Nicht immer ist eine Operation sinnvoll
Kaputte Knie und Hüften sorgen für Schmerzen – Physiotherapie kann helfen
Schmerzen, Bewegungseinschränkungen und drohende Folgeschäden – das können Gründe für ein künstliches Gelenk sein. Ob eine Operation infrage kommt, hängt von vielen Faktoren ab.
AACHEN/ESSEN – Ob Knie, Hüfte oder Schulter – Gelenke können Schaden nehmen, das ist nicht ausschließlich eine Frage des Alterns. Gelenkverschleiß droht bei Bewegungsmangel, Übergewicht und auch bei falscher Belastung, etwa durch Leistungssport. Die Knorpelmasse um das Gelenk reibt sich mehr und mehr ab, bis es sich versteift. Ärzte sprechen dann von Arthrose. In so einem Fall muss aber nicht immer gleich ein künstliches Gelenk her.
Zunächst kommen zur Therapie gelenkfreundliche Sportarten wie Radfahren und Schwimmen infrage. „Damit wird das betroffene Gelenk gestärkt“, sagt der Essener Orthopäde Ramin Nazemi, Vorstandsvorsitzender bei orthonet-NRW.
Die Arthrose selbst ist nicht heilbar, sagt Ute Merz vom Deutschen Verband für Physiotherapie (ZVK). Sport und auch Physiotherapie können aber dazu beitragen, dass der Verschleiß nicht mehr so schnell voranschreitet. Die Muskulatur um das Gelenk herum wird gestärkt – oft lassen die Schmerzen dann auch nach.
Zeigen sich durch die Physiotherapie innerhalb von drei bis sechs Monaten keine Erfolge und hat der Patient weiter oder zunehmend Schmerzen, dann kommt eine Operation infrage. „Ob und wann operiert wird, hängt vom Leidensdruck des Patienten ab“, sagt Nils Lynen, Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie in Aachen.
Ein Grund für eine OP kann auch sein, dass sich ein HinkMechanismus entwickelt. „Dann empfiehlt sich oft eine OP, um Folgeschäden etwa an der Wirbelsäule zu vermeiden“, sagt Nazemi. Bei dem Eingriff kommt es aber auch auf den richtigen Zeitpunkt an. Bekommt der Patient zu spät ein neues Gelenk eingesetzt, dann bleibt womöglich ein Restschmerz, weil es
Menschen mit Kniearthrose
schon Folgeschäden gibt. „Darüber muss der Patient vor einem Eingriff gründlich aufgeklärt werden“, betont Lynen.
Eine Woche Krankenhaus, anschließend drei Wochen Reha und dann noch mehrere Wochen ambulante Physiotherapie – so läuft der Einsatz eines neuen Gelenks in der Regel ab. „Normalerweise gibt es nach der Operation einen festen Therapieplan, in dem der Operateur festlegt, wann das neue Gelenk wie stark belastet werden darf und ab wann eine volle Belastung des Gelenkes erlaubt ist“, erklärt Merz. Bei einem neuen Hüftgelenk besteht beispielsweise das Risiko, dass es sich auskugelt. Begünstigt wird dies etwa durch ein Überkreuzen der Beine.
Eine neue Knieprothese kann dagegen bei normalem Verlauf nahezu sofort wieder voll belastet werden. In den ersten Tagen orientiert sich der Patient an den Wundschmerzen und arbeitet sich unter therapeutischer Aufsicht an die Bewegung des Gelenks langsam heran, erläutert Merz. Mit abnehmenden Wundschmerzen kann der Patient das Gelenk Stück für Stück mehr belasten, um die Muskulatur mehr und mehr
aufzubauen. Wichtig ist, den Muskelaufbau um das neue Gelenk kontinuierlich zu fördern. Hierfür zeigen Physiotherapeuten den Patienten Übungen, die sie in ihren Alltag einbauen sollten.
Läuft alles gut, kann der Patient das Gelenk hinterher wieder schmerzfrei benutzen. Allerdings nicht unbedingt für immer. „Eine Hüftprothese muss häufig nach 15 bis 20 Jahren ausgetauscht werden, eine Knieprothese nach zehn bis 15 Jahren“, so Lynen. „Wie lange aber letztendlich die Prothese hält, ist von Patient zu Patient verschieden“, so Lynen.