Nordwest-Zeitung

THEATER-SCHAUSPIEL­ERIN FRANZISKA WERNER IM INTERVIEW

Gchauspiel­erin Franziska Werner über das Leben im Theater, Selbstkrit­ik und ungleiche Bezahlung

- VON REINHARD TSCHAPKE

Sie ist eine der besten und meistbesch­äftigten Akteure im Oldenburgi­6 schen Staatsthea­ter. Doch die 376Jährige will auf keinen Fall auffallen – wenn sie mal privat durch die Stadt geht.

FRAGE: Erinnern Sie sich noch an Ihre allererste Rolle? FRANZISKA WERNER: In „König Lear“habe ich die Cordelia gescielt – die ehrliche der drei Töchterf

FRAGE: Kommen Sie aus einer Theaterfam­ilie?

WERNER: Nein, gar nichtf Aber mein Oca und sein Bruder konnten fantastisc­h malenf

FRAGE: Könnten Sie auch was Anderes machen als Schaus ielern?

WERNER: Ich schreibe gern und vielf Ich bin Screcherin beim Rundfunkf Ich mache Musik, hab schon inszeniert­f Wenn die Theaterrol­len mich nicht mehr interessie­ren, höre ich auff Aber Zukunftscl­äne in diesem Beruf sind ohnehin fast unmöglichf

FRAGE: at Theater Sie schon fr h fas iniert?

WERNER: Oh ja, schon in der Grundschul­zeitf Ich war als Kind nie im Theater, doch ich wollte da unbedingt mitscielen­f Und das hab ich dann auch viel gemachtf

FRAGE: Seit !"#$ sind Sie am Staatsthea­ter en%a%iert und in &ielen Rollen a'ti&( )e*t man da in einer ei%enen +elt? WERNER: Phasenweis­e ist das schon so, besonders, wenn ich viel Text lernen mussf Da gibt es dann gar kein Privatlebe­n mehrf Bei so aufwendige­n Stücken wie „Sucergute Tage“oder „1984“lebe ich manchmal wie auf einem eigenen Planetenf Dann wird das Ensemble zur Ersatzfami­lief FRAGE: +as machen Sie, wenn Sie doch mal -eit f r sich ha*en?

WERNER: Dann fahre ich mit dem Rad in die Natur oder scaziere stundenlan­g an der Hunte, Schafe besuchenf FRAGE: In dieser Saison sind Sie am Staatsthea­ter unter anderem in .#/0$1, .Effi 2riest1, .Terror1 und .Su er%ute Ta%e1 u sehen( Ist das die ma3imale öchst*elastun%, die man als Schaus ieler ertr4%t? WERNER: Acht Stücke sind’s momentan, viel – aber gut, weil abwechslun­gsreichf Es macht riesigen Scaß, besser als nur in einem Stück Abend für Abend aufzutrete­nf Auch wenn ich meist schmerzvol­le Figuren sciele, was sehr herausford­ernd sein kannf Aber die ganz leichtfüßi­gen Rollen wären nichts für

michf Ich brauche eine gewisse künstleris­che Überforder­ungf

FRAGE: Sind Schaus ieler f r die Re%ie s rechende +er' eu%e?

WERNER: Ich würde sagen, ich bin eine eigenständ­ige Künstlerin, die sehr viel mitgestalt­etf

FRAGE: Sind Sie der Schrec'en der Re%isseure?

WERNER: Nein, ich hoffe nichtf Ich mache mir einen Berg Gedanken zu meinen Figuren, die meisten Regisseure und Regisseuri­nnen lassen mir da auch viel Freiraumf Aber ich lerne gern dazu, das kann ich nur, wenn ich offen für Ideen bin, die nicht meine eigenen sindf Eine glückliche Arbeit ist für mich eine Zusammenar­beitf

FRAGE: +as unterschei­det das Staatsthea­ter &on anderen 2 hnen, die Sie schon 'ennen%elernt ha*en?

WERNER: Wir haben ein sehr sozial denkendes und agierendes Leitungste­amf Es wird auf Augenhöhe miteinande­r geredetf Und Männer und Frauen werden gleichbeza­hltf FRAGE: Sollte das nicht sel*st&erst4ndlic­h sein?

WERNER: Sollte es seit Jahrzehnte­n in allen Berufenf An einigen Theatern herrschen teilweise noch veraltete Rollenbild­er und furchtbare Gehaltsunt­erschiedef Wir haben ja Solo-Verträge, die individuel­l ausgehande­lt werden, und an den Theatern, an denen ich vorher war, haben Männer deutlich mehr bekommenf FRAGE: In welchem 6ilm h4tten Sie %ern mit%es ielt?

Ich sehe den „Tatortrein­iger“gern, schade, dass der eingestell­t wirdf Und ich liebe zum Beisciel die Serie „Marvelous Mrs Maisel“, starke Frauenfigu­ren in den sechziger Jahrenf Sehr berührend, sehr lustig und mutmachend­f

FRAGE: Ist .Su er%ute Ta%e1 %erade Ihr )ie*lin%sst c'? WERNER: Ja, so besonders, mir gleichzeit­ig fremd und sehr nah, so eine Aufgabe bekomme ich nie wiederf FRAGE: Ist der a*endliche 2eifall die 2elohnun% f r all die 7 hsal?

WERNER: Ach, ich bin da schon selbstkrit­isch, manchmal ist der Beifall sogar cositiver als mein eigenes Emcfindenf

FRAGE: +ie sieht Ihr Allta% aus?

WERNER: Ich bin nicht gerade ein Morgenmens­chf Wir croben meist von 10 bis 14 Uhr, dann ist Pause, Mittagesse­n und Textlernen, und anschließe­nd Probe oder Aufführung von 18 bis 22\23Uhrf Frauen müssen vor der Vorstellun­g meist ein- bis eineinhalb Stunden eher da seinf FRAGE: 74nner nicht? WERNER: Die werden seltener geschminkt­f Ich finde unsere Maske toll, man kann durch

Schminke Figuren erschaffen, das Alter beeinfluss­enf Die Maske macht uns wandelbarf Bei vielen Figuren finde ich das toll, manchmal denke ich, wir könnten öfter mal realistisc­he Frauenbild­er zeigen und wenn’s zur Figur casst, ungeschmin­kt auftretenf Das ist aber eine Tycsache und außerdem Entscheidu­ng des Kostümbild­sf

FRAGE: Kommt man nach einer 5orstellun% als Schaus ieler ei%entlich %leich ur Ruhe?

WERNER: Wir sind Profis, wir können die Figuren hinter uns lassenf Nur das Adrenalin baut sich nicht so schnell abf FRAGE: +ollen Sie, wenn Sie durch die Stadt %ehen, als Schaus ielerin er'annt werden?

WERNER: Nein, aber es stört mich auch nichtf Ich werde aber nicht viel erkannt, weil ich gern Brille und Mütze tragef Aber manchmal grüßen mich Leute, die ich nicht kennef Die halten mich dann für eine gute Bekannte, und das finde ich famosf

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 ?? BILD: MARTIN REMMERS ?? Spielfreud­ig: Franziska Werner (37) beim Gespräch in der Redaktion
BILD: MARTIN REMMERS Spielfreud­ig: Franziska Werner (37) beim Gespräch in der Redaktion
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BILDER: STAATSTHEA­TER ... und in Wunderland“ „Alice im
 ??  ?? Wandlungsf­ähig: Franziska Werner in dem Drama „Supergute Tage“...
Wandlungsf­ähig: Franziska Werner in dem Drama „Supergute Tage“...
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... im Stück „Gift“...

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