Wenn Kellner und Köche fehlen
Personalnot zwingt Wirte zu mehr Ruhetagen und kürzeren 7ffnungszeiten
Auch das Angebot auf der Speisekarte wird ver6 kleinert. Besonders groß ist das Personalproblem zum Jahresende.
FREIBURG – Wenn andere feiern, sind Rainer P. Wiedmer und seine Kollegen in Deutschlands Hotels und Gaststätten gefordert. „Die Zeit um Weihnachten und den Jahreswechsel ist eine besondere Herausforderung“, sagt der Gastronom und Hotelier aus dem südlichen Baden-Württemberg: „Die Weihnachtszeit ist traditionell Ausgehzeit.“Gasthäuser und Hotels sind gut gebucht. Doch es fehlen Leute, die die Arbeit machen. Steigende Gästeund Übernachtungszahlen stehen einem immer größeren Mitarbeitermangel gegenüber.
„Es ist zunehmend schwierig, genügend Beschäftigte zu finden“, sagt Wiedmer und nennt damit die Hauptsorge der Branche. In seiner Region, dem Schwarzwald nahe der Grenze zur Schweiz, ist das Problem besonders groß. Und im Dezember, wenn Weihnachtsund Silvesterfeiern anstehen, wird es mehr als sonst deutlich. Der 48 Jahre alte Wiedmer betreibt mehrere Restaurants und Hotels in und um Lörrach, eine 50 000 Einwohner-Stadt im deutschen Südwesten. Sein Sohn Nicolai (26) ist Küchenchef im familieneigenen Sternelokal „Eckert“in Grenzach-Wyhlen.
Die Schweiz liegt direkt vor der Tür, nur der Rhein trennt die deutsche Gastronomie von jener im Nachbarland. Doch die Unterschiede sind groß. Wegen der im Vergleich günstigeren Preise kommen viele Schweizer über die Grenze nach Deutschland zum Essen und Übernachten. Der Schwarzwald ist ohnehin eine boomende TourismusRegion.
Personal geht von Deutschland aber lieber in die Schweiz. Dort locken Löhne und Gehälter, die in der Gastronomie nach Aussage der Industrie- und Handelskammer (IHK) Südlicher Oberrhein ein Drittel bis 50 Prozent höher sind. Im Werben um Personal haben es deutsche Gastronomen und Hoteliers daher schwer.
Doch das ist nicht nur an der Grenze zur Schweiz so. „Mitarbeitermangel ist deutschlandweit das TopProblem der Betriebe“, sagt Daniel Ohl vom Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) Baden-Württemberg. Viele Wirte und Hoteliers reduzierten, weil Personal fehle, immer häufiger Öffnungszeiten oder führten zusätzliche Ruhetage ein. Andere verringerten die Zahl der Angebote oder Sitzplätze. Auch das Aus vor allem kleinerer Häuser sei die Folge.
Geringe Bezahlung und ungünstige Arbeitszeiten belasten das Image. Hotelier Wiedmer mit seinen rund 80 Beschäftigten bemüht sich deshalb mit allen Mitteln, Mitarbeiter für sich zu gewinnen.
Neu in Wiedmers Küche steht ein Koch aus Spanien. Der junge Mann hatte per EMail nach einem Job gefragt. Drei Tage später konnte er anfangen. „Ich war ganz überrascht, wie schnell es ging“, sagt er. Wohnen könne er in der Mitarbeiterwohnung direkt über der Küche.
Der Hotel- und Gaststättenverband fordert vor allem Änderungen am deutschen Arbeitsgesetz. Längere und flexiblere Arbeitszeiten sowie weniger Vorgaben zum Beispiel beim Mindestlohn könnten helfen, sagt Sprecher Ohl. Die Branche boome.
Deutschlandweit hat das Hotel- und Gaststättengewerbe laut Dehoga gut 2,3 Millionen Beschäftigte. Rund 60 Prozent gaben in einer Mitgliederumfrage an, es sei eine Herausforderung, Mitarbeiter zu finden.