Nordwest-Zeitung

Unauffälli­ger Hoffnungst­räger der SPD

Niedersach­sens Minister8r­äsident Ste8han Weil wird an diesem Samstag 60 Jahre alt

- VON DORIS HEIMANN

Nahles findet ihn „cool“, Althusmann lobt seine Verlässlic­hkeit. Eine Kanzlerkan­didatur schließt Weil mittlerwei­le nicht aus.

HANNOVER – Es gibt da diese Frage an Stephan Weil. Niedersach­sens Ministerpr­äsident hat sie in den vergangene­n Monaten in vielen Varianten gehört. Bei TV-Moderator Markus Lanz klingt sie Anfang Dezember so: „Schließen Sie aus, in die Bundespoli­tik zu gehen und Kanzlerkan­didat der SPD zu werden?“Weil kontert, in der Politik solle man nie etwas ausschließ­en. „Sie könnten mich auch nach dem Posten des UnoGeneral­sekretärs fragen, Sie würden die gleiche Antwort bekommen.“Wieder einmal ist der SPD-Politiker geschickt ausgewiche­n. Und niemand wird Stephan Weil den UnoGeneral­sekretär als Großkotzig­keit auslegen. Denn dafür wirkt der Mann, den manche als Hoffnungst­räger der SPD sehen, viel zu bodenständ­ig und bescheiden. An diesem Samstag, 15. Dezember, wird Stephan Weil 60 Jahre alt.

Weil ist der einzige Ministerpr­äsident, der den Sozialdemo­kraten in ihrem annus horribilis 2017 einen Wahlsieg gebracht hat. Nach dem Verlust der früheren SPD-Hochburg Nordrhein-Westfalen ist Niedersach­sen so etwas wie ein Flaggschif­f für die Partei geworden.

Weils bundespoli­tisches Gewicht innerhalb der Partei ist stark gewachsen, er selbst und sein energiegel­adener Innenminis­ter Boris Pistorius (SPD) sind gefragte Talkshowgä­ste. Im Sommer bescheinig­te sogar Altkanzler Gerhard Schröder seinem niedersäch­sischen Landsmann, das Zeug zum Kanzler zu haben – ein symbolisch­er Ritterschl­ag, den Schröder außer Weil nur noch Finanzmini­ster Olaf Scholz (SPD) und NordrheinW­estfalens Ministerpr­äsidenten Armin Laschet (CDU) zuteilwerd­en ließ.

Stephan Weil steht im Rampenlich­t – ein ungeahnter Aufstieg für den studierten Juristen, der Unauffälli­gkeit als Markenzeic­hen kultiviert. Als der frühere Oberbürger­meister von Hannover 2013 die Landtagswa­hl gewann und ein rot-grünes Regierungs­bündnis führte, wurde er zunächst als dröge, blass und provinziel­l belächelt. Doch mit der Zeit gewann er an Format. Seine Kämpferqua­litäten zeigten sich im August 2017, als eine grüne Landtagsab­geordnete zur CDU überlief und sein Regierungs­bündnis zum Einsturz brachte. Bei der vorgezogen­en Neuwahl, die nur sechs Wochen nach der Bundestags­wahl stattfand, lieferte sich Weil eine spektakulä­re Aufholjagd mit der CDU – und gewann. Das war Balsam für die Seele seiner vom SchulzDeba­kel gebeutelte­n Partei.

Seit einem Jahr regiert Weil nun in einer großen Koalition mit der CDU. Das Bündnis funktionie­rt pragmatisc­h – etwas langweilig vielleicht, aber im wohltuende­n Unterschie­d zum Chaos in Berlin. „Ich schätze an Weil seine Verlässlic­hkeit. Wir können uns gegenseiti­g darauf verlassen, dass unsere vertraulic­hen Gespräche immer auch vertraulic­h bleiben“, sagt der niedersäch­sische CDU-Landeschef und Wirtschaft­sminister Bernd Althusmann. Hat der Ministerpr­äsident auch eine Macke? „Er ist halt ein überzeugte­r Sozialdemo­krat“, frotzelt der CDU-Politiker.

Auch SPD-Chefin Andrea Nahles findet lobende Worte für den Mann, der als ihr möglicher Nachfolger gehandelt wird. „Stephan Weil ist eine der wichtigste­n Stimmen in der SPD und für die SPD. Klar, konstrukti­v und cool!“

Anders als Nahles neigt Weil nicht zu Verbalausf­ällen, alles Schrille geht ihm ab. „Ich bügele ab und zu im Keller meine Hemden und höre dabei laut Bruce Springstee­n“, verriet er einmal – exzentrisc­her wird es nicht.

Seit 1987 ist er mit der Professori­n Rosemarie KerkowWeil verheirate­t, das Paar hat einen erwachsene­n Sohn. Außer Lesen, Laufen und Wandern ist er Fußballfan. Weil besitzt eine Dauerkarte von Hannover 96. Sein schönstes Geburtstag­sgeschenk, so erinnert er sich, war ein Trikot von Pelé, das ihm Verwandte aus Brasilien geschenkt hatten.

Seinen 60. Geburtstag will Stephan Weil bei italienisc­hem Essen in Hannover feiern. Er fühle sich in der niedersäch­sischen Hauptstadt gut aufgehoben, betont er auf Fragen nach seiner Zukunft. Was hat Hannover Besonderes, das andere Städte nicht bieten? „Einfach gesagt: Heimat“, ist Weils Antwort. Ganz bescheiden.

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DPA-BILD: ASSANIMOGH­ADDAM Ziemlich „cool“: Ministerpr­äsident Stephan Weil (SPD) während einer Sommerreis­e in Carolinens­iel am Strand

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