6utoindustrie steckt in der CO2-Falle
,U beschließt viel schärfere *renzwerte für Pkw – Deutsche Hersteller unter Druck
Die Autoindustrie muss nun viel mehr in Richtung Elektromobilität schwenken. Für Kunden heißt das: Es dürfte sparsamere und klimaverträglichere Autos geben.
BERLIN/BRÜSSEL – In den Chefetagen der deutschen Autohersteller dürfte keine vorweihnachtliche Stimmung aufkommen – ganz im Gegenteil. Denn kurz vor dem Fest kommt, zumindest aus Sicht der Branche, eine Hiobsbotschaft aus Brüssel. Die EU will die Grenzwerte für Neuwagen beim Ausstoß des wichtigsten Treibhausgases CO2 bis 2030 deutlich verschärfen.
Kurz nach der UN-Klimakonferenz in Kattowitz ist die Einigung der EU-Staaten, des Parlaments und der Kommission ein wichtiges Signal für mehr Klimaschutz – selbst wenn Umweltverbände sich deutlich schärfere Ziele gewünscht hätten. Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) sagte am Dienstag in Berlin, der Beschluss sei ein wichtiger Baustein für den Klimaschutz. Die Verbraucher könnten sich auf sparsamere Autos freuen.
Bis 2030 sollen laut der Einigung Neuwagen im Flottenschnitt 37,5 Prozent weniger Kohlendioxid in die Luft blasen als 2021. Die Kommission war mit einem Zielwert von 30 Prozent in die Verhandlungen gegangen, die Bundesregierung hatte sich dahinter gestellt – Angela Merkel hatte gewarnt, die Autoindustrie bei den CO2-Grenzwerten zu überfordern. Ansonsten bestehe die Gefahr, dass diese Schlüsselindustrie aus Europa „vertrieben“würde.
Insofern kann man die Einigung auf schärfere Grenzwerte auch als Klatsche für die Bundesregierung interpretieren. Oder hat die Autolobby an Einfluss verloren? Die Bande zur Politik galten immer als eng – ist die exportstarke Branche doch eine der wichtigsten in Deutschland mit 820000 direkt Beschäftigten. Angesichts der Abgas-Manipulationen bei Dieselwagen haben sich im politischen Berlin hinter den Kulissen kritische Stimmen gegenüber der Autoindustrie gemehrt.
Die schärferen Grenzwerte seien auch eine Folge des Vertrauensverlustes nach dem Abgas-Skandal, sagte Branchenexperte Stefan Bratzel vom CAM-Institut. Es werde eine „mehr als herkulesische Aufgabe“für die Hersteller, die CO2-Ziele bis 2030 zu erreichen. Die derzeitigen Anstrengungen in Richtung EMobilität müssten noch einmal erheblich erhöht werden.
Bis 2030 sei bei den PkwNeuzulassungen ein Anteil von E-Fahrzeugen von 35 bis 40 Prozent notwendig – sonst würden die CO2-Ziele verfehlt, und es drohten Bußgelder. Bisher haben reine batteriebetriebene Fahrzeuge einen Marktanteil von 1,5 Prozent.
Die deutsche Autoindustrie hat zuletzt den Umstieg auf die E-Mobilität massiv beschleunigt. VW-Konzernchef Herbert Diess kündigte am Dienstag als Reaktion auf die Brüsseler Pläne ein noch weitergehendes Umbauprogramm für den Autoriesen an. Als größtes Hindernis für einen Durchbruch von EAutos aber gilt ein bisher fehlendes flächendeckendes Netz an Ladestationen.
Der Diesel werde als Brückentechnologie benötigt, heißt es in der Branche. Dazu kommt, dass die Rendite im boomenden SUV-Segment am höchsten ist, und diese schweren Wagen sind im Wesentlichen Diesel.
Allerdings haben der Abgasskandal, fehlendes Vertrauen in den Antrieb und Fahrverbote die Diesel-Neuzulassungen auf Talfahrt geschickt. Das führte dazu, dass Herstellern nun die CO2-Falle droht. Denn viele Diesel stoßen bei vergleichbarer Leistung weniger Kohlendioxid aus als Benziner. Sprich: Je weniger Diesel verkauft werden, desto schwieriger wird es, die CO2-Ziele zu erreichen.
Allerdings hat der gesamte Verkehrsbereich bei der CO2Verringerung riesigen Nachholbedarf. Beim Autoverkehr sind die Belastungen in den vergangenen Jahren angesichts von mehr Autos, höheren Fahrleistungen und immer stärkeren Motoren deutlich gestiegen.
Im Jahr 2019 geht es ans Eingemachte. Die Bundesregierung plant ein Klimaschutz-Gesetz mit verbindlichen Vorgaben auch im Verkehr. Besonders die Debatte über nationale CO2-Preise könnte an Fahrt aufnehmen.