Nordwest-Zeitung

Wer musiziert mit mir?

Leidenscha­ftlicher Klavierspi­eler sucht Geige oder zwei Hände als Begleitung

-

/ON SWANTJE SAGCOB

TUNGELN – „Wenn ich morgens aufwache, kriege ich manchmal meine Finger nicht zusammen“, nimmt Dietrich Sevecke die Bürden des Alters wahr. Wer den 83-Jährigen auf seinem Klavier spielen sieht und hört, mag dies gar nicht glauben – die Finger flitzennur­soüberdie schwarzen und weißen Tasten.

In Schwerin aufgewachs­en, hat er schon früh Klavier lernen dürfen – genau wie seine drei Geschwiste­r. Heute ist Dietrich Sevecke seiner Klavierleh­rerin von einst sehr dankbar. Ihren Namen vergisst er nicht: Frau Kirchner. Lange Zeit habe er das Musizieren vernachläs­sigt, seine ganze Leidenscha­ft in seinem Beruf als Gärtner gelebt.

Nach seiner Lehrzeit in der Schlossgär­tnerei in Schwerin haben ihn die Botanische­n Gärten fasziniert, denen er deutschlan­dweit, zuletzt in

Oldenburg, gedient hat. Während der Großvater bei seiner Flucht in den Westen über Leer nach Lauenburg an die Elbe kam, zog es Dietrich Sevecke nach der Lehre als Reviergärt­ner nach Hamburg, nach dem Studium zum Garteninsp­ektor (entspricht heute dem Gartenbaui­ngenieur) und Stationen in Kopenhagen (Dänemark), Bonn (Nordrhein-Westfalen) und Frankreich wurde er technische­r Leiter vom Botanische­n Gar- tnn irnsburg (Baden-Württember­g) und Leiter des Gartenamte­s Bad Wildungen (Hessen), ehe er seine Heimat im Oldenburge­r Land fand. Seine Frau lernte er in den Dünen von Dänemark kennen und lieben, in Tungeln fanden sie ihr Zuhause.

Vor fünf Jahren verstarb die gebürtige Dänin – und Dietrich Sevecke musste um seine eigene Gesundheit bangen, überlebte Herzstills­tand und Herz-OP und stürzte sich wieder aufs Klavier, das lange Zeit verhältnis­mäßig wenig genutzt worden war. Das Talent aus der musikalisc­hen Familie ist unverkennb­ar – doch es gehört auch viel Fleiß dazu: „Ich liebe besonders die Sonaten von Beethoven und ackere darin“, zeigt sich der rüstrige Senior ehrgeizig und macht aus seinem Lieblingsk­omponisten keinen Hehl.

Seit einiger Zeit träumt er von einem musikalisc­hen Duett – mit einer Geigerin odereinemG­eiger(beispielsw­eise für Kompositio­nen von Friedrich Seitz Op. 13) oder aber auch mit jemandem am Klavier für vierhändig­e Stücke (u.a. von Anton Diabelli). Dietrich Sevecke hat nicht nur viele Notenblätt­er, sondern auch klare Vorstellun­gen – in jedem Fall klassische Musik. Wichtig sei die Freude am Spiel, die dem wieder geübten Pianisten anzumerken ist, wenn er in die Tasten greift. „Man muss sich finden“, weiß er ebenso, wie sich eine Zusammensp­iellust auch entwickeln könne. Vor langer Zeit habe er eine Chiffre-Anzeige im Kleinanzei­ger aufgegeben, auf die sich zu seinem großen Bedauern kein musikalisc­her Künstler gemeldet habe. Jetzt startet der rüstige Rentner einen neuen Versuch und hofft auf mehr Resonanz.

Derzeit benutzt Dietrich Sevecke das Klavierspi­el auch nachts als Beschäftig­ung, wenn er nicht schlafen kann. „Manchmal bin ich so zufrieden, was ich kann und auch erstaunt darüber“, berichtet er nicht ohne Stolz.

 ?? BILD : SWANTJE SAGCOB ?? Dietrich Sevecke liebt Beethoven, ist ein Fan von klassische­r Musik im Allgemeine­n.
BILD : SWANTJE SAGCOB Dietrich Sevecke liebt Beethoven, ist ein Fan von klassische­r Musik im Allgemeine­n.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany