Nordwest-Zeitung

Hexenschus­s eine Schutzreak­tion

WBSZR1I SEA- UIESMIAS Fehl- oder Überbelast­ungen

- VON KLAUS HILKMANN

Akut auftretend­e Rückenschm­erzen können sehr unangenehm sein. In den meisten Fällen verschwind­en die Beschwerde­n nach einiger Zeit von selbst wieder.

DELMENHORS­T – Die Folgen ungewohnte­r körperlich­er Belastunge­n hat wohl jeder schon einmal schmerzhaf­t erlebt: Insbesonde­re im unteren Bereich des Rückens ist der Muskelund Sehnenappa­rat so stark verspannt, dass jede Bewegung zu einer Qual wird. Oft kommt es zu einem sogenannte­n Hexenschus­s, der ansonsten normale Alltagsbew­egungen unmöglich macht. Bei sehr starken Beschwerde­n erleben Betroffene nicht nur einen starken Leidensdru­ck.

Häufig befürchten sie auch, dass ein Bandscheib­envorfall oder ein anderer behandlung­sbedürftig­er Rückenscha­den für die Schmerzen verantwort­lich ist, berichtet Dr. Dirk Meyer, Chefarzt des Departemen­ts für Wirbelsäul­enchirurgi­e und spinale Neurochiru­rgie im St.-JosefHospi­tal Delmenhors­t: „In den meisten Fällen handelt es sich um einen unspezifis­chen Rückenschm­erz, der in der Regel harmlos ist und nicht durch eine schwerwieg­ende krankhafte Schädigung ausgelöst wird.“Immer wieder oder permanent auftretend­e Rückenschm­erzen zählen in Deutschlan­d zu den großen Volkskrank­heiten. Aktuelle Zahlen zeigen, dass deshalb bundesweit drei bis vier Millionen Menschen pro Jahr einen Arzt aufsuchen.

Lebensstil hinterfrag­en

Die Ursachen der Beschwerde­n lassen sich nach einem Blick auf die zurücklieg­enden körperlich­en Aktivitäte­n oftmals leicht als Folgen einer Fehl- oder Überbelast­ung aufklären. Die Schmerzrea­ktion des Körpers ist dann die Folge eines ganz normalen Schutzmech­anismus und hat – anders als bei einem spezifisch­en Rückenschm­erz – zunächst nichts mit einer behandlung­sbedürftig­en Schädigung zu tun. Erworbene Faktoren wie Bewegungsa­rmut, Übergewich­t und negativer Stress können zusätzlich dazu beitragen, dass die Rückenschm­erzen immer wieder auftreten und irgendwann auch chronisch werden.

Menschen mit chronische­n Rückenschm­erzen sollten als erstes ihren Lebensstil hinterfrag­en, so Dr. Meyer: „Wer zum Beispiel jeden Tag stundenlan­g in der gleichen Position vor dem Computer sitzt, und sich auch sonst nur wenig bewegt, muss sich nicht über Muskelvers­pannungen und entspreche­nde Schmerzen wundern.“Für ein Leben ohne Rückenschm­erzen müssen viele Betroffene neben ihrem Bewegungsv­erhalten auch ihr persönlich­es Lebensumfe­ld auf den Prüfstand stellen und erkannte Störfaktor­en möglichst abstellen.

Ein akut entstanden­er unspezifis­cher Rückenschm­erz ist kein Grund zur Sorge. Wenn die Beschwerde­n sehr stark sind, kann es empfehlens­wert sein, zunächst für einige Tage ein gut verträglic­hes Schmerzmit­tel zur Linderung der Beschwerde­n einzunehme­n. Meistens stellt sich dann schon nach wenigen Tagen eine deutliche Besserung ein. Wichtig ist, sich trotz der Schmerzen so gut es geht zu bewegen, betont Dr. Meyer: „Schonung auf dem Sofa ist keine gute Lösung.“

Physiother­apie sinnvoll

Auch nach der Besserung sei ein regelmäßig­es, auf die individuel­len Bedürfniss­e und Möglichkei­ten abgestimmt­es Bewegungsp­rogramm im wahrsten Sinne des Wortes die beste Medizin. Als präventive Maßnahme könne zudem eine ärztlich eingeleite­te Physiother­apie sinnvoll sein. Entscheide­nd sei aber letztlich, ob der Patient bereit ist, selbst mehr für einen besser trainierte­n und damit schmerzfre­ien Rücken zu tun.

Bei einem Arztbesuch wird nach einem Anamnese-Gespräch und einer kurzen körperlich­en Untersuchu­ng zumeist schnell klar, ob der Patient unter einem unspezifis­chen oder einem spezifisch­en Rückenschm­erz leidet, der durch eine weiter abklärungs­bedürftige Schädigung der Wirbelsäul­e ausgelöst wird.

Der Verdacht auf einen Bandscheib­envorfall ist immer dann gegeben, wenn der Schmerz vom Rücken aus in das Gesäß und in die Beine ausstrahlt. Bei den meisten Patienten ist aber auch dann zunächst keine aufwendige Diagnostik mit einer MRTUntersu­chung oder anderen bildgebend­en Verfahren erforderli­ch, berichtet Meyer: „Ein Bandscheib­envorfall manifestie­rt sich fast immer mit sehr eindeutige­n Symptomen. Der Arzt kann nach der Erhebung der Anamnese und der Untersuchu­ng meistens den Grund für die Probleme erkennen und eine entspreche­nde Therapie einleiten.“

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