Betrügerische Spendensammler unterwegs
Vermeintlich Taubstumme wollen Bargeld und berufen sich auf echte Hilfsorganisationen
Wenn die Gutherzigkeit einiger Menschen von Kriminellen ausgenutzt wird, schadet das unter Umständen nicht nur denen, die ihr Geld den Betrügern geben.
OLDENBURG – Gerade in der Vorweihnachtszeit sind die Menschen spendabel. Das machen sich wohltätige Organisationen zunutze, die grade in diesen Wochen ihre Spendenaufrufe platzieren. Aber auch Betrüger haben jetzt Hochkonjunktur. Diese Erfahrung machte jüngst auch ein Ð-Leser. Beim Verladen seiner Einkäufe sei er auf dem Edeka-Parkplatz in Ofenerdiek von hinten angetippt worden und ihm sei von einem einzelnen Mann wortlos aber gestikulierend ein Klemmbrett unter die Nase gehalten worden. Auf einem Blatt, versehen mit vermeintlich offiziellen Logos, Stempeln und einer Unterschrift, wurde um Spenden für Taubstumme, für behinderte Personen und „für die armen Kinder“gebeten. Angeblich sollten ein „Internationales Zentrum erschaffen“– und „bauliche Anlagen gebaut“– werden.
Der Ð-Leser, der seinen Namen aus Angst vor möglichen späteren Bedrohungen nicht in der Zeitung lesen möchte, war zunächst gerne bereit, zu spenden und machte sich ans Ausfüllen des Papiers: Unterschrift, Postleitzahl, Stadt und Spendensumme wurden abgefragt. Vier Leute vor ihm hatten sich schon eingetragen – mit Beträgen von zehn oder 20 Euro. Er selber hätte bar bezahlen sollen, berichtet der Mann. Als er vorsichtshalber den Spendenbogen fotografiert habe, sei sein Gegenüber aber auffällig unruhig geworden, so dass ihm Zweifel gekommen seien. Deshalb habe er kurzerhand seinen Eintrag wieder durchgestrichen. Der vermeintliche Spendensammler habe daraufhin triumphierend einen Stift aus der Tasche gezogen, mit dem er den Eintrag beinahe spurlos gelöscht habe, bevor er sich dem nächsten Spendenwilligen zuwandte.
Eines der Logos auf dem Spendenbogen gehört Handicap International (HI), einem von sechs Gründungsmitgliedern der Internationalen Kampagne zum Verbot von Landminen, die 1997 den Friedensnobelpreis bekommen hatte. Seit Jahren seien betrügerische Gruppen mit ihrem – mittlerweile alten – Logo unterwegs, sagt Huberta von Roedern, die Pressesprecherin von HI. In der Tat hatte die Ð vor drei Jahren schon einmal genau diesen Bogen abgedruckt. „Uns tut es sehr leid, dass einige auf diese Betrüger hereinfallen, aber wir haben keinerlei Handhabe“, sagt die HI-Pressesprecherin. Polizei und Staatsanwaltschaft ermittelten zwar, aber die Verfahren würden meist wegen Geringfügigkeit eingestellt. „Für uns ist das ein großes Problem, weil unser guter Name beschmutzt wird“, sagt von Roedern. „Dabei leben wir zu einem großen Teil von Spenden“.