Mays Notlage und Merkels Ratschlag
Was beim Brexit-Gipfel im Bundeskanzleramt herauskam
Nach der Verschiebung der Brexit-Entscheidung im britischen Parlament ist die Lage verworren. Die Premierministerin ist auf Rettungsmission auf dem Kontinent.
BERLIN – Beim Ausstieg hakt es und klemmt. Als Theresa May am Dienstag im Ehrenhof des Kanzleramtes vorfährt, lässt sich die Tür der gepanzerten Limousine zunächst nicht öffnen. Der Gast aus London gefangen in der Staatskarosse. Ein Bodyguard muss nachhelfen. Kleine Panne zu Beginn des Blitzbesuches der britischen Premierministerin auf ihrer Brexit-Tour mit Zwischenstation in Berlin.
Freundlicher Empfang dann auf dem Roten Teppich am Mittag. Gut eine Stunde lang beraten Bundeskanzlerin Angela Merkel und May über den aktuellen Stand der schwierigen Brexit-Entscheidungen. Kein Wort, kein gemeinsamer Auftritt am Ende. Merkel macht wenig später deutlich, dass es kein weiteres Entgegenkommen geben wird. „Wir haben gesagt, dass es keine weitere Öffnung des Austrittsabkommens gibt“, sagt sie laut Teilnehmerangaben später in der Unionsfraktion im Bundestag.
May will auf ihrer Reise nach Den Haag, Berlin und Brüssel über mögliche Nachbesserungen des Brexit-Abkommens verhandeln. Droht ihr doch in London eine AbEine stimmungsniederlage im Unterhaus. Weil sie mit dem ausgehandelten Abkommen im Parlament gescheitert wäre, hatte die britische Premierministerin eine ursprünglich für Dienstag geplante Abstimmung kurzerhand verschoben.
Kein Nachverhandeln des Brexit-Abkommens, so das Signal in Berlin. Doch Merkel gibt sich optimistisch, dass es dennoch eine Lösung geben könnte. Ein Ausstieg der Briten aus dem Abkommen und ein ungeordneter Brexit seien die schlechteste Lösung. Dies wolle auch die Mehrheit des britischen Parlaments nicht, glaubt die Kanzlerin.
Gibt es jetzt doch noch mehr Rabatt für die Briten beim Brexit? Auch in Brüssel stellt man am Dienstag unmissverständlich klar, dass es keine Nachverhandlungen über das vereinbarte Abkommen geben werde. „Der Austrittsvertrag wird nicht noch mal aufgemacht“, erklärt EUKommissionspräsident JeanClaude Juncker bereits, noch bevor May in Berlin gen Brüssel aufbricht. Wenig Hoffnung für die Regierungschefin in Not auf Hilfe vor dem EUGipfel Ende der Woche in Brüssel.
klare Absage an Neuverhandlungen kommt auch von den Fraktionen von Union und SPD im Deutschen Bundestag, die dies in einem gemeinsamen Antrag ausschließen, der am Donnerstag im Bundestag nach einer Brexit-Debatte verabschiedet werden soll. „Eine bessere und für beide Seiten fairere Austrittsvereinbarung wird es nicht geben“, heißt es in dem Antrag, der dieser Zeitung vorliegt. Damit bleibt der Konflikt zwischen der Premierministerin und dem Unterhaus bestehen.
Doch der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Jürgen Hardt, gibt sich im Gespräch mit unserer Berliner Redaktion optimistisch, schließt auch einen Exit vom Brexit nicht aus. „Am Ende kann der andere Weg nur ein zweites Referendum sein. Dann wird der Brexit hoffentlich gestoppt und Großbritannien kann von dem Antrag auf EU-Austritt zurücktreten“, sagte er. „Großbritannien sollte selbstbewusst genug sein, diese schwachsinnige Operation zu beenden“, erklärte der CDU-Politiker.
Der Brexit-Beauftragte der konservativen EVP-Fraktion im Europaparlament, Elmar Brok, zeigt sich dagegen skeptisch: Der Vertrag sei ausgehandelt, werde von den Staats- und Regierungschefs im Europäischen Rat nicht mehr verändert. „Wir können nicht die Interessen Irlands preisgeben, nur weil die britische Regierung auf Widerstand im Unterhaus stößt“, sagte der CDU-Politiker.