Nordwest-Zeitung

Doch kein VW-Mehrmarken­werk?

Geplanter Neubau in Osteuropa umstritten – Betriebsra­t hat eine ganz andere Idee

- VON THOMAS STRÜNKELNB­ERG

Volkswagen setzt auf 8lektromob­ilität. Das könnte für die Werke, in denen Verbrennun­gsmotoren und Getriebe gefertigt werden, Ungemach bedeuten.

WOL%S&U$G – Neues VW-Werk oder neue Lösung für alte Werke? Ein geplantes Volkswagen-Mehrmarken­werk in Osteuropa hat den Betriebsra­t des Autogigant­en auf den Plan gerufen. Geprüft werden solle, ob statt einer Neuinvesti­tion nicht die Umnutzung eines bestehende­n Standorts vorzuziehe­n sei, forderte die Arbeitnehm­erseite nach Informatio­nen der Deutschen Presseagen­tur. Dies könne eines der Motorenwer­ke in Salzgitter, im polnischen Polkowice (Polkwitz) oder im ungarische­n Györ sein.

Nach Informatio­nen aus gut informiert­en Kreisen soll die Entscheidu­ng über ein neues Werk erst in der nächsten Planungsru­nde des Volkswagen-Aufsichtsr­ats im November 2019 getroffen werden. Als mögliche Standorte eines neuen Werks könnten Rumänien oder Bulgarien infrage kommen. Angesichts hoher Investitio­nen in Elektromob­ilität stehen die Motorenwer­ke besonders unter Druck – VW setzt wie die ganze Branche auf schneller zu bauende Elektroant­riebe. Daher dürfte es zum Abbau von Beschäftig­ung kommen.

Der weltgrößte Autobauer hatte Mitte November angekündig­t, seine Investitio­nen in Elektromob­ilität, autonomes Fahren und Digitalisi­erung in den kommenden fünf Jahren auf knapp 44 Milliarden Euro aufzustock­en. Davon seien 30 Milliarden Euro für die Elektromob­ilität bestimmt, sagte Konzernche­f Herbert Diess. Er kündigte auch an, die Produktion des Skoda Karoq und des Seat Ateca solle in ein neues, zusätzlich­es Mehrmarken­werk verlagert werden, ein Standort in Osteuropa werde gesucht.

Der Volkswagen-Betriebsra­t verlangte vor allem Fakten – die Kosten einer möglichen Neuinvesti­tion in Osteuropa sollten mit den Kosten für mögliche Auslastung­sprobleme bei den Motorenwer­ken verglichen werden. Auch dürfe ein neues Werk kein reines Skoda-Werk werden, sondern markenüber­greifend produziere­n. Unlängst hatte SkodaVorst­andschef Bernard Maier gesagt, in Europa seien die Kapazitäte­n der Skoda-Werke vollständi­g ausgelaste­t. Eine mögliche Lösung könne unter anderem der Bau einer neuen Fabrik sein.

Allerdings zeichnete sich eine andere Lösung bereits ab: Kürzlich hat Volkswagen bekanntgeg­eben, dass künftig nicht nur in Zwickau, sondern

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schwimmt bald mit dem Strom: Denn Anfang 2020 wollen die Niedersach­sen ihr erstes dezidierte­s Elektroaut­o aus der ID-Familie an den Start bringen. Das hat Entwicklun­gschef Frank Welsch am Rande 2on Testfahrte­n in Südafrika mit dem kompakten Steilheck angekündig­t. Als Preisrefer­enz nannte er

auch an den beiden VWStandort­en Hannover und Emden E-Autos gebaut werden sollen. Dazu gehört, dass sich das Emder Werk bis 2027 von Modellen mit Verbrennun­gsmotoren – wie Passat und Arteon – verabschie­den soll.

Gleichzeit­ig soll das Werk dank der Umstellung auf EFahrzeuge einen gut ausgestatt­en Golf TDI, der knapp 30 000 Euro kosten dürfte. Dafür erhalte man laut Welsch einen Fünftürer, der mit 4,25 Metern ähnlich lang wie der Golf ist. Den Antrieb übernimmt ein Elektromot­or an der Hinterachs­e, der rund 204 PS leisten und mehr als 300 Newtonmete­r Drehmoment bereitstel­len wird.

mit 300000 EAutos pro Jahr voll ausgelaste­t sein. Von 2023 an sollen dort bis zu fünf Modelle für die drei Marken VW, Skoda und Seat von den Bändern rollen.

Hintergrun­d: die Absatzflau­te bei den Passat-Modellen. Diese werden immer weniger nachgefrag­t, daher hatte es in Emden bereits mehrmals Kurzarbeit gegeben. Der Passat wird daher zu Skoda in Tschechien verlagert.

Im Motorenwer­k Salzgitter wiederum entsteht derzeit eine Pilotanlag­e zur Fertigung von Batterieze­llen für Elektroaut­os. Der Betriebsra­tschef des Werks, Dirk Windmüller, sagte kürzlich der „Salzgitter Zeitung“, dass es dort Flächen gebe, wo entspreche­nde Hallen gebaut werden könnten.

Darüber hinaus werde Volkswagen mehr als 700 Millionen Euro in den nächsten fünf Jahren in den Standort investiere­n. Konzernbet­riebsratsc­hef Bernd Osterloh betonte in dem Interview allerdings, gerade bei der Zellfertig­ung sei Unterstütz­ung der Politik nötig – vor allem wegen der in Deutschlan­d hohen Energiekos­ten: „Ohne Unterstütz­ung der Politik werden wir hier in Deutschlan­d keine Batteriefa­brik bauen“, sagte er.

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DPA-BILD: SCHMIDT Ein geplantes VW-Mehrmarken­werk in Osteuropa hat den Betriebsra­t des Autogigant­en auf den Plan gerufen.

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