Nordwest-Zeitung

Ein Präsident steht im Regen

Wie es mit Trump weitergeht – Kein Urteil gegen früheren Sicherheit­sberater

- VON MICHAEL DONHAUSER

In diesen Tagen wird klar: Trump steht vor vielen Problemen. Der politische Gegner spricht schon von Amtsentheb­ung – zunächst nur eine Drohgebärd­e.

WASHINGTON – Melania Trump hat das Weiße Haus vor Weihnachte­n festlich geschmückt. Sollte die Dekoration­skunst der First Lady es geschafft haben, eine friedliche Stimmungsl­age zu vermitteln, so täuscht diese: Vor Tannenzwei­gen und Christbaum­kugeln kämpft ihr Ehemann derzeit das, was viele in Washington als „die Schlacht seines Politikerl­ebens“nennen.

Richter und Staatsanwä­lte beschäftig­en sich mit Regierungs­handeln, enge Vertraute des Präsidente­n werden zu Gefängniss­trafen verurteilt. Donald Trump steht so nah mit dem Rücken zur Wand wie wohl nie in den fast zwei Jahren seiner Präsidents­chaft. Am Dienstag bekam sein früherer Nationaler Sicherheit­sberater noch drei Monate mehr Zeit, sein profundes Wissen über Trump, Russland und manch anderes mit den Ermittlern zu teilen.

Flynn hatte noch bis Montag fest mit einer Verurteilu­ng ohne Haft gerechnet. Nur warf Richter Emmet Sullivan plötzlich die Frage auf, ob nicht Verrat als Straftatbe­stand gegen den Ruhestands­General in Betracht komme. Jedenfalls könne Flynn nicht mehr, wie von Staatsanwa­ltCohen schaft und Verteidigu­ng eigentlich empfohlen, die Befreiung von der Haft garantiert werden.

Die Lesart des juristisch­en Winkelzugs kann folgende sein: Ein Mann, der dem innersten Sicherheit­szirkel Trumps angehört hatte, muss jetzt alles, wirklich alles, was er weiß, vor den Ermittlern auspacken – sonst droht ihm der Gang hinter Gitter. Trumps politische­r Gegner jubelt ob solcher Verwerfung­en. Rufe nach einer Amtsentheb­ung werden lauter, von Inhaftieru­ng des Präsidente­n nach Verlassen des Oval Office ist die Rede.

Sein Weißes Haus ist noch mehr in Unordnung geraten, als es das ohnehin schon von Beginn seiner Präsidents­chaft an war. Trump tut sich sogar schwer, einen Stabschef zu finden, als Ersatz für den ab Jahresende befreiten John Kelly. Dass Trump den Abschied Kellys bekanntgab, ohne einen Nachfolger sicher zu haben, und sein Favorit Nick Ayers ihn dann brüsk sitzen ließ: ein wichtiges Indiz dafür, wie sich die Zustände im Hause derzeit präsentier­en.

Den Boden bereiten im Hintergrun­d juristisch­e Auseinande­rsetzungen, gegen die Trump kein Gegenmitte­l zu haben scheint. Im Verfahren gegen seinen früheren Anwalt wurde ihm selbst implizit vorgeworfe­n, mögliche Straftaten begangen zu haben mit der Anordnung von Schweigege­ldzahlunge­n an eine mutmaßlich­e frühere Gespielin. Es gebe kaum eine Organisati­on, die jemals von Trump geleitet wurde, gegen die nicht ermittelt werde, schrieb die „Washington Post“jüngst. Am Dienstag stimmte Trump zu, seine Stiftung zu schließen. Und ebenso in den Russland-Ermittlung­en wird der Morast für Trump tiefer. Die Gefahr, in dem Sumpf steckenzub­leiben, ist groß. Spekuliert wird darüber, ob Cohen nach seinem Haftantrit­t am 6. März eingedenk der dann für ihn eintretend­en Realität möglicherw­eise noch mehr einfallen könnte, was er den Ermittlern mitzuteile­n hat.

Dass es zu einem Amtsentheb­ungsverfah­ren kommen kann, damit beschäftig­t sich nach Medienberi­chten der Präsident inzwischen auch selbst. Doch bei den Demokraten herrscht erst einmal große Zurückhalt­ung – nicht nur deswegen, weil die wohl notwendige Unterstütz­ung aus Trumps eigener republikan­ischer Partei nicht erkennbar ist. Bei den Demokraten besteht die Hoffnung, dass Muellers Team mit jedem Tag der Ermittlung­sarbeit noch mehr Belastbare­s hervorbrin­gt. Solange dies der Fall ist, wäre ein Schritt in ein formelles Verfahren geradezu töricht. Zu groß ist die Angst, dass die Wählerscha­ft sich mit Trump solidarisi­ert, weil man dessen Vergehen als entschuldb­ar ansieht.

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AP-BILD: KASTER Vom Regen in die Traufe? Auf US-Präsident Donald Trump prasseln Probleme von allen Seiten ein.

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