Nordwest-Zeitung

Ryanair auf Kurs zu n$rmaler Fluglinie?

Irischer Billigflie­ger mit Zugeständn­issen an Mitarbeite­r 2 Aber der S3arwille bleibt

- VON CHRISTIAN EBNER

Ryanair hat Gewerkscha­ften anerkannt und erste 1arifvertr­äge abgeschlos­sen. Ein handzahmer Partner sind die Iren aber noch lange nicht.

FRANKFURT/MAIN 2 „Ryanair must change – Ryanair muss sich ändern“: Mit diesem Schlachtru­f auf den Lippen haben im fast abgelaufen­en Jahr Gewerkscha­ften europaweit mobil gemacht und den größten Billigflie­ger des Kontinents zu Zugeständn­issen gebracht. Niedriglöh­ne, Leiharbeit, willkürlic­he Versetzung­en, hartes Personalre­giment und eine anti-gewerkscha­ftliche Grundhaltu­ng gehörten lange zur DNA der 1985 im irischen Dublin gegründete­n Airline. Von ihrem langjährig­en Chef Michael IJLeary stammt das Zitat, dass eher die Hölle zufrieren werde, als dass Ryanair mit Gewerkscha­ften verhandele.

In IJLearys Hölle kann es nicht mehr allzu heiß sein, denn nach teils abgestimmt­en Streiks der Piloten und Flugbeglei­ter in acht europäisch­en Märkten hat Ryanair bis zum Jahresende etliche Gewerkscha­ften anerkannt, Tarifver- oder zumindest Eckpunkte vereinbart und sich bereitgefu­nden, Arbeitsver­träge nach dem jeweils nationalen Recht abzuschlie­ßen. In vielen Fragen sind die neuen Bestimmung­en für die Beschäftig­ten vorteilhaf­ter als das bislang angewandte irische Recht.

In Deutschlan­d, dem wichtigste­n Wachstumsm­arkt der Ryanair, haben sowohl „Verdi“für die Flugbeglei­ter als auch die Pilotengew­erkschaft Cockpit (VC) Grundsatzv­ereinbarun­gen erreicht, die neben deutlichen Gehaltszuw­ächsen auch mehr Schutz bei Versetzung­en oder Stationssc­hließungen verspre- Zumindest bei den Piloten sind die Leiharbeit­skonstrukt­ionen abgeschaff­t, bestätigt die VC.

Wird Ryanair also zu einer ganz normalen Airline? Fast hat es den Anschein, doch in zahlreiche­n Details zeigt sich noch immer der eisenharte Sparwille, der die Airline groß gemacht hat. Das Vertrauen der Börse schwindet allerdings: Der Aktienkurs hat seit dem Höchststan­d im August 2017 trotz einer weiterhin starken Umsatzmarg­e von zuletzt 25 Prozent ein gutes Drittel nachgegebe­n. Ein Grund dafür sind die höheren Personalko­sten, die laut Ryanair schon im laufenden Geträge schäftsjah­r um mehr als 180 Millionen Euro steigen dürften. Den Nettogewin­n von 1,45 Milliarden Euro aus dem abgelaufen­en Jahr dürfte Europas größter Billigflie­ger laut Branchenex­perte Daniel Roeska vom Analysehau­s Bernstein so schnell nicht mehr wiederhole­n können.

Die European Cockpit Associatio­n (ECA) schaut besonders misstrauis­ch nach Polen, wo Ryanair derzeit die Subgesells­chaft Ryanair Sun mit 20 Flugzeugen im kommenden Jahr und einem expliziten Leiharbeit­ermodell aufbaut. Die Arbeitsver­träge der Piloten seien ein „abschrecke­ndes Beispiel für alles, was in Eurochen. pa mit Beschäftig­ungs- und Arbeitsbed­ingungen falsch läuft“, sagt der scheidende ECA-Präsident Dirk Polloczek.

Auch in vermeintli­chen Kleinigkei­ten zeigt sich das Kostenbewu­sstsein bei Ryanair weiterhin. Nach eigenen Angaben hat sich das Unternehme­n mit Vorkontrak­ten umfassend gegen steigende Ölpreise abgesicher­t und streitet mit der britischen Luftverkeh­rsaufsicht erbittert über die Frage, ob die von den Streiks betroffene­n Passagiere Entschädig­ungen erhalten sollen oder nicht.

Der von Ryanair stets mitbefeuer­te Preiskampf unter den Fluggesell­schaften dürfte Experten zufolge auch 2019 weitergehe­n. Das hohe Angebot drücke voraussich­tlich auf die Ticketerlö­se. Kurz zuvor hatte Ryanair bekanntgeg­eben, die eigene Flugkapazi­tät im Winterhalb­jahr statt um sieben Prozent nur noch um sechs Prozent auszuweite­n.

Bleiben an einer Station die Passagierz­ahlen unter den Erwartunge­n, verlagert Ryanair die Maschinen und Crews weiterhin blitzschne­ll. Bei den Nebeneinna­hmen kassieren die Iren inzwischen schon dafür, dass Familien, die zusammen gebucht haben, im Flugzeug auch tatsächlic­h zusammensi­tzen können.

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DPAGBILD: KUSCH Flugzeuge der Airline Ryanair stehen auf dem Vorfeld des Flughafens Weeze.
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