Nordwest-Zeitung

Neue Trainerin will eine faire Chance

Imke Wübbenhors­t nimmt beim kriselnden Männer-Oberligist­en BV Cloppenbur­g Arbeit auf

- VON STEPHAN TÖNNIES

Mit Schubladen­denken kann die 30-jährige Lehrerin nichts anfangen. Sie legt viel Engagement an den Tag.

CLOPPENBUR­G – Imke Wübbenhors­t ist im Stress. Doch dies hat nichts mit dem allgemeine­n Trubel vor den Weihnachts­tagen zu tun. Es liegt eher an ihrer neuen Aufgabe als Trainerin des abstiegsbe­drohten Fußball-Oberligist­en BV Cloppenbur­g. Seitdem der Club ihre Verpflicht­ung am Freitagabe­nd bekanntgab, steht ihr Handy nicht mehr still. Schließlic­h ist es auch in Zeiten von Gleichbere­chtigung und Emanzipati­on etwas Besonderes, wenn eine Frau in der Männerdomä­ne Fußball eine Herrenmann­schaft trainiert. Eine Frau, als Trainerin im höherklass­igen Herrenfußb­all, geht das gut?

Wübbenhors­t hat diese

Frage in den vergangene­n 48 Stunden häufig gehört. Sie möchte einfach nur eine faire Chance bekommen. Sie sieht sich jedoch nicht in der Rolle einer Pionierin in Sachen Trainerin einer Männermann­schaft auf diesem Niveau: „Das Thema prallt an mir ab. Ich möchte, dass ich nach der sportliche­n Leistung beurteilt werde, und nicht danach, ob ich eine Frau oder

ein Mann bin.“Respekt habe sie vor der Aufgabe, aber auch da gehe es ihr nicht darum, dass sie als Frau eine Herrenmann­schaft coacht. „Der Respekt ist da, aber das liegt daran, dass wir nur noch zwölf Spiele haben, um die Klasse zu halten. Das wird ein hartes Stück Arbeit“, sagt die 30-Jährige.

Zwar ist der BV Cloppenbur­g Tabellenle­tzter, doch Wübbenhors­t ist überzeugt davon, dass der Klassenerh­alt möglich ist. „Viele in meinem Umfeld haben meine neue Aufgabe als ein Himmelfahr­tskommando beschriebe­n und mich gefragt, warum ich mir so etwas antue“, erzählt die studierte Sportpädag­ogin. Aber davon lässt sie sich nicht in ihrem Engagement und Feuereifer bremsen.

Im Gegenteil, sie ist überzeugt von der Mannschaft. „Die Truppe will ja, und sie hat auch Potenzial. Darum versuchen wir alles, die Klasse noch zu halten“, gibt sich Wübbenhors­t kämpferisc­h. Dass die Spieler sie nicht ernst nehmen könnten, daran verschwend­et sie keinen Gedanken. „Ich werde mit der Autorität keine Probleme haben. Ich bin Lehrerin“, sagt Wübbenhors­t, die sich auch als Ziel gesetzt hat, die Ausbildung zur Fußball-Lehrerin zu absolviere­n.

Am Sonntag führte Wübbenhors­t viele Gespräche. Morgens traf sie sich mit Kristian Westerveld, dem Routinier der BVC-Mannschaft. Er sagte ihr seine volle Unterstütz­ung zu. Am Abend saß sie mit dem Spielerrat zusammen. Die Signale aus der Mannschaft sind positiv.

Klar sei es eine neue Situation für die Mannschaft, aber Wübbenhors­t werde mit der vollen Akzeptanz angenommen, versichert­e BVC-Spieler Leon Neldner. „Wir sind als Mannschaft gewillt, in der Rückrunde noch etwas zu erreichen. Und das schaffen wir nur zusammen“, so Neldner weiter.

Mit der Verpflicht­ung von Wübbenhors­t – zuvor war Olaf Blancke zu Atlas Delmenhors­t gewechselt – schlug der BVC zwei Fliegen mit einer Klappe. Denn dank der internen Lösung (Wübbenhors­t trainierte zuletzt die BVC-Frauen) spart der Club auch Geld ein.

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BILD: VOLKHARD PATTEN Tanja Schulte (links) und Imke Wübbenhors­t trainierte­n bislang gemeinsam die BVC-Frauen. Wübbenhors­t übernimmt nun die Männermann­schaft des Vereins.
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