf er bei seinem Debüt. Und auch in seiner Länderspiel-Premiere in der US-Nationalmannschaft im Mai markierte er einen Treffer. Kohfeldt mahnte dennoch zu Geduld mit seinem Top-Talent. Er glaube „total an den Jungen“, aber er werde die Leistung „noch nicht überbewerten“.
Der Trainer blieb in seiner Rolle, sprach mit jeder Geste, mit jedem Satz die Worte „gemach, gemach“aus. Durchaus denkbar, dass Sargent am kommenden Samstag bei Borussia Dortmund zunächst wieder aus dem Profi-Kader gestrichen wird. „Die Welt würde davon nicht untergehen“, befand Kohfeldt: „Josh hat zwar sein Tor gemacht, und ich will auch kein Wasser in den Wein gießen, aber es waren auch ein paar Situationen dabei, die nicht so gut waren.“