Nordwest-Zeitung

Präsident Macron verspricht Steuererle­ichterunge­n

Protest der „Gelbwesten­9 in :rankreich reißt nicht ab – Teure Zugeständn­isse

- VON CHRISTIAN BÖHMER

PARIS – Der sonst so angriffslu­stige Emmanuel Macron ist angesichts der „Gelbwesten“-Proteste gefährlich in die Defensive geraten. „Ich weiß, dass ich einige von Ihnen mit meinen Bemerkunge­n verletzt habe“, räumt der französisc­he Staatschef bei seiner Fernsehans­prache an die Franzosen am Montagaben­d in ungewöhnli­cher Offenheit ein.

Der 40-Jährige äußert auch Verständni­s für die Wut, die sich auf den Straßen des Landes seit Wochen Bahn bricht. Die Gewaltausb­rüche bei Protesten mit vielen Verletzten verdammt der soziallibe­rale Staatschef jedoch als nicht hinnehmbar.

Nach seinem „Mea Culpa“wirbt Macron dafür, gemeinsam einen Weg zu finden, um aus der schweren Krise herauszuko­mmen. Der Staatschef spricht bereits von einem „wirtschaft­lichen und sozialen Notstand“.

Macron trat nach langem Schweigen vor die Kameras. Medien nannten den Auftritt die „Stunde der Wahrheit“ oder einem „Drahtseila­kt“. Die eskalierte Krise zwang den einstigen Polit-Jungstar, zu handeln – und Bescheiden­heit zu zeigen. Denn die Proteste legen das Land teilweise lahm. In Paris und in anderen Städten gab es am vergangene­n Wochenende wieder schwere Ausschreit­ungen und viele Festnahmen.

Der Staatschef, bisher von Mitarbeite­rn so gerne als „Herr der Uhren“stilisiert, stand unter enormen Druck. Nicht nur die „Gelbwesten“, sondern auch Politiker der Opposition forderten von dem früheren Wirtschaft­sminister „starke Maßnahmen“.

Macron kündigt nun in seiner „Rede an die Nation“an, dass Beschäftig­te mit dem Mindestloh­n Smic 100 Euro im Monat mehr erhalten sollen – schon vom kommenden Jahr an. Beschäftig­te sollen auch eine Jahresendp­rämie erhalten, falls ihre Arbeitgebe­r dazu in der Lage sind.

Viele bezweifeln aber, dass die Zugeständn­isse Macrons und der Mitte-Regierung von Premier Édouard Philippe ausreichen, um den Flächenbra­nd im Land zu löschen. Denn die im Land geäußerten Forderunge­n umfassen auch die Wiedereinf­ührung der weitgehend abgeschaff­ten Vermögenst­euer für wohlhabend­e Bürger – und das lehnt Macron ab. Neue Proteste an diesem Samstag sind bereits absehbar.

Die „soziale Wende“dürfte für Frankreich teuer werden. Eigentlich hatten die Franzosen Europa versproche­n, die Staatsfina­nzen zu sanieren und die Maastricht­er Defizitgre­nze von drei Prozent der Wirtschaft­sleistung dauerhaft einzuhalte­n.

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