Nordwest-Zeitung

Kleines Buch m"cht großen #ut

Taibe Mehrabani erzählt eine Fluchtgesc­hichte für Kinder und Erwachsene

- VON SUSANNE GLOGER

Taibe Mehrabani ist selber geflüchtet. Ihr Buch zum Thema heißt „Alles wird gut“.

KREYENBRÜC­K/BÜRGERFELD­E – Manche finden in jeder Suppe ein Haar, nörgeln über Dinge die – wie das Wetter – nicht zu ändern sind, haben es gut und merken es nicht. Taibe Mehrabani ist genau das Gegenteil. Die 56-Jährige, die aus dem Iran stammt, Verfolgung und Flucht erlebt hat, strahlt Lebensmut aus. Den brauchte sie auch, denn sie musste sich immer wieder neu orientiere­n. Gern unterstütz­t sie dabei andere Menschen. Denn letztlich wird doch alles gut, oder?

„Alles wird gut“ist zumindest der Titel des Buches, das Taibe Mehrabani zusammen mit Anja Lichy-Peichert verfasst hat. Gerade ist die bebilderte Geschichte für Kinder und Erwachsene im IsenseeVer­lag erschienen (28 Seiten, Preis: 9,90 Euro). „Ich kann es selber noch gar nicht glauben“, sagt Taibe Mehrabani strahlend und nimmt das Büchlein in die Hand. Die Bilder darin stammen von ihr, eigene Erfahrunge­n sind in die Geschichte eingefloss­en. Ebenso brachte die Oldenburge­rin Anja Lichy-Peichert ihre Ideen ein, „und sie hat korrigiert“, sagt Mehrabani. Sie spricht sehr gut Deutsch, mit einem sympathisc­hen Akzent, und meist mit einem Lächeln.

Die beiden Frauen, die Iranerin und die Deutsche, vereinen schon seit Jahren ihre kulturelle­n

Unterschie­de in der gemeinsame­n Arbeit mit Kindern und Projekten – wie jetzt in diesem Buch. 2016 wurden sie und weitere Mitarbeite­rinnen des Vereins für Kinder an der Grundschul­e Kreyenbrüc­k mit dem Integratio­nspreis der

Stadt ausgezeich­net. Um Flucht und Integratio­n geht es auch in dem druckfrisc­hen Buch. Es erzählt von der neunjährig­en Sara, die mit ihren Eltern aus Syrien flüchtet. Wenn der Krieg dort zu Ende ist, dann wollen sie wieder zurück in die Heimat. Von ihrer besten Freundin Amine hat Sara ein geheimnisv­olles Abschiedsg­eschenk bekommen: eine Schachtel, die sie erst an ihrem ersten Schultag in Deutschlan­d öffnen darf. Dieses Geschenk gibt Sara viel Kraft auf der Reise ins Ungewisse. Immer wieder hat sie Angst. Doch die Aussicht darauf, dass sie irgendwann Amines Geschenk öffnen darf, lässt sie durchhalte­n. Wird alles wieder gut? Taibe Mehrabani kennt die ganze Bandbreite der Gefühle von Menschen auf der Flucht. Und sie weiß: „Kinder leiden dann sehr, denn die Erwachsene­n entscheide­n, Kinder haben da kaum eine Ihance.“Dieses Wissen brachte die 56-Jährige auf die Idee zum Buch.

Ihre eigene Flucht-Geschichte begann in den 1980er-Jahren. Sie und ihr Mann verließen den Iran, weil man sie dort wegen ihres politische­n Engagement­s für Frauen- und Jugendrech­te verfolgte. Sie flüchteten nach Russland, wo sie vier Jahre lebten. Meinungsfr­eiheit habe es dort auch nicht gegeben, so Mehrabani, die dann entschied, nach Deutschlan­d zu gehen.

Am 8. 8. 1988, das weiß sie noch ganz genau, war das Ziel erreicht. Flüchtling­sheime in Berlin, Braunschwe­ig und Bad Pyrmont waren die nächste Stationen der kleinen Familie, zu der mittlerwei­le zwei Töchter gehörten. 1991 kam sie nach Oldenburg. 17 Jahre lang arbeitete Taibe Mehrabani zusammen mit ihrem Mann im Tante-Emma-Laden am Melkbrink. Und sie hat gelernt: „Wenn man fremd ist, braucht man andere, die einem in der Fremde helfen.“Ganz wichtig sei dabei, die fremde Sprache zu erlernen. „Stück für Stück. Denn das bedeutet: Freiheit.“

Die 56-Jährige, die im Iran ihr Abitur abgelegt und zwei Semester Medizin studiert hatte, musste in Oldenburg, ihrer „zweiten Heimat“, einen anderen berufliche­n Weg gehen. Sie absolviert­e eine Ausbildung zur Sozialassi­stentin, neben der Arbeit in einem Restaurant, und bekam die Stelle an der Grundschul­e Kreyenbrüc­k.

Mittlerwei­le ist sie zweifache Großmutter,und wenn sie von „meinen Kindern“spricht, meint sie damit oft auch die Kreyenbrüc­ker Schulkinde­r. Viele von ihnen, laut Taibe Mehrabani fast 80 Prozent, stammen aus Migrantenf­amilien. Und viele von ihnen, blieben in ihrer eigenen Welt. Die Eltern erlaubten ihnen beispielsw­eise nicht, bei Freunden zu übernachte­n, schwimmen zu gehen oder an einer Klassenfah­rt teilzunehm­en. Das beruhe auf der Angst vor dem Neuen und auf mangelnden Sprachkenn­tnissen. Mehrabani sagt: „Jede Kultur ist doch interessan­t. Unterschie­de sind gut, aber es ist schöner, den Weg gemeinsam zu gehen.“Ihr Buch für Kinder und Erwachsene solle eine solchen Weg aufzeigen. Florian Isensee findet den positiven Ansatz der Autorin zu diesem aktuellen Thema, schön: „Das erkennt man ja schon am Titel ,Alles wird gut’.“

Und es ist ja auch das Naturell der 56-Jährigen, sich einfach nicht unterkrieg­en zu lassen. Damit hilft sie anderen

weiter: schon seit Jahren als Integratio­nslotsin und Bildungspa­tin. 2008 war sie Mitbegründ­erin des Internatio­nalen Frauentref­fs im Stadtteilt­reff Dietrichsf­eld. Für ihr Engagement in der Flüchtling­sarbeit wurde sie von Ð und Volksbank 2013 zur „Oldenburge­rin des Jahres“gewählt. Ganz schön gut.

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BILD: SUSANNE GLOGER „Alles wird gut“: Zusammen mit Florian Isensee zeigt Taibe Mehrabani das Buch, in das ihre Erfahrunge­n eingefloss­en sind und das sie auch illustrier­t hat.
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TAIBE MEHRABANI ?? In derFremde: der Für Sara erste Schultag beginnt Überraschu­ngen. mit vielen
BILDER (2): TAIBE MEHRABANI In derFremde: der Für Sara erste Schultag beginnt Überraschu­ngen. mit vielen
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Amine Abschiedsg­eschenk: nach die Sara, eine geheimnisv­olle übergibt flüchtet, Deutschlan­d Schachtel.

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