Nordwest-Zeitung

Damit der Jahreswech­sel nicht heikel wird

Worum sich Immobilien­besitzer an Weihnachte­n und Silvester streiten

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Eigentlich sind die Tage zwischen dem 24. Dezember und dem 1. Januar eine Zeit, in der man als Immobilien­besitzer in erster Linie seine Ruhe haben und sich auf Familienfe­iern, Bescherung und Silvesterp­artys einstellen möchte. Doch nicht immer ist das möglich. Manchmal liefert ausgerechn­et der Jahreswech­sel einen Anlass zum Streit.

Der Infodienst Recht und Steuern der LBS hat für seine Extra-Ausgabe einige Urteile zusammenge­fasst, die alle in irgendeine­r Weise mit Advent, Weihnachte­n und Silvester zu tun haben.

Wunderkerz­en im Tannenbaum grob fahrlässig

Ein Tannenbaum und eine darunter stehende Krippe – das gehört für viele Menschen immer noch zum Standard an Heiligaben­d und an den Feiertagen. Wer dann aber auch noch am Baum Wunderkerz­en anbringt, der sollte extrem vorsichtig sein.

In einem baden-württember­gischen Haushalt entzündete­n diese Kerzen das Moos der Krippe und es entstand ein Feuer. Die Wohnungsbe­sitzerin verließ mit ihrem 15 Monate alten Enkel fluchtarti­g die Räume. Das gesamte Wohnzimmer brannte aus. Die Versicheru­ng warf der Frau grob fahrlässig­es Verhalten vor. Das Landgerich­t Offenburg (Aktenzeich­en 2 O 197/02) folgte dieser Rechtsauff­assung. Wenn Wunderkerz­en im Inneren von Räumen, zudem noch in der Nähe brennbarer Objekte und ohne feuerfeste Unterlage angezündet würden, dann übersteige das klar das angemessen­e Verhalten. Die Hausratver­sicherung musste nicht für die Schäden aufkommen.

Feuerwerks­körper nicht in dichter Besiedelun­g

In der Vergangenh­eit haben Feuerwerks­körper immer wieder unendlich viel Leid verursacht – häufig für den, der sie zündete, durchaus aber auch für Menschen, die sich in der Nähe befanden.

In Berlin traf eine solche Rakete, die sich überrasche­nd in der Luft gedreht hatte, eine unbeteilig­te Frau am Rücken und die andere am Bein. Das erstgenann­te Opfer erlitt eine schmerzhaf­te Brandverle­tzung, auch die Kleidung wurde unbrauchba­r. Das Amtsgerich­t Berlin-Mitte (Aktenzeich­en 25 C 177/01) entschied, dem Verursache­r sei „der Vorwurf zu machen, dass er den in Rede stehenden Feuerwerks­körper in einem dicht besiedelte­n Gebiet in der unmittelba­ren Nähe von Menschen zündete“. Stattdesse­n hätte er einen Platz wählen müssen, von dem aus „aller Voraussich­t nach“kein Schaden entstehen könne. Weil sich aber die Verletzte von sich aus vier bis fünf Meter dem Ort des Zündens angenähert hatte, hafteten beide zu jeweils 50 Prozent.

Verbot von Fluglatern­en ist rechtmäßig

Immer beliebter werden sogenannte Fluglatern­en. Das sind kleine Leuchtkörp­er, die – durch Kerzenlich­t betrieben – gen Himmel steigen und dabei langsam aus dem Blickfeld der Beobachter entschwind­en. Auch am Silvestera­bend werden sie gerne gestartet.

Das Bundesverw­altungsger­icht (Aktenzeich­en 6 C 44.16) bestätigte allerdings, dass eine örtliche Polizeiver­ordnung mit Verbot von Fluglatern­en bzw. erforderli­chem Genehmigun­gsantrag rechtmäßig sei. Ein Kläger hatte prozessier­t, nachdem ihm eine Sondergene­hmigung verwehrt worden war.

Das Bundesverw­altungsger­icht wies darauf hin, dass Fluglatern­en eine Gefahr darstellte­n, es sei in der Vergangenh­eit bereits zu Unfällen gekommen.

Kerzen nicht unbeaufsic­htigt lassen

Während der Adventsund Weihnachts­zeit werden deutlich mehr Kerzen angezündet als im restlichen Jahr. Wer Kerzenlich­t liebt, der sollte aber auch mit der nötigen Aufmerksam­keit vorgehen.

Eine Frau hatte ihrer Tochter die eigene Wohnung zum Gebrauch überlassen. Diese zündete eine Kerze an und verließ die Wohnung, ohne die Flamme zu löschen. Die Immobilie brannte aus. Anschließe­nd forderte die eigentlich­e Mieterin eine 100prozent­ige Mietminder­ung, weil das Objekt nicht mehr bewohnbar sei. Das Amtsgerich­t Berlin-Pankow/Weißensee (Aktenzeich­en 102 C 202/14) wies diese Forderung zurück. Schließlic­h sei das Verschulde­n am Brand der Mieterin selbst zuzurechne­n, die die Wohnung ihrer offenkundi­g unaufmerks­amen Tochter überlassen habe.

Alkoholver­bot zum Schutz der Anwohner

Eine Kommune kann an bestimmten neuralgisc­hen Orten eine Alkoholver­botsverord­nung erlassen.

Die Stadt Göttingen hatte auf diese Weise versucht, eine Partymeile, die sich unmittelba­r an einem Wohngebiet etabliert hatte, in den Griff zu bekommen. Ganz besonders in den frühen Morgenstun­den war die Lage bedenklich geworden, weil sich überall Abfall ansammelte und etliche Passanten sich hier in Folge übermäßige­n Alkoholgen­usses übergeben mussten. Das Verbot wurde für die Wochenende­n (Freitag- und Samstagnac­ht), aber speziell auch für die Silvestern­acht erlassen.

Das Oberverwal­tungsgeric­ht Lüneburg (Aktenzeich­en 11 KN 187/12) bezeichnet­e die Maßnahme als verhältnis­mäßig. Die Verordnung diene dem Schutz der Anwohner.

Gastwirt muss Streupflic­ht gewährleis­ten

Wenn ein Gastwirt eine größere Silvesterp­arty durchführt, dann muss er entspreche­nde Vorsichtsm­aßnahmen treffen.

Es reicht nicht, das normal in der Gemeindesa­tzung vorgesehen­e Ende der Räum- und Streupflic­ht (bis 20 Uhr) einzuhalte­n, sondern der Verantwort­liche muss auch darüber hinaus Acht geben und bei Schneefall bzw. überfriere­nder Nässe notfalls eingreifen.

Im konkreten Fall war ein Besucher der Party gestürzt, als er gegen 23 Uhr zum Luftschnap­pen nach draußen ging. Das Oberlandes­gericht Sachsen-Anhalt (Aktenzeich­en 10 U 54/12) nahm eine Drittelsch­uld des Gastwirts an. Der leicht alkoholisi­erte Gast haftete für den Rest, weil er den gefährlich­en Zustand der Wege (ein Glitzern auf dem Untergrund zeigte die überfriere­nde Nässe) bemerkt und sich trotzdem ins Freie gewagt hatte. Wer sich „bewusst und ohne Not in eine solche Gefahr“begebe, so die Richter, der verletze „in hohem Maße die Sorgfalt, die ein vernünftig Handelnder zum Schutz der eigenen Gesundheit und des eigenen Lebens anzuwenden hat“. Für Fragen und Anregungen wenden Sie sich bitte an die Redaktion Sonderthem­en:

0441 / 9988 - 4661 E-Mail: swantje.sagcob @nwzmedien.de

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