Nordwest-Zeitung

Adler fliegen auf ersten Saisonhöhe­punkt zu

Vierschanz­entournee beginnt am 29. Dezember in -berstdorf

- VON CHRISTOPH LEUCHTENBE­RG

ENGELBERG – Schnell raus aus dem Schweizer Winterwund­erland: Die deutsche Skisprung-Reisegrupp­e hatte es nach der Generalpro­be für die Vierschanz­entournee eilig. Die einen spurteten aus Engelberg zur Sportler-Gala nach Baden-Baden, die anderen flugs zurück in die Heimat. Die Stimmungsl­age nach der Generalpro­be für den ersten Saisonhöhe­punkt schwankte zwischen euphorisch und zerknirsch­t.

„Ich freue mich total auf die Tournee“, sagt Karl Geiger. Der Allgäuer, der am Samstag seine Sieg-Premiere im Weltcup feierte, gehört zur ersten emotionale­n Kategorie und kommt beim Gedanken an den „Four Hills“-Auftakt am 29. Dezember (Qualifikat­ion) in seiner Oberstdorf­er Heimat kaum aus dem Grinsen heraus.

Bei Werner Schuster rennt er offene Türen ein. Der Bundestrai­ner weiß, dass es noch Baustellen gibt. Vor allem die Spitzenspr­inger Andreas Wellinger, Richard Freitag und Severin Freund hängen derzeit etwas durch. Daher plant er ein knackiges Trainingsp­rogramm. „Ich möchte auf jeden Fall vor Weihnachte­n noch springen, Akzente setzen“, sagt der Österreich­er: „Dann werden wir den Sportlern am 23. und 24. freigeben und schauen, was passiert. Wir wollen, dass sie hungrig zur Tournee kommen.“

Schuster muss dabei auf ein veränderte­s Teamgefüge reagieren. Die bisherigen Schattenmä­nner Geiger und Stephan Leyhe fliegen voran, die Erfolgsgar­anten früherer Jahre überzeugte­n hingegen kaum. Der Bundestrai­ner sieht darin aber sogar eine Bestätigun­g für seine Arbeit. „Jedes andere Team würde es zerreißen, wenn die Besten wegbrechen“, sagt Schuster: „Umso froher bin ich, dass es uns gelungen ist, das Team in Bewegung zu halten, dass Karl und Stephan einen Schritt nach vorne gemacht haben.“

Die größten Fragezeich­en stehen hinter Freitag. Der Sachse sprang bislang mäßig, kämpft mit seiner Hüftverlet­zung. „Wir wissen nicht genau, wie es weitergeht“, sagt Schuster: „Mental wird es ein ziemlicher Hürdenlauf, damit er bei der Tournee noch den großen Wurf landen kann.“

Auch Wellinger kommt nicht in Fahrt, der Olympiasie­ger bleibt aber zuversicht­lich. „Ich weiß, was ich kann. Ich muss es schaffen, dass sich über die Sprünge mein Niveau anhebt“, sagt der Ruhpolding­er: „An Weihnachte­n werde ich nochmal runterfahr­en, dann freue ich mich auf die Tournee.“

Zum Tournee-Joker könnte Markus Eisenbichl­er werden, der sich in Engelberg nach einem desaströse­n 48. Platz als Sechster am Sonntag zurückmeld­ete. „Es war höchste Zeit, dass er zeigt, was er kann“, meint Schuster: „Er ist eigentlich seit Wochen unser bester Springer. Mit ihm haben wir eine Option mehr, die für Furore sorgen kann.“

Nicht nur im deutschen Team, auch internatio­nal haben sich die Verhältnis­se verschoben. Von den besten Sieben des Gesamtwelt­cups lag nur Polens Dominator Kamil Stoch auch im Vorjahr unter den besten Zehn. Von den vier verschiede­nen Gewinnern des Winters siegten drei erstmals, darunter der Japaner Ryoyu Kobayashi, der am Sonntag in Engelberg zum vierten Mal in diesem Winter triumphier­te – vor dem erstarkten TourneeTit­elverteidi­ger Stoch. „Solide zu springen, reicht für uns nicht, um die zwei, drei Spitzenleu­te zu schlagen“, mahnt Schuster.

Newspapers in German

Newspapers from Germany