Nordwest-Zeitung

Wenn Kellner und Köche fehlen

Personalno­t zwingt Wirte zu mehr Ruhetagen und kürzeren 7ffnungsze­iten

- VON JÜRGEN RUF

Auch das Angebot auf der Speisekart­e wird ver6 kleinert. Besonders groß ist das Personalpr­oblem zum Jahresende.

FREIBURG – Wenn andere feiern, sind Rainer P. Wiedmer und seine Kollegen in Deutschlan­ds Hotels und Gaststätte­n gefordert. „Die Zeit um Weihnachte­n und den Jahreswech­sel ist eine besondere Herausford­erung“, sagt der Gastronom und Hotelier aus dem südlichen Baden-Württember­g: „Die Weihnachts­zeit ist traditione­ll Ausgehzeit.“Gasthäuser und Hotels sind gut gebucht. Doch es fehlen Leute, die die Arbeit machen. Steigende Gästeund Übernachtu­ngszahlen stehen einem immer größeren Mitarbeite­rmangel gegenüber.

„Es ist zunehmend schwierig, genügend Beschäftig­te zu finden“, sagt Wiedmer und nennt damit die Hauptsorge der Branche. In seiner Region, dem Schwarzwal­d nahe der Grenze zur Schweiz, ist das Problem besonders groß. Und im Dezember, wenn Weihnachts­und Silvesterf­eiern anstehen, wird es mehr als sonst deutlich. Der 48 Jahre alte Wiedmer betreibt mehrere Restaurant­s und Hotels in und um Lörrach, eine 50 000 Einwohner-Stadt im deutschen Südwesten. Sein Sohn Nicolai (26) ist Küchenchef im familienei­genen Sterneloka­l „Eckert“in Grenzach-Wyhlen.

Die Schweiz liegt direkt vor der Tür, nur der Rhein trennt die deutsche Gastronomi­e von jener im Nachbarlan­d. Doch die Unterschie­de sind groß. Wegen der im Vergleich günstigere­n Preise kommen viele Schweizer über die Grenze nach Deutschlan­d zum Essen und Übernachte­n. Der Schwarzwal­d ist ohnehin eine boomende TourismusR­egion.

Personal geht von Deutschlan­d aber lieber in die Schweiz. Dort locken Löhne und Gehälter, die in der Gastronomi­e nach Aussage der Industrie- und Handelskam­mer (IHK) Südlicher Oberrhein ein Drittel bis 50 Prozent höher sind. Im Werben um Personal haben es deutsche Gastronome­n und Hoteliers daher schwer.

Doch das ist nicht nur an der Grenze zur Schweiz so. „Mitarbeite­rmangel ist deutschlan­dweit das TopProblem der Betriebe“, sagt Daniel Ohl vom Hotel- und Gaststätte­nverband (Dehoga) Baden-Württember­g. Viele Wirte und Hoteliers reduzierte­n, weil Personal fehle, immer häufiger Öffnungsze­iten oder führten zusätzlich­e Ruhetage ein. Andere verringert­en die Zahl der Angebote oder Sitzplätze. Auch das Aus vor allem kleinerer Häuser sei die Folge.

Geringe Bezahlung und ungünstige Arbeitszei­ten belasten das Image. Hotelier Wiedmer mit seinen rund 80 Beschäftig­ten bemüht sich deshalb mit allen Mitteln, Mitarbeite­r für sich zu gewinnen.

Neu in Wiedmers Küche steht ein Koch aus Spanien. Der junge Mann hatte per EMail nach einem Job gefragt. Drei Tage später konnte er anfangen. „Ich war ganz überrascht, wie schnell es ging“, sagt er. Wohnen könne er in der Mitarbeite­rwohnung direkt über der Küche.

Der Hotel- und Gaststätte­nverband fordert vor allem Änderungen am deutschen Arbeitsges­etz. Längere und flexiblere Arbeitszei­ten sowie weniger Vorgaben zum Beispiel beim Mindestloh­n könnten helfen, sagt Sprecher Ohl. Die Branche boome.

Deutschlan­dweit hat das Hotel- und Gaststätte­ngewerbe laut Dehoga gut 2,3 Millionen Beschäftig­te. Rund 60 Prozent gaben in einer Mitglieder­umfrage an, es sei eine Herausford­erung, Mitarbeite­r zu finden.

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DPA-BILD: SEEGER Zur WeihnaGhts­zeit fehlt in der Gastronomi­e häufig Personal. Wirte legen mehr Ruhetage ein, kürzen Öffnungsze­iten und verkleiner­n das Angebot auf der Speisekart­e

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