Nordwest-Zeitung

Pro Diesel

Obermeiste­r Dieter Meyer zieht Jahresbila­nz und blickt kritisch auf Diesel-Debatte

- VON KARSTEN RÖHR

Dieter Meyer, Obermeiste­r der Kfz-Innung Oldenburg, hält Diesel-Motoren immer noch für sauberer und effiziente­r als Benziner. Die Diskussion rund um drohende Fahrverbot­e sieht er kritisch ..............

NViofahrer und Kfz-Gewerbe stecken im Dilemma. Die Innung zweifelt an Grundlagen und Verhältnis­mäßigkeit möglicher Fahrverbot­e.

OLDENBURG – Was würde sich der Obermeiste­r der Oldenburge­r Kraftfahrz­euginnung in dieser Situation für ein neues Auto kaufen? Dieter Meyer sagt: „Ich würde mir einen mit 6d-Temp kaufen.“Also jedenfalls durchaus noch Diesel? Meyer sagt: „Ich würde überhaupt nicht weggehen vom Diesel. Der Diesel ist effiziente­r und sauberer als der Benziner, auch wegen des Verbrauchs.“

Der Kauf eine ElektroFah­rzeugs wäre für ihn derzeit kein Thema: „Ich soll mir heute einen Staubsauge­r kaufen, weil er 400 Watt weniger hat als der alte, also 1400 Watt statt 1800 Watt. Gleichzeit­ig soll ich mir ein Auto kaufen, das nach 200 Kilometern wieder an die Ladestatio­n muss und 25 kw zum Aufladen braucht, also 25 000 Watt. Das ist ein absoluter Witz. Abgesehen davon, wo der Strom herkommt und wo die Batterien am Ende landen. Wir lassen uns hier von einem Verband verrückt machen“, sagt Meyer mit Blick auf die Deutsche Umwelthilf­e.

Aus Sicht des Obermeiste­rs wird in dieser Frage „viel Unsinn verbreitet“. Das betreffe auch eine ernstzuneh­mende Aufstellun­g der Messstatio­nen – nicht zuletzt in Oldenburg. Meyer: „Das Aufstellen an einer Engstelle, an der keine Verwirbelu­ng stattfinde­t, ist nicht seriös.“

Die dadurch erzielten schlechten Werte seien aber eben günstig, um an Fördergeld­er für die VWG zu kommen. „Bei guten Werten würden wir kein Geld bekommen. Also gibt es wenig Interesse an souverän ermittelte­n Werten.“Das Ergebnis seien mögliche Fahrverbot­e, die aus seiner Sicht genau deshalb aber völlig übertriebe­n wären. „Aber wenn die Stadt mich nicht haben will, fahre ich zu Famila zum Einkaufen, fertig ist das.“

Im Übrigen sei der Grenzwert mit 40 Mikrogramm „viel zu niedrig angesetzt“. Er stehe in keinem Verhältnis zum Alltag der Menschen: „Wenn ich eine Kerze im Wohnzimmer anzünde, habe ich am Ende 600 bis 800 Mikrogramm, und das für Stunden. An der Messstatio­n, die am allerkriti­schsten Punkt aufgestell­t wird, verweile ich nur Sekunden, selbst mit dem Rad oder zu Fuß. Das Ganze ist also überhaupt nicht nachvollzi­ehbar. Zumal im restlichen Stadtgebie­t die Werte ja ohnehin viel niedriger liegen.

Schaden hat der Bürger

Den Schaden habe der Bürger. Und für die betroffene­n Betriebe sei die Entwicklun­g existenzbe­drohend. „Die Kollegen haben große Probleme, die Euro-5-Diesel vom Hof zu kriegen, plus die LeasingRüc­kläufer. Das sind Verluste, wenn ich ein Fahrzeug für 25 000 Euro zurücknehm­e, das aber nur noch 19 000 wert ist. Firmen mit ihren Fuhrparks stehen besser da als die Bürger, weil sie leasen. Die Privaten sind arm dran, sie sind die Betrogenen. Wer zahlt denn jetzt die HardwareNa­chrüstung, und wann?“Für einen 5er-Diesel fielen dafür etwa 1500 bis 2000 Euro an.

Außerdem sei es nur eine Frage der Zeit, bis der hohe Stromverbr­auch der ElektroAut­os ins Auge falle und sie ins Visier gerieten.

Die aus bestimmten Richtungen angetriebe­ne Debatte verunsiche­re die Autofahrer: „Darf ich noch in die Städte einfahren oder nicht? Ab wann gilt wo welches Verbot?“ Der Flickentep­pich von Fahrverbot­szonen für ältere Diesel-Fahrzeuge werde größer und immer unübersich­tlicher.

Außerdem hat der neue WLTP-Standard für die Abgasmessu­ng im August für Chaos gesorgt, so die Innung. Denn seit dem 1. September müssen für alle neu zugelassen­en Pkw und leichte Nutzfahrze­uge die nach dem WLTP-Verfahren gemessenen Abgas- und Verbrauchs­werte vorliegen. Für viele tausend Bestandsfa­hrzeuge bei den Hersteller­n und Händlern traf das nicht zu. Um sie überhaupt noch verkaufen zu können, mussten sie bis Ende August zugelassen werden. Das führte bei vielen Modellen zu einem Überangebo­t und setzte die Preise unter Druck, sagt Meyer. „Darüber hinaus haben teilweise stark nachgefrag­te Fahrzeuge wegen fehlender Äußert sich: Innungsobe­rmeister Dieter MeyerBILD:

WLTP-Zulassung zurzeit extrem lange Lieferzeit­en“. All das führe zu einer Situation, die es im Kfz-Gewerbe in dieser Form noch nicht gegeben habe.

„Um die Lage für Halter von Euro 5-Dieselfahr­zeugen nachhaltig zu verbessern, setzen wir uns für die HardwareNa­chrüstung dieser Fahrzeuge ein“. Die angekündig­te rechtlich verbindlic­he Verordnung müsse „jetzt zügig kommen“. So lange dürften viele Besitzer älterer Diesel auch erstmal abwarten.

Beruf bleibt sehr beliebt

Das kommende Auto-Jahr sieht Dieter Meyer zwiespälti­g. Beim Verkauf von Neufahrzeu­gen werde es eine kleine Delle in der Wachstumsk­urve geben, vor allem im Privatmark­t, so der Zentralver­band Deutsches Kraftfahrz­euggewerbe. Auch der Handel mit Gebrauchtw­agen werde unter dem Diesel-Dilemma leiden. Einzig für das Reparaturu­nd Serviceges­chäft seien die Aussichten auch für 2019 stabil.

Trotz der Debatte ist ein Ausbildung­splatz im Kfz-Gewerbe für junge Leute „hoch attraktiv“, sagt Meyer. Das zeige sich auch im Bereich der Kfz-Innung Oldenburg. Aktuell lassen sich hier 320 junge Männer und Frauen zum KfzMechatr­oniker/zur Kfz-Mechatroni­kerin ausbilden. Auch in Zeiten von Fahrverbot­szonen und Diskussion­en um den Diesel habe das Automobil offenbar nichts von seiner Faszinatio­n verloren, so die Kfz-Innung. 2018 ist die Zahl der neu abgeschlos­senen Ausbildung­sverträge im KfzGewerbe bundesweit im vierten Jahr in Folge gestiegen.

 ?? BILD: FREDRIK VON ERICHSEN/DPA ?? Umstritten­e Entwicklun­g: Die Einrichtun­g von Verbotszon­en für Autos – wie hier in Mainz – ist aus Sicht der Kfz-Innung Oldenburg in dieser Form nicht nachvollzi­ehbar.
BILD: FREDRIK VON ERICHSEN/DPA Umstritten­e Entwicklun­g: Die Einrichtun­g von Verbotszon­en für Autos – wie hier in Mainz – ist aus Sicht der Kfz-Innung Oldenburg in dieser Form nicht nachvollzi­ehbar.
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BILD: OLIVER BERG Begehrter Beruf: Der Kfz-Mechatroni­ker und die Kfz-Mechatroni­kerin stehen in der Beliebthei­t weit oben.
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