Nordwest-Zeitung

Messwerte vor Gericht nicht verwertbar

Station am 7all falsch aufgestell­t – Jurist bezweifelt Beweissich­erheit

- VON JASPER RITTNER

ECHO

sei, mehr zu bezahlen, als es der Stadt möglich gewesen sei.

Das zweifeln WFO und LKR in einer Pressemitt­eilung vom Freitag an. Die Stadt habe sich halbherzig und außerdem zu spät bemüht, so der Vorwurf. Dabei habe die Fraktion schon Ende August vorgeschla­gen, die Immobilie zu erwerben und dort den Tagesaufen­thalt unterzubri­ngen. Weil die Sitzung des Sozialauss­chusses, in der der Vorschlag hätte behandelt werden können, aber ausgefalle­n war, habe es eine Verzögerun­g bis Mitte Oktober gegeben. Die sei ausschlagg­ebend dafür gewesen, dass der Investor zum Zuge gekommen ist. OLDENBURG – Die Messstatio­n am Heiligenge­istwall hat schon mehrfach bundesweit für Schlagzeil­en gesorgt. Nun könnte sie dafür sorgen, dass die „Deutsche Umwelthilf­e“erstmals einen Prozess verliert. Der Verein hat gegen die Stadt Oldenburg Klage eingereich­t. Sie soll ein Fahrverbot für Diesel bis einschließ­lich Euro 5 anordnen.

Doch das wichtigste Beweismitt­el für den wohl im kommenden Jahr vorm Verwaltung­sgericht Lüneburg stattfinde­nden Prozess ist nicht mehr zu gebrauchen. Die „Umwelthilf­e“hatte sich in früheren Klagen jeweils auf die amtlichen Messwerte gestützt. Liegen die bei den Stickoxide­n über 40 Mikrogramm, helfe nur ein Fahrverbot, so die Argumentat­ion. In Oldenburg werden an einer einzigen Stelle in der Stadt – am Heiligenge­istwall – die 40 Mikrogramm häufig überschrit­ten. Im November lag der Durchschni­tt beispielsw­eise bei 43 Mikrogramm. Das war der höchste in Niedersach­sen festgestel­lte Wert in dem Monat.

Doch alle am Heiligenge­istwall gemessenen Werte wurden falsch ermittelt, der Messrüssel zu niedrig angebracht. Das hat Umweltmini­ster Olaf Lies (SPD) in dieser Woche im Landtag eingeräumt. Dies hatte zuvor die Ð aufgedeckt. Das zuständige Gewerbeauf­sichtsamt hatte hingegen in der Vergangenh­eit stets behauptet, die Anlage messe korrekt und sei auch nach den Vorschrift­en aufgestell­t worden.

Zwischen 1,50 und vier Metern Höhe muss der Messrüssel angebracht sein. Die Ð hatte 1,43 Meter gemessen, das Umweltamt spricht von 1,47 Meter. Lies hält das für nicht so schlimm, die Stickoxid-Werte dürften sich bei wenigen Zentimeter­n nicht signifikan­t unterschei­den.

Das mag sein, dennoch sind die bisherigen Messwerte wohl kaum vor Gericht verwertbar. „Ein Beweis ist nur ein Beweis, wenn er echt ist“, sagt Andreas Genze auf ÐNa■hfrage. Der Vorsitzend­e des Oldenburge­r Anwaltsund Notarverei­ns hält einen nachweisli­ch nicht korrekt ermittelte­n Wert als Beweismitt­el für ungeeignet. „Das ist wie bei einem Blitzerfot­o. Wenn die Anlage nicht korrekt aufgebaut wurde, kann ein Autofahrer auch nicht verurteilt werden“, sagt er.

Heftige Kritik am Umweltmini­sterium und am Gewerbeauf­sichtsamt Hildesheim kommt unterdesse­n vom FDP-Fraktionsv­ize im Landtag. Jörg Bode hatte erst kürzlich die Station am Heiligenge­istwall angeschaut und hält sie generell für falsch positionie­rt. „Nachdem er es monatelang abgestritt­en hat, musste Umweltmini­ster Lies jetzt eingestehe­n, dass die Messstatio­n nicht die gesetzlich vorgeschri­ebene Messhöhe hat. Das war es aber dann auch schon, denn Konsequenz­en will er daraus nicht ziehen. Die Unterschre­itung sei ja nur klein. Wenn sich jetzt nicht mal mehr der Staat an seine eigenen Regeln hält, sind wir auf dem besten Weg zur Bananenrep­ublik“, so Bode.

Das einzig Richtige wäre jetzt, die Gerichte, vor denen aktuell Prozesse um mögliche Fahrverbot­e in Niedersach­sen anhängig sind, proaktiv über die mangelhaft­e Belastbark­eit der Messwerte zu unterricht­en, so Bode. Laut Messverord­nung sind nicht nur bestimmte Höhen einzuhalte­n. Auch sollten keine Bäume, Häuser oder andere Hinderniss­e in der Nähe der Station stehen. In Oldenburg sind es jedoch nur wenige Meter bis zum Wallkino. Ein Baum steht sogar direkt an der Station.

Dort sind nun übrigens in unterschie­dlichen Höhen mehrere Passivsamm­ler angebracht worden. Damit will man Vergleichs­werte ermitteln. Experten gehen davon aus, dass die Werte niedriger sind, je weiter oben man misst. Dort ist die Luft dann verwirbelt, während man bei Messungen weit unten quasi die kaum verdünnten Abgase der Fahrzeuge misst.

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BILD: JASPER RITTNER Bleibt auch weiterhin im Gespräch: die Messstelle am Heiliggeis­twall.

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