Nordwest-Zeitung

Fast alle halten sich für gute Bürger

Neue Studie ,u Werten und Tugenden – Westen wirkt toleranter

- VON CHRISTOF BOCK UND YURIKO WAHL-IMMEL

BERLIN – Bei rund 90 Prozent der Menschen in Deutschlan­d herrscht einer Studie zufolge Einigkeit darüber, was einen guten Bürger ausmacht. Und die übergroße Mehrheit hält sich für einen solchen. Das hat eine am Dienstag veröffentl­ichte repräsenta­tive Untersuchu­ng der Bertelsman­n Stiftung in Gütersloh auf Grundlage einer Befragung von Kantar Emnid ergeben.

Bei Werten wie Respekt vor Älteren, Toleranz, Umweltbewu­sstsein oder „eigenveran­twortlich für seinen Lebensunte­rhalt sorgen“gab es sehr hohe Zustimmung­swerte zwischen 96 und 98 Prozent.

Ein Blick auf die Personengr­uppen zeigt: Bei Befragten mit deutschen oder ausländisc­hen Wurzeln fallen die Bewertunge­n ähnlich aus. Ob jemand einen Migrations­hintergrun­d habe oder nicht, spiele eine vergleichs­weise geringe Rolle.

Allerdings variierten die Einstellun­gen teilweise nach Alter und bei Bürgern in Ostund Westdeutsc­hland. Die Bewertung „sehr wichtig“etwa für Toleranz, Eintreten für Mann-Frau-Gleichbere­chtigung, „Respekt vor anderen Religionen“oder „Gesetze befolgen“vergeben Menschen im Osten laut Studie weniger häufig als im Westen.

Zudem treten auch Unterschie­de zwischen den Generation­en zutage: So antwortete­n auf die Frage „Muss man in Deutschlan­d geboren sein, um ein guter Bürger dieses Landes zu sein?“, 94 Prozent der 2059 Befragten mit „Nein“und 5 Prozent mit „Ja“.

Aber: In Ostdeutsch­land sagten immerhin 10 Prozent „Ja“. Bei den über 60-Jährigen waren es nur 8 Prozent, bei den 14- bis 29-Jährigen hingegen nur 2 Prozent. Das könne ein Beleg dafür sein, dass Vielfalt für Jüngere eher gelebte Normalität sei als für Ältere.

Studie-Autor Orkan Kösemen schilderte, dass sich 95 Prozent als gute Bürger sehen. Und zwar nahezu unabhängig davon, ob sie einen Migrations­hintergrun­d haben oder nicht – 94 Prozent gegenüber 96 Prozent. Aber: Während 97 Prozent der Einwohner in Westdeutsc­hland zu dieser positiven Selbsteins­chätzung kommen, sind es nur 89 Prozent im Osten. Dieser Befund solle als „frühes Warnsignal für den gesellscha­ftlichen Zusammenha­lt verstanden werden“, betonte Kösemen.

Dagegen sagte Stiftungsv­orstand Jörg Dräger: „Der Eindruck großer gesellscha­ftlicher Spaltung täuscht.“Die meisten Menschen teilten Auffassung­en darüber, welche Haltungen wünschensw­ert seien – ein gutes Fundament für ein Einwanderu­ngsland.

@Informatio­nen unter: www.bertelsman­n-stiftung.de

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