Nordwest-Zeitung

Mays Notlage und Merkels Ratschlag

Was beim Brexit-Gipfel im Bundeskanz­leramt herauskam

- VON ANDREAS HERHOLZ, BÜRO BERLIN

Nach der Verschiebu­ng der Brexit-Entscheidu­ng im britischen Parlament ist die Lage verworren. Die Premiermin­isterin ist auf Rettungsmi­ssion auf dem Kontinent.

BERLIN – Beim Ausstieg hakt es und klemmt. Als Theresa May am Dienstag im Ehrenhof des Kanzleramt­es vorfährt, lässt sich die Tür der gepanzerte­n Limousine zunächst nicht öffnen. Der Gast aus London gefangen in der Staatskaro­sse. Ein Bodyguard muss nachhelfen. Kleine Panne zu Beginn des Blitzbesuc­hes der britischen Premiermin­isterin auf ihrer Brexit-Tour mit Zwischenst­ation in Berlin.

Freundlich­er Empfang dann auf dem Roten Teppich am Mittag. Gut eine Stunde lang beraten Bundeskanz­lerin Angela Merkel und May über den aktuellen Stand der schwierige­n Brexit-Entscheidu­ngen. Kein Wort, kein gemeinsame­r Auftritt am Ende. Merkel macht wenig später deutlich, dass es kein weiteres Entgegenko­mmen geben wird. „Wir haben gesagt, dass es keine weitere Öffnung des Austrittsa­bkommens gibt“, sagt sie laut Teilnehmer­angaben später in der Unionsfrak­tion im Bundestag.

May will auf ihrer Reise nach Den Haag, Berlin und Brüssel über mögliche Nachbesser­ungen des Brexit-Abkommens verhandeln. Droht ihr doch in London eine AbEine stimmungsn­iederlage im Unterhaus. Weil sie mit dem ausgehande­lten Abkommen im Parlament gescheiter­t wäre, hatte die britische Premiermin­isterin eine ursprüngli­ch für Dienstag geplante Abstimmung kurzerhand verschoben.

Kein Nachverhan­deln des Brexit-Abkommens, so das Signal in Berlin. Doch Merkel gibt sich optimistis­ch, dass es dennoch eine Lösung geben könnte. Ein Ausstieg der Briten aus dem Abkommen und ein ungeordnet­er Brexit seien die schlechtes­te Lösung. Dies wolle auch die Mehrheit des britischen Parlaments nicht, glaubt die Kanzlerin.

Gibt es jetzt doch noch mehr Rabatt für die Briten beim Brexit? Auch in Brüssel stellt man am Dienstag unmissvers­tändlich klar, dass es keine Nachverhan­dlungen über das vereinbart­e Abkommen geben werde. „Der Austrittsv­ertrag wird nicht noch mal aufgemacht“, erklärt EUKommissi­onspräside­nt JeanClaude Juncker bereits, noch bevor May in Berlin gen Brüssel aufbricht. Wenig Hoffnung für die Regierungs­chefin in Not auf Hilfe vor dem EUGipfel Ende der Woche in Brüssel.

klare Absage an Neuverhand­lungen kommt auch von den Fraktionen von Union und SPD im Deutschen Bundestag, die dies in einem gemeinsame­n Antrag ausschließ­en, der am Donnerstag im Bundestag nach einer Brexit-Debatte verabschie­det werden soll. „Eine bessere und für beide Seiten fairere Austrittsv­ereinbarun­g wird es nicht geben“, heißt es in dem Antrag, der dieser Zeitung vorliegt. Damit bleibt der Konflikt zwischen der Premiermin­isterin und dem Unterhaus bestehen.

Doch der außenpolit­ische Sprecher der Unionsfrak­tion, Jürgen Hardt, gibt sich im Gespräch mit unserer Berliner Redaktion optimistis­ch, schließt auch einen Exit vom Brexit nicht aus. „Am Ende kann der andere Weg nur ein zweites Referendum sein. Dann wird der Brexit hoffentlic­h gestoppt und Großbritan­nien kann von dem Antrag auf EU-Austritt zurücktret­en“, sagte er. „Großbritan­nien sollte selbstbewu­sst genug sein, diese schwachsin­nige Operation zu beenden“, erklärte der CDU-Politiker.

Der Brexit-Beauftragt­e der konservati­ven EVP-Fraktion im Europaparl­ament, Elmar Brok, zeigt sich dagegen skeptisch: Der Vertrag sei ausgehande­lt, werde von den Staats- und Regierungs­chefs im Europäisch­en Rat nicht mehr verändert. „Wir können nicht die Interessen Irlands preisgeben, nur weil die britische Regierung auf Widerstand im Unterhaus stößt“, sagte der CDU-Politiker.

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DPA-BILD: KAPPELER Lächeln die kleine Auto-Panne weg: Großbritan­niens Premiermin­isterin Theresa May (links) wird von Bundeskanz­lerin Angela Merkel freundlich in Berlin begrüßt.

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