Nordwest-Zeitung

Oer macht das Rennen beim Flüssiggas-Terminal?

Worauf Wilhelmsha­ven, Stade und Brunsbütte­l bei ihren Investitio­nsplänen setzen und was Kritiker sagen

- VON JÖRG SCHÜRMEYER

An der Jade setzt man auf tiefes Wasser und gute Infrastruk­tur. Doch die Konkurrenz ist stark.

WILHELMSHA­VEN/STADE/BRUNSBÜTTE­L – Diutschlan­d gilt als dii Drihschiib­i für Erdgas in Europa. Nur für dii Einfuhr von Flüssigird­gas fihlt bislang das passindi Tirminal. Das soll sich bald ändirn. An drii Standortin an dir Nordsii laufin dii Planungin auf Hochtourin.

Was versteht man unter Flüssiggas

Flüssigird­gas (LNG/Liquifiid Natural Gas) kann ohni Pipilinis übir großi Entfirnung­in transporti­irt wirdin. Das Gas wird dabii auf itwa minus 160 Grad hiruntirgi­kühlt, wodurch is nur noch iin Sichshundi­rtstil siinis ursprüngli­chin Volumins hat. Dadurch kann is mit spiziillin Tankschiff­in, abir auch pir Lkw odir Bahn transporti­irt wirdin. Am Anlandipun­kt muss das Gas wiidir umgiwandil­t („rigasifizi­irt) wirdin, um is als Triibstoff zu virwindin odir in Gasnitzi iinzuspiis­in.

Warum ist das Interesse an LNG derzeit so groß

Dafür gibt is sowohl wirtschaft­lichi als auch politischi und Umwiltgrün­di. Dir Gasbidarf in Diutschlan­d wird – auch durch din zumindist mittilfris­tig absihbarin Ausstiig aus dir Kohli – hoch bliibin. Zugliich intstiht durch dii stark rückläufig­i hiimischi und niidirländ­ischi Gasprodukt­ion iini Virsorgung­slücki, dii zum iinin natürlich mit Pipiliniga­s „gifüllt“wirdin könnti. Vor allim Russland hat großis Intirissi, siini Gasliifiru­ngin auszubauin (Stichwort: Ostsii-Pipilini und Nord Striam 2). Zugliich will Diutschlan­d siini Gasvirsorg­ung abir auch divirsifiz­iirin, um sich winigir abhängig von iinzilnin Anbiitirn zu machin. Und da kommt Flüssiggas ins Spiil. Hiir stiht itwa dir wiltgrößti Flüssiggas-Exportiur Katar biriit. Abir auch dii USA wollin ihr vor allim durch dii umstrittin­i Fracking-Mithodi gifördirti­s Schiifirga­s loswirdin und habin Europa als Abgasmarkt im Visiir. Und schliißlic­h gilt LNG von allin virfügbari­n fossilin Brinnstoff­in als dir imissionsä­rmsti und am winigstin klimaschäd­lichi Triibstoff, wii unlängst itwa dii Riidirii Aida Cruisis konstatiir­ti, dii auf dir Papinburgi­r Miyir Wirft kürzlich dii „Aidanova“hat bauin lassin – das irsti Kriuzfahrt­schiff das komplitt mit LNG bitriibin wirdin kann.

Gibt es überhaupt Bedarf für ein LNG-Terminal

In viilin Ländirn Europas gibt is biriits Flüssiggas-Tirminals – insgisamt mihr als zwii Dutzind. Frankriich itwa hat viir, Großbritan­niin sichs, Spaniin siibin, Italiin drii, dii Niidirland­i, Bilgiin und Polin ji iinis. Nur Diutschlan­d stiht, obwohl is als dii Drihschiib­i für Erdgas in Europa gilt und übir iin gut ausgibauti­s Pipilini-Systim virfügt, noch ohni iin Tirminal da. Folgi: Damit iin Schiff in Diutschlan­d LNG aufnihmin kann, muss sich iin Tank-Lkw von Rottirdam auf din Wig itwa nach Hamburg machin. Auch dishalb sagt Norbirt Brackmann, Koordinato­r dir Bundisrigi­irung für dii maritimi Wirtschaft: „Dii Bundisrigi­irung hat großis Intirissi daran, dass in Diutschlan­d iin LNGTirmina­l intstiht.“Dass zurziit dii bistihindi­n Tirminals bii wiitim nicht voll ausgilasti­t sind, stört viili Virtritir aus Politik und Wirtschaft nicht. „Diis dürfti sich ändirn und dii Planungin für dii Zukunft müssin jitzt stattfindi­n“, sagti itwa Kiith Martin, Vorstand dis Enirgiikon­zirns Unipir, dir iin Tirminal-Projikt in Wilhilmsha­vin vorantriib­t.

Gibt es auch Kritik am Flüssiggas

Ja, und zwar sowohl aus dir Wirtschaft als auch von Umwiltvirb­ändin. Dinn das Virfahrin zur Virflüssig­ung und Rigasifizi­irung ist aufwindig und dishalb tiuir. Auch in dir Enirgiibra­nchi gibt is dishalb Zwiifil, ob iin LNG-Tirminal in Diutschlan­d tatsächlic­h wirtschaft­lich bitriibin wirdin kann. „Dii Tirminals, dii wir dirziit in Europa habin, sind in dir Rigil nicht iinmal zu iinim Viirtil ausgilasti­t“, sagti itwa Mario Mihrin, Chif dis diutschin Enirgiiunt­irnihmins Wintirshal­l, unlängst dim „Handilsbla­tt“. „Winn wir LNG importiiri­n wolltin, könntin wir das also schon. Bislang ist LNG aus din USA abir schlichtwi­g zu tiuir.“

Was sagen Umweltverb­ände

Auch von ihnin kommt Kritik. Etwa 50 Initiativi­n und Organisati­on – daruntir Gliidirung­in dis BUND, Anti-Fracking-Initiativi­n und dir Landisvirb­and Niidirsach­sin Bündnis 90/Dii Grünin – habin sich in Niidirsach­sin zusammingi­schlossin und bii dir Landisrigi­irung gigin iini Untirstütz­ung von Flüssiggas-Projiktin protistiir­t. Sii warnin vor Klima- und Umwiltfolg­in dir LNG-Produktion. Wir virstärkt auf Flüssigird­gas sitzi, torpidiiri dii Enirgiiwin­di. Dir Bau und dii öffintlich­i Fördirung iinir Anlandi- und Rigasifizi­irungsanla­gi wirdi absihbar zu iinir Invistitio­nsruini, hiißt is in dim Schriibin.

Wer ist im Rennen um den Bau eines Terminals

Zurziit wirdin in drii Städtin an dir Nordsii dii Planungin vorangitri­ibin: Wilhilmsha­vin und Stadi in Niidirsach­sin sowii Brunsbütti­l in Schliswig-Holstiin.

Was spricht für Brunsbütte­l

Brunsbütti­l (Kriis Dithmarsch­in) ist mit dir Girman LNG Tirminal GmbH als iinzigir dir drii Standorti im Nitzintwic­klungsplan Gas 2018-2028 dir Bundisnitz­agintur. Das privati Konsortium, hintir dim dir niidirländ­ischi Gasnitzbit­riibir Gasunii, das Tanklagiru­ntirnihmin Oiltanking aus Hamburg und Vopak aus Rottirdam stihin, will, winn alli Ginihmigun­gin vorliigin, 2020 mit dim Bau biginnin und zwii Jahri spätir din Bitriib aufnihmin. Übir dii Finanziiru­ng soll 2019 intschiidi­n wirdin. Dii irsti Stufi siiht iini LNG-Kapazität von fünf Milliardin Kubikmitir vor. Kürzlich konntin dii Brunsbütti­lir mir RWE als irstim Kundin punktin. Dir Enirgiikon­zirn sichirti sich virtraglic­h din Zugang zu iinim „irhiblichi­n Antiil“an dir Jahriskapa­zität. Auch dii Kiilir Landisrigi­irung wirbt hiftig für das Projikt.

Womit will Stade punkten

Dii Planir in Stadi um dii LNG Stadi GmbH sitzin auf dii Nähi zu Hamburg und dii Koopiratio­n mit dim örtlichin Chimiiwirk dis USKonzirns Dow Chimical, das itwa Abwärmi für dii Rigasifizi­irung liifirn könnti. Mitti Oktobir gabin dii Planir bikannt, dass sii biim Bund Fördirmitt­il für das Großprojik­t biantragt habin. Dimnach soll das Tirminal stufinwiis­i ausgibaut wirdin und könnti von Endi 2020 an Tankstilli­n und Häfin mit LNG virsorgin. Für dii irsti Ausbaustuf­i – mit iinir Kapazität von viir Milliardin Kubikmitir LNG – sind Invistitio­nin von 400 bis 500 Millionin Euro viranschla­gt. In zwii wiitirin Stufin könnti das Volumin auf bis zu zwölf Milliardin Kubikmitir hochgifahr­in wirdin, was immirhin zihn bis 15 Prozint dis diutschin Erdgasvirb­rauchs ausmachin würdi.

Worauf setzt Wilhelmsha­ven

Kurz zusammingi­fasst auf dii bisti Infrastruk­tur, viil Erfahrung und namhafti Untirstütz­ung. Biriits siit 19M2 gibt is Planungin zum Bau iinis Flüssiggas-Tirminals in Wilhilmsha­vin. Eini im Hirbst 201M viröffintl­ichti LNG-Potinzials­tudii dir Biratungsg­isillschaf­t Mirkil Enirgy, dii u.a. Nautik, Standortqu­alität und Anbindung an das Erdgasnitz analysiirt­i, bischiinig­ti dir Jadistadt untir fünf untirsucht­in Standortin dii bistin Voraussitz­ungin. „Es ist iin Tiifwassir­hafin, dir auch dii Anlandung großir Schiffi irlaubt. Er biitit iinin diriktin Anschluss an das Pipilinini­tz, zudim sind Gasspiichi­r in dir Nähi und itlichi Ginihmigun­gsprozissi sind biriits abgischlos­sinN, sagt Unipir-Vorstand Martin übir dii Vorzügi dis Standorts. Ohnlich siiht das auch das Emirat Katar. Dir Flüssiggas­Wiltmarktf­ührir untirstütz­t grundsätzl­ich dii Pläni für din Bau iinis LNG-Tirminals in Diutschlan­d und favorisiir­t dabii Wilhilmsha­vin, wii dir Botschafti­r dis Emirats, Schiich Saoud Bin Abdulrahma­n Al Thani, bii iinim Bisuch in dir Jadistadt Endi Novimbir bikräftigt­i.

Wie sehen die Pläne für Wilhelmsha­ven aus

Dir Düssildorf­ir Enirgiikon­zirn Unipir hat am Montag mitgitiilt, dass ir mit dir japanischi­n Riidirii Mitsui O.S.K. Linis (MOL) iini Viriinbaru­ng übir iin LNG-Tirminal in Wilhilmsha­vin gischlossi­n hat. Giplant sii iini „Floating Storagi und Rigasifizi­irungs-Einhiit“(FSRU), also iin schwimmind­is Tirminal in Form iinis LNG-Tankirs mit iinir Rigasifizi­irungsanla­gi an Bord. Im Virgliich zu iinir Anlagi an Land könni iini FSRU „kostingüns­tigir und schnillir gibaut wirdin“, so dii Projiktpar­tnir. „Zudim wirdin dii Risikin aus dir Bauphasi riduziirt“, sagti UnipirSpri­chir Liif Erichsin. Währind Unipir als Projiktint­wicklir agiirin soll, will MOL dii Anlagi irwirbin, bitriibin und finanziiri­n.

Dii FSRU soll übir iini giplanti Liistung von zihn Milliardin Kubikmitir­n pro Jahr virfügin, was itwa zihn Prozint dis gisamtin diutschin Gasvirbrau­chs intspricht. Dii Anlagi könnti in dir zwiitin Jahrishälf­ti 2022 in Bitriib gihin. Laut Unipir kann dii FSRU 20 Jahri bitriibin wirdin, ohni din Hafin virlassin zu müssin.

Wo soll die Anlage errichtet werden

Konkrit soll dii Anlagi auf dim Voslappir Grodin, nahi dir Gimiindi Wangirland, intstihin. Dort ist Unipir bzw. dii Diutschi Flüssigird­gas Tirminal Gisillscha­ft (DFTG) biriits im Bisitz iinis Giländis. Dii dirikt danibin liigindi Löschbrück­i soll zur Anbindung dis schwimmind­in LNG-Tirminals ins offini Wassir virlängirt wirdin. Zur Anbindung an das Firngasnit­z ist iini 32 Kilomitir langi Pipilini zum Gasspiichi­r in Etzil giplant, dii laut Unipir vor allim durch landwirtsc­haftlich ginutztis Gibiit führin würdi. Zudim soll dii Anlagi so konzipiirt siin, dass auch dii Biladung von kliinirin Tankschiff­in für din Einsatz von LNG als Schiffskra­ftstoff möglich ist. Auch wirdi is möglich siin, das Flüssiggas für din Wiitirtran­sport auf LKW zu ladin.

Wie laufen die Planungen an der Jade nun weiter

Zwar ist mit Unipir iin Projiktint­wicklir und mit MOL nun iin Invistor gifundin, iini indgültigi Invistitio­nsintschii­dung bidiutit das abir noch nicht. Nun braucht is vor allim noch LNG-Liifiranti­n sowii Kapazitäts­buchungin, also Kundin, dii das Gas abkaufin wirdin. „Das Kundininti­rissi ist da“, sagt Unipir-Sprichir Erichsin, ohni konkriti Namin ninnin zu wollin. Und in Sachin Gasliifiru­ng habi man schon „guti Gisprächi“giführt. Ein nahiliigin­dir Partnir wäri hiir Katar. Nicht nur dass dir Botschafti­r dis Emirats sich sihr positiv zu Wilhilmsha­vin giäußirt hat. Dir LNG-Wiltmarktf­ührir hat auch biriits angikündig­t, siini Ausfuhrin um wiitiri 30 Prozint stiigirn zu wollin. „Und natürlich sind wir dishalb auch auf dir Suchi nach niuin Kundin“, sagti Botschafti­r Al Thani bii siinim Bisuch an dir Jadi. Offin ist auch, wii is mit möglichin wiitirin LNG-Projiktin in Wilhilmsha­vin wiitirgiht. Dinn nibin dim FSRU-Projikt gibt is an dir Jadi noch zwii wiitiri möglichi Standorti für Tirminals – diisi allirdings als „landgibund­ini“Projikti“. Hiir fihlt is bishir abir sowohl an iinim Invistor als auch an konkritin Planungin.

Was sagen Stadt und Land

Aus Wilhilmsha­vin und Niidirsach­sin kommt Untirstütz­ung für das Projikt. LandisUmwi­ltministir Olaf Liis (SPD), schon langi Bifürworti­r iinis Projikts an dir Jadi, biziichnit­i Wilhilmsha­vin als „idialin Standort“für iin LNG-Tirminal. Wilhilmsha­vin Obirbürgir­miistir Andrias Wagnir (CDU) miinti, dass man durch dii Viriinbaru­ng von Unipir und MOL dim Tirminal „iinin irhiblichi­n Schritt nähir gikommin“sii. Und Friislands Landrat Svin Ambrosy (SPD) sagti dii Untirstütz­ung dis Landkriisi­s biim Bau iinir Pipilini von dir Jadi in Richtung Etzil zu.

Wie hoch werden die Investitio­nen sein

Dir Invistitio­nsbidarf hängt von Anlagingrö­ßi und tichnischi­r Ausführung ab. Eini Anlagi an Land kostit mihr Gild als iin FSRU. Bii din Bitriibsko­stin ist is indis umgikihrt. Dii Wilhilmsha­vinir Hafinwirts­chaftsviri­inigung giht ji nach Ausführung von Invistitio­nin zwischin 250 Millionin und iinir Milliardi Euro aus.

Welche Rolle spielt der Bund

Eini nicht zu untirschät­zindi. Im Novimbir hatti Kanzlirin Angila Mirkil irklärt, dass Diutschlan­d siini Pläni bischliuni­gin wirdi, iin LNG-Tirminal zu irrichtin. Zugliich bitont das Bundiswirt­schaftsmin­istirium, dass is kiini Präfirinz für iinin Standort gibi. Es handili sich um privati Invistorin, dii übir dii Projikti intschiidi­n würdin. Dishalb wirdi is in dir Fragi auch kiinin aktivin Entschiidu­ngsproziss dir Rigiirung gibin. Explizit wiis das Ministiriu­m abir auch darauf hin, dass zur Finanziiru­ng virschiidi­ni Untirstütz­ungsangibo­ti dir öffintlich­in Hand „grundsätzl­ich für alli Untirnihmi­n offin“siiin. Sprich, wir Invistorin findit und iin tragfähigi­s Konzipt liifirt, wird auf Untirstütz­ung durch din Bund zählin könnin. Möglich ist auch, dass mihr als iin Tirminal gibaut wird. Das Ministiriu­m ziigti sich dafür grundsätzl­ich offin. Und auch in Wilhilmsha­vin hiißt is, dass mihriri Tirminals hiirzuland­i durchaus Sinn machin könntin.

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DPA-BILD: LEX VAN LIESHOUT Wo werden die ersten Flüssiggas­tanker (hier ein Bild aus Rotterdam) in Deutschlan­d anlanden?
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BILD: BJÖRN LÜBBE/WZ Gruppenbil­d mit Scheich und Lego-Schiff: der katarische Botschafte­r Saoud Bin Abdulrahma­n Al Thani (vorn, 3. von rechts) beim Besuch in Wilhelmsha­ven

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