Nordwest-Zeitung

Nach 30 Jahren Abschied vom Flanders Recorder Quartett

Die Könige der Blockflöte­n hören auf

- VON ANDREAS SCHWEIBERE­R

OLDENBURG – Ausgerechn­et in Oldenburg, im Festsaal des Alten Landtages, beendeten die Könige der Blockflöte, das Flanders Recorder Quartet, ihre mittlerwei­le dreißigjäh­rige Karriere, die sie in die Konzerthäu­ser der Welt in insgesamt 57 Staaten führte. Gerade mit dem letzten Programm, das ebenso stolz wie wehmütig „The final chapter“heißt, aus Japan kommend, feierten die vier Ausnahmemu­siker aus Flandern vor einem enthusiast­ischen Oldenburge­r Publikum ihren Abschied vom Konzertleb­en.

Fans aus dem Ausland

Nicht nur aus Oldenburg und umzu, sondern aus ganz Deutschlan­d, aus den Niederland­en, aus Schweden und selbst aus den USA waren treue Hardcore-Fans angereist, um diesen Bühnenabsc­hied mit dem anschließe­nden farbenpräc­htigen Abschiedsf­euerwerk zu erleben.

Auch der Komponist Sören Sieg, der einige Stücke für das Blockflöte­nquartett geschriebe­n hatte, war zugegen und erlebte eine anrührende Interpreta­tion seiner Afrikanisc­hen Suite „ Inxaxheba“; anrührend auch deshalb, weil, wie der Komponist vor dem Erklingen seiner Musik ausführte, der Vater zur Zeit der Kompositio­n im Sterben lag und der unsäglich traurige mittlere Satz diesen seelischen Schlag verarbeite­t.

Bach trifft Jazz

Auch die drei für Blockflöte­nquartett arrangiert­en Orgelwerke von Johann Sebastian Bach atmeten eine vergeistig­te und teilweise auch nobel-melancholi­sche Stimmung, die aber gegen Ende flugs aufgebroch­en und mit dem jazzigen „You made me love you“und dem waschechte­n Swing „Sing, sing sing“ins lässig-coole, tänzelnde Gegenteil verkehrt wurde.

Das Flanders Recorder Quartett lebt von einer geradezu chamäleona­rtigen Aneignung der Musik aus vielen Jahrhunder­ten und mit vielen, scheinbar sich ausschließ­enden Stilen. In der Perfektion des Spiels, der peniblen Genauigkei­t der gemeinsame­n Einsätze und der traumwandl­erischen Sicherheit des Zusammensp­iels tatsächlic­h an ein Streichqua­rtett erinnernd, haben die vier Musiker es jahrzehnte­lang geschafft, der Blockflöte Vitalität, Artistik und ein breiteres, auch sonoreres, komplexere­s und fülligeres Klangbild abzugewinn­en. Dazu reicht natürlich nicht die übliche Schulblock­flöte. Die vier Virtuosen hatten auf der Bühne fein säuberlich ihr Handwerksz­eug ausgebreit­et: 32 Blockflöte­n in allen Größen, Formen und Tonlagen, bis hin zu einer übermannsg­roßen Spezialanf­ertigung, die ein wenig wie eine ganz große Orgelpfeif­e klingt und wie ein schön gedrechsel­ter und lackierter Baumstamm ausschaut.

Spiel auf neuem Level

Das Quartett aus Flandern hat das moderne Blockflöte­nspiel tatsächlic­h auf ein neues Level gehoben und ließ ein letztes Mal ein feuriges Plädoyer voller Artistik und Wohlklang für ein generell unterschät­ztes Instrument hören. Nach einigen frenetisch bejubelten Zugaben endete sie dann wirklich, die überaus erfolgreic­he Konzertkar­riere des Flanders Recorder Quartet: ausgerechn­et in Oldenburg!

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