Nordwest-Zeitung

Die Kunst lockt hinter dem Deich

Porträt der Galerie 8chönhof in Jade – Über 20 Jahre der Moderne verpflicht­et

- VON REINHARD TSCHAPKE

BREMEN – Mehr als 250 Karikature­n zeigt die Weserburg/ Museum für moderne Kunst (Teerhof 20) noch bis zum 10. Februar 2019. Die Arbeiten stammen aus dem Wettbewerb zum Deutschen Karikature­npreis, einem der renommiert­esten Auszeichnu­ngen für Karikaturi­sten in Deutschlan­d. Insgesamt 227 Künstlerin­nen und Künstler aus Deutschlan­d, Österreich und der Schweiz hatten sich mit 1045 Werken an der 19. Ausgabe des Wettbewerb­s unter der Überschrif­t „Vorsicht Heimat“beteiligt. Öffnungsze­iten: dienstags bis sonntags 11–18 Uhr und donnerstag­s 11–20 Uhr. DIE IM JULI entlassene Intendanti­n am Tanztheate­r Wuppertal Pina Bausch, Adolphe Binder (49), hat mit Erfolg geklagt. Die Kündigung sei unwirksam, entschied das Arbeitsger­icht in Wuppertal am Donnerstag. Richter Carsten Gironda sagte, die angeführte­n Gründe und das Vorgehen rechtferti­gten den Schritt nicht. Binder war das Fehlen eines realisierb­aren Spielplans für die nächste Saison vorgeworfe­n worden. Auch wurde ihr Führungsst­il kritisiert.

9usstellun­gen in der Pampa? – Warum nicht. Die Galerie 8chönhof arbeitet seit über 20 Jahren erfolgreic­h. Die Familie und 8tühle spielen dabei eine wichtige Rolle.

JADE – Auf der Bundesstra­ße 437 vor der Hofanlage brettern die Autos in Richtung Varel oder Nordenham vorbei. Ein paar Wiesen gibt es noch bis zum Deich vorm Jadebusen, Nachbarhäu­ser sind weit weg, und der Himmel weint auch noch. Hier ist die flachste Landschaft aller flachen Landschaft­en. Hier ist nichts los. Und trotzdem lockt das mächtige, 1872 gebaute Gulfhaus auf der moorigen Ecke mit seinem bäuerliche­n Charme die Kunstfreun­de an.

Die Galerie Schönhof in Jade existiert seit 20 Jahren, hat die Stürme der Zeit und den Tod des Gründers und Motors der Galerie, Jochen Heumann, überstande­n und gehört nun beispielha­ft zu jenen ländlichen Galerien, die in der Region zum Begriff geworden sind – und wo schon mal ein paar Hundert Gäste zu einer Vernissage kommen.

Mit Udo Lindenberg

Wibke Heumann: „Wir können uns nicht beklagen – und das Ganze rentiert sich auch noch!“Von solchen Sätzen kann manche städtische Galerie nur träumen.

Wibke Heumann (51), eigentlich Grundschul­rektorin in Golzwarden/Brake, führt mit ihrer Mutter (77) und auch ihrem Bruder Tammo (49) zusammen charmant die Galerie. Jeder, erklärt sie, hat so seine Schwerpunk­te: Der Bruder organisier­t und hängt die Bilder auf, Wibke Heumann pflegt mit der Mutter die Kontakte zu Künstlern, und die Mutter kümmert sich besonders um das Thema Lithografi­e. Alle zusammen entscheide­n, welcher Künstler zu einer Ausstellun­g eingeladen wird: „Das ist ein richtiger Familienra­t!“

Die Ausstellun­gsräume im ehemaligen Bauernhaus mit über 1000 Quadratmet­ern Grundfläch­e sind großzügig und robust gehalten, teilweise sieht man das mächtige holzige Fünf-Ständerwer­k, aktuell läuft im kuschelig-bäuerliche­n Hauptraum bis zum 13. Januar eine Schau mit Bildern von Michael Schreiber. Zu sehen waren, wird dem Besu- cher stolz erklärt, in der Galerie Schönhof unter anderen schon so regional verwurzelt­e Künstler wie Klaus Beilstein oder Puck Steinbrech­er.

Man ist gut vernetzt und auch national und internatio­nal tüchtig unterwegs: Gezeigt wurden schon Arbeiten von Günter Grass, Ernst Hanke, Markus Tollmann, Armin Mueller-Stahl oder von Christo und Jeanne-Claude. Nein, sagt Wibke Heumann, die waren nicht alle auch zu der Eröffnung ihrer Schau da. Aber viele von ihnen, ja fast alle, haben trotzdem ihre deutlichen und dauerhafte­n Spuren hinterlass­en. Denn es gibt eine Spezialitä­t, die seit der Gründung der Galerie vor 20 Jahren gepflegt wird: Jeder ausstellen­de Künstler soll bitte einen Stuhl bemalen. Um die 120 sind es bereits, jeder ist ein Unikat.

„Mancher Künstler“, erklärt Wibke Heumann, „ hat sich viel Mühe mit dem Stuhl gegeben.“Mancher weniger. Udo Lindenberg hat 2009 „Cool auf dem Stuhl“gekritzelt und ein Bildchen von sich Jizu gezeichnet. Elvira Bach hat erkennbar einen Stuhl schön gestaltet, sogar Christo war aktiv. Ein Stuhl hat so etwas wie Flügel bekommen. Und auf allen, wirklich allen, betont Wibke Heumann, kann man auch gut sitzen. Etwa bei einer Vernissage mit 400 Gästen.

OLDEN URGmitteln

Nur Bilder zu zeigen, wäre dieser familiär geführten Galerie zu wenig. „Wir wollen“erläutert Wibke Heumann, „den Menschen die Kunst näherbring­en.“Dazu gehören als Kunstvermi­ttlung Lithografi­ekurse und Führungen. Eintritt wird nicht genommen, wer die Kunst allein genießen will, wird auch von der netten Hilfskraft allein gelassen. Die Werkstätte­n mit ehrwürdige­r Litho-Presse wirken topgepfleg­t, Ferien- und Künstlerwo­hnungen gibt es auch. Nach und nach und immer wieder neu wird das alte Haus saniert. Kurzum: Diese Galerie hat keine Probleme. Und das ist was ganz Seltenes.

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BILD: ARCHIV Jeder ausstellen­de Künstler muss einen Stuhl bemalen: Blick in die Galerie

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