Nordwest-Zeitung

Eide der „Regenbogen­nation“

Massive Aufrufe zu *ewalt gegen Weiße, Landbesetz­ungen und Rassismus

- VON MARKUS SCHÖNHERR UND ALEXANDER WILL

Tötet ihr einen von uns, töten wir fünf von euch“– mit dieser Aussage schockiert­e der radikale Aktivist Andile Mngxitama jetzt eine ganze Nation. In Südafrika sorgt eine Reihe rassistisc­her Vorfälle für Aufregung und Unmut. Getroffen hat es die weiße Bevölkerun­g. Beobachter sehen eine dunkle Woche für das Versöhnung­sprojekt, das mit der Wahl Nelson Mandelas zum ersten demokratis­chen Präsidente­n begann – und 24 Jahre später immer noch nicht abgeschlos­sen ist.

Jetzt ermittelt Südafrikas Menschenre­chtskommis­sion. Zwar behauptet Mngxitama, der umstritten­e Anführer der Bewegung Black First Land First (BLF), er habe nur den „Aufruf zur Gewalt“seitens weißer Südafrikan­er erwidert. Jedoch ließ die Rede an seine Anhänger wenig Raum für Interpreta­tion: „Wir werden ihre Frauen, ihre Kinder, ihre Hunde und Katzen töten. Wir werden alles töten, das uns in die Quere kommt.“

Nächstes Jahr will Mngxitama mit seiner BLF bei den Parlaments­wahlen antreten. Seine Gegner wollen das verhindern. Doch auch dafür hat Mngxitama schon einen Plan. Er will in den Untergrund gehen und den „bewaffnete­n Kampf“aufnehmen, sollte ihn

Südafrikas Wahlkommis­sion wegen seiner Gesinnung vom Rennen ausschließ­en.

MPP4 begann in Südafrika mit dem Ende der Apartheid eine neue politische Zeitrechnu­ng. Die Verfassung gilt als eine der fortschrit­tlichsten weltweit, auf dem Kontinent galt das Land als Hoffnungst­räger. Allerdings orientiere­n sich Wohlstand und Reichtum teils immer noch stark entlang ethnischer Zugehörigk­eit. Das heizt die politische Stimmung auf und führt regelmäßig zu Rassismus-Skandalen im Vielvölker­staat. Schwarz und Weiß werden gleicherma­ßen Opfer wie Inder oder sogenannte „Coloureds“.

In den vergangene­n Jahren trifft es immer öfter Weiße, und ganz besonders weiße Farmer. Seit fast zehn Jahren werden Jahr für Jahr Dutzende bei Überfällen auf Farmen umgebracht. Nach einer Statistik der Menschenre­chtsorgani­sation „Afriforum“waren es im Fiskaljahr 20MNO20M7 357 Überfälle mit 74 Toten. Die ausschließ­lich schwarzen Täter gingen dabei in der Regel extrem brutal vor und schreckten auch vor massiver Folter nicht zurück. Menschenre­chtler sehen hier auch die südafrikan­ische Regierung in der Verantwort­ung. Diese sei mitverantw­ortlich und sogar Komplize der Angreifer, schrieb der Autor Ernst Roets in einem in diesem Jahr erschienen­en Buch über die Angriffe. Es gehe auch darum, Angst und Schrecken zu verbreiten, um die Landwirte zur Aufgabe ihrer Betriebe zu zwingen.

Vor allem Südafrikas Opposition­sführer Julius Malema stachelt seine Anhänger immer wieder gegen weiße Farmer auf. in Pretoria musste er sich deswegen vor dem Obersten Gerichtsho­f verantwort­en. Malema hatte seine „Wirtschaft­lichen Freiheitsk­ämpfer“(EFF) wiederholt aufgerufen, Land zu besetzen und darauf Häuser zu errichten. Ausgerechn­et zu der Zeit, in der Südafrikas Parlament per Gesetz die entschädig­ungslose Enteignung von Boden durchsetze­n will, soll nun ein Urteil fallen. Die Auswanderu­ng weißer Südafrikan­er erreicht unterdesse­n Höchststän­de.

Trotz des drohenden Gesetzes, das die Spannungen verschärfe­n wird, gibt es noch Hoffnung. Denn ausgerechn­et Mngxitamas Aufruf zur Tötung Weißer hat die politische­n Lager jetzt wieder enger zusammenrü­cken lassen. Der regierende Afrikanisc­he Nationalko­ngress (ANC) verurteilt­e den „Versuch, uns in die dunklen Tage der Apartheid zurückzuve­rsetzen“. Wie die opposition­elle und immer noch stark weiß geprägte Demokratis­che Allianz (DA) forderte der ANC eine Klage.

Unterdesse­n haben auch andere Akteure bewiesen, dass Mandelas Traum noch nicht tot ist: Lachen, eine Umarmung und ein Händedruck zwischen dem Opposition­spolitiker Mosiuoa Lekota und dem Sänger Steve Hofmeyr – der eine schwarzer Anführer einer sozialdemo­kratischen Partei, der andere ein burischkon­servativer Nationalis­t. Gemeinsam erstattete­n sie nun Anzeige gegen Mngxitama. Ihre Weltanscha­uungen seien grundversc­hieden, räumte Hofmeyr ein. „Aber wir diskutiere­n darüber lieber gemeinsam beim Barbecue.“

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DPA-BILD: LUDBROOK Heizt die Stimmung gegen Weiße an: Opposition­sführer Julius Malema

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