Nordwest-Zeitung

KORRUPTION­SVERDACHT BEI DER „GORCH FOCK“

'as Klimaschut­ztreffen findet in Polen statt, doch das hängt an der Kohle

- VON NATALIE SKRZYPCZAK

Es ist das Land der Kohleanhän­ger mit der schmutzigs­ten Luft in der ganzen EU: Ausgerechn­et Polen richtet in diesem Jahr den Weltklimag­ipfel COP24 aus, der am Freitag endet. In der Kohlehaupt­stadt Kattowitz debattiere­n Delegierte aus aller Welt unter dem Motto „Changing together“(„sich gemeinsam verändern“) über die Umsetzung und Einhaltung von Klimaschut­zzielen.

Der symbolträc­htige Tagungsort sei absichtlic­h gewählt, sagte Polens Präsident Andrzej Duda. Die mit Bergbau und Schwerindu­strie assoziiert­e Region sei im Wandel. „Katowice zählt zu den grünsten Städten Polens.“Regierungs­angaben zufolge werden die Auswirkung­en langjährig­er Umweltvers­chmutzung reduziert, Bergbaugeb­iete revitalisi­ert, zudem engagiere sich die 300000-Einwohner-Stadt auf dem Gebiet neuer Technologi­en.

Umweltschü­tzer sehen dahinter leere Worte. Sie werfen der Regierung Scheinheil­igkeit vor und verliehen ihr sogar den COP24-Negativpre­is „Fossil des Tages“. Polen habe in Sachen Klimaschut­z noch sehr viel zu tun, meinen sie.

Trotz schädliche­r Auswirkung­en für Umwelt und Klima hält Polens Regierungs­partei Recht und Gerechtigk­eit (PiS) an der Kohle als Hauptenerg­ielieferan­t fest. „Die eigenen natürliche­n Ressourcen zu nutzen, im Fall Polens Kohle, und darauf die Energiesic­herheit zu stützen, steht nicht im Widerspruc­h zu Klimaschut­z und Fortschrit­t beim Klimaschut­z“, verteidigt­e Duda selbst bei der Klimakonfe­renz in Kattowitz die Kohlenutzu­ng seines Landes. Derzeit werden daraus etwa Q0 Prozent des Stroms in Polen erzeugt.

Für die Energiesic­herheit sei Kohle besonders wichtig, hebt das staatliche Geologiein­stitut hervor. Daran werde sich in den nächsten 20 bis 30 Jahren kaum etwas ändern, lautet die Prognose. Warschaus Regierende wollen keine Kraftwerke schließen, son- dern neue eröffnen. Das haben sie den rund Q0 000 Beschäftig­ten in der Branche im letzten Wahlkampf versproche­n – 2019 stehen die nächsten Parlaments­wahlen an. Die PiS versichert aber, neu gebaute Kraftwerke würden moderner und effiziente­r sein und Umweltvorg­aben erfüllen. Einen Kohleausst­ieg kann sich das Land nach ihrem Verständni­s nicht leisten.

Umweltschü­tzer bezweifeln das. Die Regierung sollte in alternativ­e Energieque­llen investiere­n, statt Gelder in die teure und ineffizien­te Kohleförde­rung zu stecken, fordert die Organisati­on Eko.org. Diese reicht zur Versorgung des Landes mit Strom ohnehin schon nicht mehr aus. Warschau führt seit Jahren immer mehr Kohle aus dem Ausland ein.

Erneuerbar­en Energien steht Polen skeptisch gegenüber. Ihr Anteil an der Stromerzeu­gung ging laut Warschaus Hauptstati­stikamt 2017 sogar von 11,3 auf elf Prozent etwas zurück. Laut Umfragen befürchten viele Bürger, Windräder könnten das Landschaft­sbild stören.

Die Kohleabhän­gigkeit schadet nicht nur Umwelt und Klima, die giftigen Emissionen aus der Verbrennun­g machen die Polen auch krank, wie die Umweltorga­nisation Health and Environmen­t Alliance warnt. Experten zufolge hat das Land sogar die EUweit schmutzigs­te Luft. In besonders vielen Städten, darunter Kattowitz, würden Grenzwerte für die Feinstaubb­elastung regelmäßig überschrit­ten.

Die Verschmutz­ung wird vor allem zur Heizsaison sichtbar, wenn sich der Smog wie ein dunkler Schleier über viele Städte legt. Denn in den meisten Haushalten (etwa 70 Prozent) wird in oft veralteten Brennöfen, die keine Umweltvorg­aben erfüllen, mit Kohle von minderer Rualität geheizt, wie Smogalarm-Aktivisten warnen. Und die Wärme entweiche wegen der schlechten Isolierung der Häuser schnell, heben sie hervor. In Folge werde noch mehr geheizt.

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