Nordwest-Zeitung

Was Geschke und Co. lernen müssen

VfL-Trainer Niels Bötel analysiert im Interview den Auftritt der deutschen Mannschaft

- VON OTTO-ULRICH BALS

Der Coach des Oldenburge­r Bundesligi­sten sieht die Auswahl auf einem guten Weg. Gegen die Niederland­e am Mittwoch (21 Uhr) sei man nicht chancenlos.

FRAGE: Herr 2ötel, Deutschlan­ds Handballer­innen stehen bei der 3M in /rankreich mal wieder unter Druck. Wie bewerten Sie die bisherigen Auftritte der neuformier­ten Nationalma­nnschaft?

BÖTEL: Ich finde, man sieht schon recht deutlich die Handschrif­t des neuen Trainertea­ms um Chefcoach Henk Groener. Das deutsche Spiel hat sichtbar an Tempo gewonnen. Wann immer sich die Chance ergibt, wird schnell gespielt. Überhaupt hat die Nationalma­nnschaft in allen Bereichen an Qualität hinzugewon­nen.

FRAGE: Das alles reicht aber wohl noch nicht aus, um bei dieser 3M nach 4ahren der internatio­nalen /laute mal wieder in ein Halbfinale einzuziehe­n. . .

BÖTEL: Gut, rein rechnerisc­h ist noch etwas möglich. Doch geht es nicht darum, Druck aufzubauen. Die EM hat bislang klar unterstric­hen, dass die Teams internatio­nal qualitativ immer mehr zusammenrü­cken. Letztlich entscheide­n nur Kleinigkei­ten über Sieg oder Niederlage. Und ich habe – wenn ich an die Partien gegen Norwegen und gegen Spanien oder an die zweite Halbzeit gegen Ungarn denke – viele Phasen und auch Spiele gesehen, in denen sich diese junge deutsche Mannschaft auf Augenhöhe mit den gestandene­n Handballna­tionen präsentier­te. Darum geht es am Ende ja auch: Wir wollen den Frauenhand­ball in Deutschlan­d mit Blick auf die Olympische­n Spiele in Tokio 2020 wieder an die Weltspitze bringen.

FRAGE: Das führt sofort zur /rage0 Was fehlt dieser Mannschaft noch, um nach ganz oben schauen zu können? BÖTEL: Wie gesagt, das deutsche Team ist auf einem guten Weg. Es muss aber noch lernen, 60 Minuten lang auf ein Spiel fokussiert zu bleiben. Wenn das gelingt, minimiert man zwangsläuf­ig die Fehler und kommt mehr und mehr zu einer konstanten Leistung. Um einen Großen zu schlagen oder in einer hektischen engen Schlusspha­se die 50:50 Chance auf den Sieg für sich zu nutzen, muss man in jedem Spiel sein Level halten. FRAGE: Leichter gesagt als getan1

BÖTEL: Ja klar. Aber das muss halt das Ziel der Arbeit sein. Das wissen auch Henk Groener, Heike Horstmann und das ganze Team. Anderersei­ts sind die Schwankung­en bei einem so jungen Team wie dem deutschen völlig normal. Das gehört zu einer Entwicklun­g dazu. Wenn man sich allein nur die Rückraumac­hse anschaut: Da ruht die Last auf noch ganz jungen Schultern. Alicia Stolle und Emily Bölk sind 22 beziehungs­weise 20 Jahre alt. Xenia Smits ist mit 24 Jahren da schon die Erfahrenst­e im Rückraum. Diese Spielerinn­en, das ist doch klar, dürfen Fehler machen und laufen bei dieser EM auf, um zu lernen.

FRAGE: Zaben Sie da nicht ihre eigene Spielerin Angie Geschke vom VfL Oldenburg vergessen?

BÖTEL: Nein, natürlich nicht. Aber Angie bekommt aktuell nicht die mega vielen Spielantei­le. Gleichwohl ist sie wichtig fürs Team. Sie ist die einzige Spielerin über 30, die den Jungen mit ihrer Erfahrung und Ruhe etwas mitgeben kann.

FRAGE: Kommen wir zum Showdown am Mittwoch gegen die Niederland­e. Deutschlan­d benötigt im letzten Hauptrunde­nspiel unbedingt einen Sieg, um überhaupt noch an Gruppenpla­tz 2 oder 3 denken zu dürfen. Wie schätzen Sie die .hancen ein? BÖTEL: Die Niederland­e sind als WM-Dritter und mit diesem internatio­nal erprobten aktuellen Jahrgang an Spielerinn­en klar in der Favoritenr­olle. Die Topspieler­innen Tess Wester, Laura van der Heijden, Lois Abbingh und Kelly Dulfer sind uns in Oldenburg ja alle ein Begriff. Aber das haben wir vor dem Norwegen-Spiel auch gesagt. Und da hat man gesehen, zu welch starker Leistung unsere Mannschaft fähig ist, wenn sie als Einheit agiert, wenig Fehler macht und das Torewerfen auf viele Schultern verteilt. Ich denke, am Ende wird auch die Tagesform und das Torfrauend­uell für den Spielausga­ng mit entscheide­nd sein. FRAGE: Das hört sich doch gar nicht so schlecht an. . . BÖTEL: Wie gesagt: Alle Mannschaft­en liegen bei dieser Europameis­terschaft leistungsm­äßig dicht beieinande­r – und die deutsche Mannschaft wird ihren Fokus noch einmal ganz auf dieses Spiel legen. Chancenlos ist sie keineswegs.

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BILD: PIET MEYER Gibt Angie Geschke (rechts) beim VfL Oldenburg die Anweisunge­n: Niels Bötel
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