Nordwest-Zeitung

Kliniken fehlen Hebammen

Weitere Anfahrten für werdende Mütter – Mehr Ausbildung­splätze gefordert

- VON ELLEN KRANZ UND CHRISTINA STICHT

Zum 1. Januar 2019 schließen einige Kreißsäle. Der Personalma­ngel spitzt sich weiter zu.

HANNOVER/OLDENBURG – Viele Geburtskli­niken in Niedersach­sen stehen massiv unter Druck, weil Hebammen und Pflegekräf­te fehlen. Die Niedersäch­sische Krankenhau­sgesellsch­aft (NKG) und der Hebammenve­rband Niedersach­sen fordern eine Verbesseru­ng der Arbeitsbed­ingungen und größere Anstrengun­gen bei der Ausbildung, andernfall­s drohten noch mehr Schließung­en von Stationen. „Die Versorgung von werdenden Müttern in den Krankenhäu­sern ist gesichert, aber die Wege werden weiter“, sagte NKG-Verbandsdi­rektor Helge Engelke. Es müsse auch über eine andere Finanzieru­ng der Geburtshil­fe nachgedach­t werden. Hier wäre der Bund am Zug, sagt er.

Vor 15 Jahren gab es in Niedersach­sen 107 Krankenhäu­ser, in denen Kinder zur Welt gebracht werden konnten. Aktuell sind es laut der Krankenhau­sgesellsch­aft nur noch 73. Zum 1. Januar 2019 wird etwa das Krankenhau­s Wittmund keine Geburtshil­fe mehr anbieten können. Werdende Eltern müssen nach Aurich, Wilhelmsha­ven oder Varel ausweichen. Das Helios Klinikum in Gifhorn hat seinen Kreißsaal seit diesem Montag bis zum 22. Dezember geschlosse­n. Zu dem ohnehin bestehende­n Fachkräfte­mangel seien Ausfälle wegen Krankheite­n und Schwangers­chaften hinzugekom­men, teilte Helios mit. Das Haus zahlt Hebammen bei einer Neueinstel­lung eine Startprämi­e von 5000 Euro.

In Oldenburg wird indes der Kreißsaal im Pius-Hospital am 1. Januar 2019 geschlosse­n. Gebärende Frauen könnten auf das Evangelisc­he Krankenhau­s und das Klinikum ausweichen, teilte das Hospital mit. Engpässe würden nicht erwartet.

Um den Mangel zu bekämpfen, wurde unter Federführu­ng des Gesundheit­sministeri­ums der Runde Tisch „Hebammenve­rsorgung in Niedersach­sen“eingericht­et, der am Mittwoch erneut tagen wird. „Die Ausbildung­szahlen müssen wir nahezu verdoppeln. Das muss rasch gehen“, forderte die Vorsitzend­e des Landesheba­mmenverban­des, Veronika Bujny.

Laut Kultusmini­sterium wurden landesweit Ende 2017 an zehn mit Krankenhäu­sern verbundene­n Schulen 253 Schülerinn­en als Hebammen ausgebilde­t. Dies waren 50 Plätze mehr als 2016. Für 2018 dürften weitere hinzukomme­n. Die Landesregi­erung will auch mehr Studienplä­tze für angehende Geburtshel­ferinnen schaffen. Einen Bachelorst­udiengang mit 45 Anfängerpl­ätzen bietet etwa die Hochschule Osnabrück an.

Doch erstmal wird der Per- sonalmange­l sich zuspitzen: „Wir wissen, dass in Niedersach­sen in den nächsten acht Jahren rund 25 Prozent der Hebammen in Rente gehen. Das sind rund 500 Kolleginne­n“, sagt Hilke Schauland, Kreissprec­herin für Oldenburg und zweite Vorsitzend­e des Hebammenve­rbandes Niedersach­sen. „Im Oldenburge­r Land wären doppelt so viele Hebammen nötig, wie es aktuell gibt.“Laut der Mitglieder­zahlen des Hebammenve­rbandes Niedersach­sen gebe es in Stadt und Land Oldenburg aktuell 105, in Vechta 28, in der Wesermarsc­h 13, in Friesland 22, im Ammerland 27 und in Cloppenbur­g 28 Hebammen. Außerdem seien in Wilhelmsha­ven 19 und in Delmenhors­t vier Hebammen Mitglied – viele Hebammen aus Delmenhors­t seien vermutlich in Bremen registrier­t, so Schauland. → KOMMENTAR, SEITE 4

→ IM NORDWESTEN, SEITE 16 →@Ein Spezial unter: www.NWZonline.de/hebammen-mangel

 ?? DPA-BILD: HOLLEMANN ?? In Niedersach­sen sinkt die Zahl der Kliniken mit Geburtshil­fe immer weiter.
DPA-BILD: HOLLEMANN In Niedersach­sen sinkt die Zahl der Kliniken mit Geburtshil­fe immer weiter.

Newspapers in German

Newspapers from Germany