Geniestreiche von Johann Sebastian Bach
Anspruchsvolle Feier im Kleinen Haus zum 333. Geburtstag – Lücken im Lebenslauf
OLDENBURG – Bitte bei der folgenden Quizfrage nicht laut loslachen: Wer komponierte Johann Sebastian Bachs berühmte Toccata und Fuge dMoll, Werkverzeichnis 565? Wer so gefragt wird, ahnt: Etwa gar nicht der große Bach?
Thomas Honickel führt am Sonntag im 1. Kinderkonzert im Kleinen Haus die aufbrausende, verspielte, wuchtige und hoch virtuose Orgel-Toccata vor. Doch Zweifel an der Echtheit klammert er aus. Gut so. Das passt nicht mehr in die 70 Minuten, die er als Planer und Dirigent in sein Konzept gesteckt hat, Kindern ab sechs Jahren sowie Eltern und Großeltern das Leben des vielleicht berühmtesten Komponisten näher zu bringen.
Anna Feichtinger aus dem Klanghelden-Jugendchor des Staatstheaters erzählt zur Feier des 333. Geburtstages eine spannende Lebensgeschichte. Das heißt: Sie kann nur Ausschnitte herausgreifen. Bach kennt jeder. Wirklich? Was ist außerhalb der Noten mit seinen Gefühlen, Ängsten oder auch seinem Humor oder Zorn? Alle großen Komponisten haben Briefe über sich hinterlassen. Doch vom Größten gibt es allenfalls Eingaben an den Magistrat der Stadt Leipzig mit Beschwerden über die „elendigen Musici“, die seine Werke verhunzten.
Über die ausübenden Musici am 3. Advent gibt es keine Klage zu führen. Honickel hat ein anspruchsvolles Programm entworfen: Mit Ausschnitten aus der 3. Orchestersuite, dem 3. Brandenburgischen Konzert, dem Doppelkonzert für zwei Violinen, dem Eingangschor zum Weihnachtsoratorium und Cembalostücken. Dazu singen Simone Hauburger und Anna Feichtinger Lieder, in denen Johann Sebastian seinen beiden Ehefrauen die Herzen öffnet. Dem Staatsorchester, dem Jugend- und dem Elternchor ist die Freude an diesem Unternehmen anzumerken.
Und was ist nun mit der Toccata? Eine Fährte der neueren Forschung führt zu einem Dorfkantor in Thüringen, Johann Peter Kellner. Doch zurückhaltend heißt es: Zumindest weite Teile seien von ihm. Es gibt auch andere Varianten, etwa diese: Bach war schon mit 18 Jahren Orgelsachverständiger. Da hat er das Stück frechweg für eine Orgelprüfung verfasst, in der das Instrument alles geben musste. Eben ein Geniestreich.