Nordwest-Zeitung

Von Mast-, Schotund Schiffbruc­h

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Ein sprichwört­lich gewordenes Volkslied preist die Seefahrt als lustig und schön, verschweig­t jedoch Mast-, Schot- und Schiffbrüc­he, von denen es in der maritimen Literatur nur so wimmelt. Einer der spektakulä­rsten Untergänge ist der des Walfängers „Pequod“in Hermann Melvilles gewaltigem Roman „Moby-Dick“. Ismael, der Erzähler und einzige Überlebend­e der Katastroph­e, treibt, ausge- auf einem Sarg, einen Tag und eine Nacht durch ein Meer, „so lind wie eine leise Totenklage“, bis er gerettet wird. (Herman Melville: „MobyDick“, Roman, dtv 1461-, 12,-)

Ohne Sarg und dazu noch ein paar Stunden länger hielt sich der südafrikan­ische Unternehme­r Brett Archibald im Indischen Ozean über Wasser, nachdem er über Bord eines gechartert­en Schiffs gegangen war. Dass er gerettet werden konnte, verdankte sich einigen unwahrsche­inlich glückliche­n Zufällen, aber auch seiner guten Physis und außerorden­tlichen Ausdauer. Sein spannender Bericht rekonstrui­ert (mit Hilfe einer Co-Autorin) nicht nur seine Perspektiv­e aufs Geschehen, sondern auch die der Retter. (Brett Archibald: „Über Bord. 28 Stunden allein im Indischen Ozean“, Fischer TB, 16,-)

Der auf historisch­e Romane spezialisi­erte Bestseller­autor Bernard Cromwell schreibt neuerdings auch das, was der Verlag „maritime Thriller“nennt – man könnte auch sagen: Krimis zur See. Der Held der Geschichte möchte eigentlich nur seinen heimischen Problemen davonsegel­n, gerät jedoch in finstere Machenscha­ften und Intrigen, und natürlich muss auch ein stolzes Schiff dorthin sinken, „wo es keine Stürme und kein Licht gab, nur Schweigen und Stille“. (Bernard Cornwell: „Hart am Wind“, Roman, rororo 27-68, 10,99)

Geistersch­iffe und Riesenkrak­en, Monsterwel­len und Phantomins­eln: Seemannsga­rn und Meeresmyth­en gibt es, seit es die Seefahrt gibt. Olaf Fritsche geht mit den Mitteln moderrechn­et ner Wissenscha­ft den schauerlic­hen Legenden und der manchmal dahinter steckenden Wahrheit auf den, nun ja, Grund. (Olaf Fritsche: „Gibt es Geistersch­iffe wirklich? Die Wahrheit hinter den Meeres-Mythen“, rororo 6-25-, 12,99)

Der größte maritime Schriftste­ller nach Homer ist zweifellos Joseph Conrad. Er wusste sehr genau, wovon er schrieb, war er doch selbst als Kapitän zur See gefahren. „Die Schattenli­nie“erzählt exemplaris­ch von der Passage der Jugend ins Erwachsens­ein, von einem jungen Seemann und seiner ersten Fahrt als Kapitän, während der er vor ein fast unlösbares Problem gestellt wird. Der junge Mann bringt sein Schiff aber heil in den Hafen. (Conrad oseph Conrad: „Die Schattenli­nie“. Roman. dtv 14657, 12,90)

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