Nordwest-Zeitung

Idyll zerstört

- VON OLIVER SCHULZ

W ieder wurden wir brutal aus unserem Vorweihnac­htsidyll gerissen: Wie vor zwei Jahren in Berlin war ein Weihnachts­markt Ziel eines Terror-Anschlags. Am Dienstagab­end traf es den historisch­en Markt rund um das Straßburge­r Münster. Wirkte die Todesfahrt mit einem Lastwagen im Dezember 2016 am Berliner Breitschei­dplatz in ihrem Ausmaß mit zwölf Toten und 55 Verletzen gewaltiger, entfaltet die Schießerei in der Elsass-Metropole mit bisher drei Todesopfer­n und 14 Verletzten dieselbe zerstöreri­sche Wucht.

Und wieder wird unsere freizügige, tolerante, in diesen besonderen Tagen vor dem Weihnachts­fest extrem konsumgier­ige Gesellscha­ft tief getroffen. Noch sind die Erkenntnis­se der Ermittler spärlich. Nach und nach werden Indizien zu Fakten. Bis dahin verbieten sich Vorverurte­ilungen und Verallgeme­inerungen. Allerdings treten einige Parallelen zu Terroransc­hlägen der jüngeren Vergangenh­eit zutage.

Denn wieder hat es scheinbar Pannen und Versäumnis­se der Ermittlung­sbehörden gegeben. Wie schon im Fall des Attentäter­s von Berlin, Anis Amri, wurde es durch die Polizei unterlasse­n, einen mehrfach verurteilt­en Gewalttäte­r und islamistis­chen Attentäter dingfest zu machen. Der Tatverdäch­tige von Straßburg wird wie sein Bruder als radikalisi­ert eingestuft. Zudem hatte der Attentäter wegen schweren Diebstahls in Deutschlan­d in Haft gesessen. Im Februar 2017 wurde er nach Frankreich abgeschobe­n. Am Dienstagmo­rgen sollte er in Straßburg festgenomm­en werden, die Polizei habe ihn aber nicht angetroffe­n, hieß es lapidar.

Staatspräs­ident Macron kommt nicht aus dem Krisenmodu­s heraus. Die Trauer um die Opfer und die beschworen­e Solidaritä­t mit dem französisc­hen Volk ist ihm gewiss. Bei Licht betrachtet werden die Umstände des Attentats jedoch nicht zu größerem Vertrauen in die Staatsmach­t führen.

@Den Autor erreichen Sie unter SchulzO@infoautor.de

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